Eine Gruppe von Menschen sitzt im Kreis und redet miteinander

Elisabeth Brameshuber

Video Elisabeth Brameshuber

Elisabeth Brameshuber

Researcher of the Month

Streik als Entlassungsgrund?

Ein Streik von ArbeitnehmerInnen ist in Österreich ein sehr seltenes Phänomen – in kaum einem anderen europäischen Land wird so wenig gestreikt wie hier. Große Teile der österreichischen Arbeitsrechtslehre vertraten lange die Ansicht, Streik wäre ein zulässiger Entlassungsgrund. Elisabeth Brameshuber vom Institut für Österreichisches und Europäisches Arbeitsrecht und Sozialrecht an der WU machte durch ihre wissenschaftliche Arbeit deutlich, dass dem nicht so ist. Dennoch ist nicht jede Art von Streik zulässig. Ungeklärt ist bislang auch die rechtliche Lage von Arbeitenden in der so genannten „Gig-Economy“, in der Arbeitsaufträge zumeist über kurzfristige, befristete Verträge organisiert werden. Dies betrifft beispielsweise Unternehmen wie Foodora oder Uber.

Ein Streik von ArbeitnehmerInnen ist in Österreich ein sehr seltenes Phänomen – in kaum einem anderen europäischen Land wird so wenig gestreikt wie hier. Große Teile der österreichischen Arbeitsrechtslehre vertraten jedoch lange die Ansicht, Streik wäre ein zulässiger Entlassungsgrund. Elisabeth Brameshuber von Institut für Österreichisches und Europäisches Arbeitsrecht und Sozialrecht an der WU machte durch ihre wissenschaftliche Arbeit deutlich, dass dem nicht so ist. Dennoch ist nicht jede Art von Streik zulässig. Ungeklärt ist bislang auch die rechtliche Lage von Arbeitenden in der so genannten „Gig-Economy“, in der Arbeits-aufträge zumeist über kurzfristige, befristete Verträge organisiert werden. Dies betrifft beispielsweise Unternehmen wie Foodora oder Uber.

Streikrecht mit Einschränkungen

Zulässig ist es, um den Erhalt oder die Änderung bestimmter Arbeitsbedingungen, wie zum Beispiel um höheres Entgelt zu streiken. Während eines solchen Streiks ist der/die ArbeitnehmerIn nicht verpflichtet, zu arbeiten. Wird die Person dennoch entlassen, verstößt dies demnach gegen das Grundrecht auf Streik. Unzulässig ist ein Streik jedoch etwa dann, wenn gegen allgemeine gesellschaftspolitische Einstellungen der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers gekämpft wird oder wenn vor dem Streik nicht die entsprechenden Verhandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden, denn der Streik darf nur als ultima ratio, als „letztes Mittel“, eingesetzt werden.

Streik als Druckmittel

„Kollektivverträge regeln das Mindestentgelt für rund 98 Prozent aller Arbeitsverhältnisse in Österreich. Das Mindestentgelt wird zumeist jährlich neu verhandelt. Dabei kann der Streik bzw. die Drohung damit als Druckmittel dienen – wie beispielsweise auch bei der „Herbstlohnrunde“ der Metaller im Jahr 2013 ersichtlich wurde“, so die Rechtsexpertin. „Die Erkenntnis, dass rechtmäßig streikende ArbeitnehmerInnen keinen Entlassungsgrund setzen, gewährleistet, dass Kollektivvertragsverhandlungen über Mindestentgelte kein „kollektives Betteln“ sind, sondern ein Verhandeln auf Augenhöhe.“

Atypische Beschäftigungsverhältnisse in der Schwebe

Umstritten ist, ob auch DienstleisterInnen in der so genannten „Gig-Economy“, wie beispielsweise Foodora- oder Uber-MitarbeiterInnen, ein Grundrecht auf Kollektivvertragsverhandlungen und damit auch ein Grundrecht auf Streik haben. Dies hänge auch davon ab, ob sie auch als ArbeiternehmerInnen eingestuft werden, erklärt Brameshuber, die sich dem Thema in einem ihrer aktuellen Forschungsprojekte widmet. Zu beachten seien jedoch auch wettbewerbsrechtliche Aspekte: Kollektivverträge, mit denen unmittelbar sozialpolitische Ziele und damit insbesondere Regelungen über Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen verfolgt werden, sind vom unionsrechtlichen Kartellverbot ausgenommen. Dies bedeutet vor allem, dass durch Kollektivverträge unter bestimmten Voraussetzungen trotz „Kartellierung“ von Arbeitsbedingungen nicht gegen das Kartellverbot verstoßen wird. Letzteres soll jede spürbare Beeinträchtigung des Handels sowie eine Einschränkung und Verfälschung des grenzüberschreitenden Wettbewerbs verhindern. Erst vor kurzem hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg jedoch entschieden, dass diese Ausnahme von Kollektivverträgen vom Kartellverbot nicht gilt, wenn eine Vereinigung von Selbständigen mit den AbnehmerInnen der Leistungen dieser Selbständigen einen Kollektivvertrag abschließt.