Bergbau in Brasilien: Schaden für die Umwelt, aber kein sicheres Einkommen für Kommunen
WU-Forscher Sebastian Luckeneder und Victor Maus untersuchen wirtschaftliche Effekte sowie ökologische Folgen des Bergbaus in Brasilien.
Bodenschätze wie Eisen und Kohle spielen eine wichtige Rolle für die Weltwirtschaft. Ein Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) zeigt: Die weltweite Ressourcennutzung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vervielfacht. Steigender Wohlstand und immer mehr Konsum – von Smartphones bis PKWs – befeuern den weltweiten Hunger nach Mineralen. Diese bilden zudem die Basis für Digitalisierung und den Ausbau erneuerbarer Energiesysteme. Abgebaut werden die Rohstoffe meist in Ländern des Globalen Südens. Dort ist der Bergbau neben Soja-, Palmöl- und Weidelandwirtschaft ein bedeutender Verursacher von Entwaldung. Doch bringt er der lokalen Wirtschaft tatsächlich ein sicheres Einkommen – oder nur schnelles Geld und langfristige Probleme?

Sebastian Luckeneder vor einer Eisenerzmine in Brasilien
Von einer Anhöhe erblickt man den Krater im Berg. Bagger befahren die gestuften Hänge. „Allein der bloße Anblick des abgetragenen Bergs und des verfärbten Wassers verdeutlicht: Der Bergbau ist ein massiver Eingriff in die Umwelt“, beschreibt Sebastian Luckeneder, Gastforscher am Institute for Ecological Economics der WU Wien, den Besuch einer Eisenerzmine in Brasilien. Die Itabira-Mine befindet sich im Bundesstaat Minas Gerais – was auf Deutsch so viel wie „allgemeine Minen“ bedeutet, denn er ist reich an begehrten Bodenschätzen.
Informeller Bergbau als Treiber der Entwaldung
Allein in der Itabira-Mine werden jährlich 40 Millionen Tonnen Metalle abgebaut. Das entspricht etwa 80 vollbeladenen Containerschiffen in der Größe der Ever Given, die 2021 im Suez Kanal feststeckte. Die gigantischen Dimensionen der Itabira-Mine verdeutlichen die Auswirkungen des Bergbaus auf das Landschaftsbild. Doch in Brasilien ist neben dem industriellen Bergbau mit schweren Maschinen auch der informelle Kleinbergbau – genannt „garimpo“ – weit verbreitet. Dabei handelt es sich um informellen, sporadisch regulierten Bergbau mit schwachen Umweltauflagen, der häufig außerhalb der gesetzlichen Grenzen stattfindet. In einer neuen Studie untersuchen WU-Forscher mit Kolleg*innen des IIASA und der Universität von São Paulo den Waldverlust durch Bergbau mithilfe von Satellitenbildern. Die Ergebnisse zeigen, dass vor allem der Garimpo-Bergbau zu Entwaldung führt. „Auf Satellitenbildern des Amazonas wird sichtbar, wie sich der Bergbau immer tiefer in den Regenwald hineinfrisst, auch in Gegenden, die davor unerreichbar waren“, so Luckeneder.
Ökonomische Effekte nur vorübergehend
Die Forschenden kombinieren Satellitenbilder mit Wirtschaftsdaten, um die ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Bergbaus in Brasilien auf kommunaler Ebene zu analysieren. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der wirtschaftliche Aufschwung in vielen Regionen nur von kurzer Dauer ist“, erklärt Luckeneder.
Vor 2010, als die globalen Rohstoffpreise hoch und die Nachfrage groß war, konnten Bergbaugemeinden und – aufgrund von Arbeitsmarkt- und wirtschaftlichen Multiplikatoreffekten – auch ihre Nachbarregionen ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum verzeichnen. Mit dem Preisverfall nach 2010 kehrte sich das Bild jedoch vielerorts um: Die gleichen Mechanismen, welche zuvor Wachstum ermöglicht hatten, führten nun zu wirtschaftlicher Stagnation und Krise – oftmals sogar über die Bergbauregionen hinaus. Die Forschenden ziehen daher ein klares Fazit: Weder industrieller noch informeller Bergbau stellen eine nachhaltige Entwicklungsstrategie dar.
Strengere Regulierung des informellen Bergbaus notwendig
Wenn es darum geht, die ökologischen Auswirkungen des Bergbaus zu minimieren, spielt die Politik eine zentrale Rolle. In der Studie fordern die Forschenden strengere gesetzliche Vorschriften für den informellen Bergbau, robuste ökologische und soziale Schutzmaßnahmen und das Einschränken bzw. Überwachen von Bergbau insbesondere in empfindlichen Ökosystemen wie dem Amazonasgebiet. Klar ist, der Bergbau wird auch in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen, denn auch für den Bau von Elektroautos, Windturbinen oder Solarpanelen werden Metalle und Minerale benötigt. „Aber die Frage ist: Wo werden sie abgebaut, und vor allem wofür? Für den Ausbau umweltfreundlicher Energiesysteme oder für noch mehr private PKWs?“, so Sebastian Luckeneder.

Satellitenbild eines Bergbaugebiets in Brasilien
© Google / Airbus, CNES, Maxar Technologies
Quellen
UNEP Global Resources Outlook 2024: Bericht zur weltweiten Rohstoffnutzung
Visualisierungstool mit räumlich expliziten Daten zur weltweiten Flächennutzung durch Bergbau