Forschung und Konferenzen

1939 in Südtirol: Wie Menschen zwischen Verbleib und Auswanderung wählten

10. September 2025

Martin Halla erhält FWF-Förderung für Migrationsforschung zu Südtirol

Die „Option“ zwang im Jahr 1939 rund 230.000 deutschsprachige Südtiroler*innen zu entscheiden: In Italien bleiben und sich kulturell assimilieren oder ins Deutsche Reich übersiedeln. Ein FWF-Forschungsprojekt von Martin Halla vom Department für Volkswirtschaft der WU untersucht die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Folgen dieser Entscheidung.

großes Denkmal aus Stein in einer grünen Wiese mit grünen Pflanzen

Südtiroler Aussiedler Denkmal, Jenbach

Hintergrund zur „Option“

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der südliche Teil Tirols, der davor zu Österreich-Ungarn gehörte, vom Königreich Italien annektiert. Mit der faschistischen Regierung Italiens und deren Politik der „Italianisierung“ verschlechterte sich die Lage der lokalen deutschsprachigen Bevölkerung. Mussolini und Hitler schlossen daher 1939 ein Abkommen, das als „die Option“ in die Geschichte einging. Es stellte 230.000 deutschsprachige Südtiroler*innen vor die Wahl: Sie konnten sich für einen Verbleib im Land unter italienischer Führung oder für eine Abwanderung ins Deutsche Reich entscheiden. Obwohl etwa 80 % der Deutschsprachigen angaben, auswandern zu wollen, migrierten tatsächlich nur rund 65.000 Personen.

Das Forschungsprojekt

Der WU-Professor Martin Halla startet gemeinsam mit Steven Stillman (Freie Universität Bozen) ein Forschungsprojekt zur „Option“. Das Projekt wird vom österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) gefördert und dauert drei Jahre. Es untersucht die Beweggründe der Haushalte, die damals für oder gegen die Auswanderung entschieden, und welche Rolle wirtschaftliche Überlegungen, kulturelle Bindungen, soziale Netzwerke und Propaganda spielten. Um diese Fragen zu beantworten, nutzt das Team um Martin Halla unter anderem Archivdaten, wie detaillierte Antragsakten und Taufregister, und digitalisiert diese, damit sie auch anderen Forscher*innen für künftige Vorhaben zur Verfügung stehen. 

Erwartete Ergebnisse

Das Forschungsprojekt soll umfassende Einblicke in die Entscheidungsprozesse der betroffenen Bevölkerung liefern. Die Forscher*innen erhoffen sich aber auch neue Erkenntnisse darüber, wie Migration und erzwungene Assimilation nicht nur individuelle Biografien, sondern auch Wirtschaft, Politik und gesellschaftlichen Zusammenhalt langfristig verändern. Darüber hinaus wird untersucht, inwiefern die historischen Erfahrungen der Südtiroler*innen auch heute noch von Bedeutung für die Diskussion über Migration und Integration sind.

Wir gratulieren Martin Halla und seinem Team herzlich zu dieser Förderung.

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