Kavita Surana
Catching CO2 With Data.…
„Nur wenn wir verstehen, wie…
Um die Erderwärmung wie im Pariser Abkommen vereinbart auf 1,5 °C zu begrenzen, müssen die globalen CO₂-Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts auf netto null sinken. Doch rund drei Viertel der notwendigen Emissionsreduktionen hängen von Technologien ab, welche noch nicht vollständig entwickelt sind.
In zwei internationalen Studien analysiert Prof. Kavita Surana am Institute for Data, Energy, and Sustainability, WU Wien, wie datenbasierte Modelle und gezielte Investitionen in Klimatechnologien den Weg zur CO₂-Neutralität ebnen können.
Fortschritt bei Klimatechnologien passiert nicht zufällig
In der ersten Studie wurde ein Modell entwickelt, welches den Entwicklungspfad neuer Technologien vorhersagt. Das Forschungsteam kombinierte historische empirische Daten zur Verbreitung früherer Verfahren, wie etwa der Solarenergienutzung oder Erdgasinfrastruktur, mit Indikatoren zur frühen Übernahme von Innovationen am Markt.
In der zweiten Forschungsarbeit wurde die Finanzierungsdynamik im Climate-Tech-Sektor anhand von rund 2.900 US-amerikanischen Start-ups analysiert.
Die Ergebnisse:
Je nach Entwicklungspfad variiert das Potenzial der neuen Klimatechnologie Direct Air Carbon Capture and Storage (DACCS) zwischen 0,2 und 4,9 Gigatonnen CO₂-Entfernung pro Jahr bis 2050.
Start-ups mit Unterstützung durch öffentliche Gelder und Unternehmensbeteiligungen sind um bis zu 155 % erfolgreicher.
Ob beim Modellieren von Technologien oder bei der Finanzierung von Start-ups: Daten, Analysen und strategische Allianzen zwischen Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sind entscheidend, um Innovationen rechtzeitig zu skalieren.
„Nur wenn wir verstehen, wie Innovation entsteht und welche Rahmenbedingungen sie braucht, können wir den Weg zur Netto-Null tatsächlich schaffen“, betont Surana.
Von Physik zu Energiepolitik: „Ich wollte immer schon die Welt verändern.“
Prof. Kavita Surana ist Expertin für Technologiewandel sowie Wirtschafts-, Technologie-, Klima- und Energiepolitik. Ihr Weg begann ursprünglich in der Materialphysik, doch schon früh wurde ihr klar, dass technische Innovationen allein nicht genügen, um globale Energieprobleme zu lösen.
„Ich wollte Technologien entwickeln, die wirklich etwas verändern“, erzählt sie. „Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass auch die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen entscheidend sind. Ohne die richtige Politik kann selbst die beste Technologie nicht wirksam werden.“
Heute forscht und lehrt sie an der WU Wien zu Innovationssystemen, Investitionen und politischer Steuerung in der Energie- und Klimapolitik.
Persönlich und beruflich für den Klimaschutz
Auf die Frage, ob sie persönlich umweltschonend und klimabewusst lebt, muss Surana nicht lange überlegen. „Allgemein nutze ich die öffentlichen Verkehrsmittel“, sagt sie, „aber tatsächlich habe ich mich schon mit 17 Jahren für eine wissenschaftliche Karriere mit Fokus in Richtung Klimaschutz entschieden, weil ich schon immer etwas bewegen wollte. Mein Beruf ist mein Beitrag.“
Als Forscherin beschäftigt sie sich damit, wie Innovationen im Klimaschutz finanziert und gefördert werden können. Sie sieht klare Handlungsfelder für die Politik, etwa bei der Förderung von Risikotechnologien oder bei der Regulierung von Investor*innen.
„Unterschiedliche Investor*innentypen spielen verschiedene Rollen, und gerade Unternehmen werden immer wichtiger in der Klimatechnologie“, erklärt sie. „Deshalb braucht es kluge Anreize, damit private und öffentliche Mittel gemeinsam wirken können.“
Programme wie das US-amerikanische Advanced Research Projects Agency ‑ Energy (ARPA-E) oder die New York State Energy Research & Development Authority (NYSERDA) seien gute Beispiele, um Technologien zu sichern und Start-ups durch öffentliche Förderung zu stärken. „Solche Initiativen schaffen Räume für Innovation – und für neue Partnerschaften zwischen Forschung, Wirtschaft und Staat.“
Gleichzeitig warnt sie vor den Schattenseiten solcher Kooperationen: „Wenn große Konzerne das Wissen kleiner Start-ups ausnutzen, kann das deren Existenz gefährden. Hier muss die Politik schützen und lenken.“
Zwischen Forschung, Politik und Gesellschaft
Surana sieht ihre Aufgabe nicht nur in der akademischen Forschung, sondern auch in der Vermittlung und dem Austausch mit Entscheidungsträger*innen. „Ich versuche, meine Erkenntnisse in politische Prozesse einzubringen“, sagt sie. „Ob das immer einen direkten Effekt hat, weiß ich nicht – aber ich glaube, dass es hilft, wenn Wissenschaft, Politik und Gesellschaft stärker miteinander sprechen.“
Der Leugnung des Klimawandels begegnet sie mit Pragmatismus: „Ich konzentriere mich darauf, Lösungen zu entwickeln, die mehrere Ziele gleichzeitig erreichen. Ziele wie Sicherheit, Jobs, Ressourcen und Klimaschutz. Wenn wir auf diese Weise Fortschritte machen, kommen wir auch ohne endlose Debatten voran.“
Lieblingsort mit Weitblick
„Wenn ich Besuch von außerhalb bekomme, führe ich die Gäste immer in die WU-Bibliothek. Das ist einfach einer der schönsten Orte hier.“ Aber nicht nur die Bibliothek und der gesamte WU-Campus haben es ihr angetan. „Ich liebe den Kontrast in dieser Stadt. Das historische Wien mit all seinen Bauten, und dann dieser offene, moderne Campus mitten im Grünen. Das ist ein Ort, an dem es sich gut an einer besseren Zukunft arbeiten lässt.“
Kavita Surana, Vorständin des Institute for Data, Energy, and Sustainability der WU Wien und assoziierte Wissenschaftlerin am Complexity Science Hub
Links zu den Studien:
Kennedy, K.M., Edwards, M.R., Doblinger, C., Thomas, Z.H., Borrero, M.A., Williams, E.D., Hultman, N.E. and Surana, K., 2024. The effects of corporate investment and public grants on climate and energy startup outcomes. Nature Energy, 9(7), pp.883-893.
Edwards, M.R., Thomas, Z.H., Nemet, G.F., Rathod, S., Greene, J., Surana, K., Kennedy, K. M., Fuhrman, J., and McJeon, H.C., 2024. Modeling direct air carbon capture and storage in a 1.5 °C climate future using historical analogs. Proceedings of the National Academy of Sciences, 121(20), p.e2215679121.
Referenzen (Auszug):
Report: The State of Energy Innovation, IEA - International Energy Agency. Published: April 2025.
Report: The State of Carbon Dioxide Removal, 2nd edition. Published: May 2024
WU matters. WU talks.
Noch nicht genug? Hier geht´s zum ganzen Video von Prof. Suranas Vortrag “Clean Energy. Local approaches and globally aligned action” vom 29.10.2025 im Rahmen des Veranstaltungsformats WU matters. WU talks.
Hier geht´s zur Zusammenfassung: WU Blog.