Eine Gruppe von Menschen sitzt im Kreis und redet miteinander

Stéphanie Mittelbach-Hörmanseder

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Stéphanie Mittelbach-Hörmanseder

Researcher of the Month

CSR-Berichte: Wie viel sagen sie wirklich aus?

Alleine 100 große Unternehmen veröffentlichen jährlich rund 25.000 Seiten Geschäfts- oder Jahresberichte. Neben zahlreichen quantitativen Informationen legen Unternehmen darin auch ihr Engagement im Bereich Corporate Social Responsibility offen. Die WU-Wissenschafterin Stéphanie Mittelbach-Hörmanseder zeigt in ihrer Forschung, warum sich die Unternehmensberichte gerade im Bereich CSR stark unterscheiden. Außerdem zeigen ihre Untersuchungen, dass die Inhalte der Berichte auch Auswirkungen auf den Unternehmenswert mit sich ziehen.

Die Corporate Social Responsibility Richtlinie der EU wurde in Österreich durch das Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG) umgesetzt. Dieses verpflichtet große kapitalmarktnotierte Unternehmen seit 2017, gemeinsam mit dem Lagebericht auch nichtfinanzielle Informationen, beispielsweise zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbelangen, Korruptionsbekämpfung und Achtung der Menschenrechte, offenzulegen. Stéphanie Mittelbach-Hörmanseder, von der Abteilung für Unternehmensrechnung und Revision an der WU, untersuchte gemeinsam mit Katrin Hummel von der Universität Zürich und sowie Charles Cho und Dirk Matten von der Schulich School of Management, welche Unterschiede sich im internationalen Berichtsvergleich zeigen und warum. Ausgangsbasis dafür war die Annahme, dass die institutionellen Hintergründe in den jeweiligen Ländern sowohl Inhalte, als auch die Tonalität der CSR-Berichte beeinflussen.

Liberale versus koordinierte Marktwirtschaft

Die Studienergebnisse bestätigen die Theorie und belegen deutlich, dass Unternehmen in liberalen Ländern wie beispielsweise den USA, mit weniger gesetzlichen Auflagen und institutionellen Rahmenbedingungen, anders berichten als jene in Ländern mit koordinierter Marktwirtschaft wie beispielsweise Österreich, in denen strengere gesetzliche Rahmenbedingungen vorherrschen. „Wir finden insbesondere Unterschiede in Bezug auf den Ton, der in den CSR-Berichten angeschlagen wird, und zeigen, dass Unternehmen in liberalen Ländern grundsätzlich eine positivere Sprache an den Tag legen. Ein Grund hierfür ist sicherlich, dass Unternehmen dort einem stärkeren gesellschaftlichen Druck unterliegen über CSR-Themen zu berichten, die ja teilweise gar nicht gesetzlich verankert sind“, erklärt Mittelbach-Hörmanseder.

Ausbildung, gesellschaftliches Engagement und Elternkarenz im Fokus

Unternehmen in liberalen Märkten berichten vor allem deutlich stärker über die Themen Ausbildung, Philanthropie und Elternkarenz. Während Ausbildung in typisch koordinierten Ländern als öffentliches Gut gesehen wird, haben in liberalen Marktwirtschaften private Ausbildungsstätten und entsprechende Spenden an Bildungsinstitutionen eine größere Bedeutung. Dementsprechend involvieren sich Unternehmen in liberalen Länder stärker in der Gesellschaft über bspw. Spenden und berichten auch expliziter über ihr Engagement als Unternehmen in Europa. Die Marktwirtschaften unterscheiden sich auch in der Regelung von Elternkarenzen und Mutterschutz. „In Europa gibt es deutlich längere Elternkarenzen sowie eine entsprechende Fortführung des Entgelts im Gegensatz zu den USA, wo es keinen flächendeckenden Schutz gibt. Daher integrieren viele Unternehmen ihren besonderen Einsatz in ihrer Unternehmensberichterstattung und positionieren sich so als Arbeitgeber. Dies sieht man auch deutlich bei Konzernen wie Amazon, Apple, Google oder Facebook“, erklärt Mittelbach-Hörmanseder, „Des Weiteren ermöglicht die Berichterstattung natürlich auch, sich von anderen Firmen abheben zu können.“

Berichterstattung beeinflusst Unternehmenswert

Erste Ergebnisse für Europa weisen darauf hin, dass die CSR-Berichterstattung sich in Bezug auf die von der EU verlangten Themen auch auf den Unternehmenswert auswirkt. Tendenziell wird deutlich, dass manche Informationen in den Nachhaltigkeitsberichten sogar negative Zusammenhänge mit dem Unternehmenswert aufweisen können - finale Ergebnisse der aktuellen Studie werden aber erst im Laufe des Jahres 2018 vorliegen.

Zur Studie

Im Rahmen der Studie wurden die englischen CSR-Berichte der größten börsennotierten Unternehmen in neun Ländern der Jahre 2008 bis 2015 mittels spezifischer Textanalyse untersucht. Insgesamt umfasste das Sample 1,153 Beobachtungen.

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