Empirische Forschung

Pilotprojekt zum bedingungslosen Grundeinkommen widerlegt Mythos „soziale Hängematte“

30. April 2025

Susann Fiedler untersuchte die Auswirkungen von bedingubedingungslosen Zahlungen auf die Arbeitsmarktbeteiligung, mentale Gesundheit und das Konsumverhalten.

Wer regelmäßig 1200 Euro ohne Bedingungen erhält, zieht sich nicht aus dem Arbeitsmarkt zurück und ist deutlich zufriedener, belegt eine kürzlich veröffentlichte Studie zu einem dreijährigen Pilotprojekt Grundeinkommen. WU Professorin Susann Fiedler, Leiterin des Institutes Cognition & Behavior und ein internationales Forscher*innen-Team untersuchte die Auswirkungen von bedingungslosen Zahlungen auf die Arbeitsmarktbeteiligung, mentale Gesundheit und das Konsumverhalten. Die Studie ermöglicht damit erstmals eine versachlichte Debatte über das Grundeinkommen auf evidenzbasierter Grundlage.

Die Studienergebnisse basieren auf den Angaben von 107 Geldempfänger*innen sowie 1580 Personen einer Vergleichsgruppe. Diese Gruppe wurde regelmäßig zu der Geldverwendung, ihrem Arbeitsmarktverhalten und ihrem Wohlbefinden befragt.

Portrait Susann Fiedler

Prof. Dr. Susann Fiedler ist Verhaltenswissenschaftlerin und leitet das WU Institute for Cognition and Behavior.

Arbeitsmarktverhalten nicht verändert, mehr gespart

Die Ergebnisse des dreijährigen Experiments, das im Mai 2021 in Deutschland startete, zeigen, dass die Geldempfänger*innen ihr Arbeitsmarktverhalten kaum änderten. Sie zogen sich weder aus dem Arbeitsmarkt zurück und reduzierten auch ihre Arbeitsstunden nicht signifikant.  Über ein Drittel der erhaltenen Geldzahlungen wurde von den Teilnehmenden gespart, nämlich mehr als doppelt so viel wie die Vergleichsgruppe von 1.580 Personen. Darüber hinaus gaben die Geldempfänger*innen sieben Prozent der Zahlungen zur Unterstützung von Familie und Freundeskreis aus oder spendeten sie für wohltätige Zwecke.

Höhere Lebenszufriedenheit und bessere mentale Gesundheit

Das subjektive Wohlbefinden der Geldempfänger*innen verbesserte sich signifikant. Ihre allgemeine Lebenszufriedenheit stieg um 42 Prozent einer Standardabweichung. „Bemerkenswert ist außerdem, dass dieser Effekt über den gesamten Studienverlauf sehr stabil blieb und es nicht zu Gewöhnungseffekten kam“, sagt Studienautorin Susann Fiedler, WU Professorin für Business and Psychology. Auch die mentale Gesundheit verbesserte sich um 30 Prozent einer Standardabweichung. „Dieser Anstieg bei der Lebenszufriedenheit und der mentalen Gesundheit ist insbesondere in Zeiten, wo die Krankschreibungen wegen psychischer Krankheiten zunehmen, sehr erfreulich“, ergänzt Fiedler.

Polarisierte Debatte kann nun versachlicht werden

Da die Studie das gängige Stereotyp entkräftet, dass Menschen mit dem bedingungslosen Grundeinkommen in eine „soziale Hängematte“ abgleiten, trägt diese Feldstudie zur Versachlichung der sehr polarisiert geführten Diskussion bei. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Geldauszahlungen in Krisenzeiten werden können und wie sie die Resilienz einer Gesellschaft stärken.

 

Durchgeführt wurde das Projekt gemeinsam mit dem Verein Mein Grundeinkommen, der die Geldzahlungen aus Spendengeldern finanzierte. Die wissenschaftlich unabhängige Konzeption und Auswertung des Pilotprojektes erfolgte im Rahmen eines Kooperationsvertrages des Vereins mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Wirtschaftsuniversität Wien.

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