Universität

WU stellt sich ihrer historischen Verantwortung

02. Juni 2023

Die WU ist sich ihrer Geschichte bewusst und stellt sich ihrer historischen Verantwortung.

Neben der Rückgabe von Bibliotheksbüchern, die als Raubgut identifiziert wurden, steht die Erforschung von vertriebenen Mitarbeiter*innen und Studierenden der WU im Mittelpunkt ihrer Aktivitäten zur NS-Geschichte. Zwei WU Alumni zeichnen sich durch besonderes Engagement gegen das Vergessen des Holocausts aus.

Im Mai 2010 begann die Universitätsbibliothek der WU mit der systematischen Erforschung der Herkunftsgeschichte sämtlicher Publikationen, die sie seit 1933 erworben hatte und die bis 1945 erschienen sind.  Durch Provenienzforschung sollen jene Druckwerke identifiziert werden, die unter dem Austrofaschismus oder während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ihren damaligen Besitzer*innen auf unrechtmäßige Weise entzogen wurden. Im Laufe des Projekts wurden ca. 70.000 Bände aus den Beständen der Bibliothek überprüft, 731 Titel wurden als „sicheres Raubgut“ identifiziert. Gestützt auf die Recherchen der Provenienzforschung, konnte die WU bisher sieben Restitutionen an Personen, Organisationen oder deren Rechtsnachfolger*innen durchführen, die zwischen 1933 und 1945 aus weltanschaulichen und politischen Gründen um ihr Eigentum gebracht wurden.

Nachdem die Vertreibung von Mitarbeiter*innen durch das NS-Regime nach dem Zweiten Weltkrieg bereits in Publikationen der Hochschule für Welthandel (so der Name der WU bis 1975) sowie in wissenschaftlichen Veröffentlichungen thematisiert worden war, starteten an der WU im November 2012 intensive Recherchen zu Studierenden. Deren Namen und Schicksale sind Teil eines Gedenkbuchs und eines Mahnmals, das am 8. Mai 2014 auf dem Campus der WU eingeweiht wurde.

WU Alumni gegen das Vergessen des Holocausts

Heute stehen zwei WU Alumni mit ihrem Lebensmotto „Niemals vergessen“ stellvertretend für viele andere WU Studierende.

Hannah Lessing ist die Tochter des Fotografen Erich Lessing. In der TV-Serie „Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss“ spielte sie 1978 eindrucksvoll die Rolle der Jüdin Sofia Alatri, die in einer Gaskammer eines Konzentrationslagers ermordet wurde. Lessing maturierte am Lycée Français de Vienne in Wien und studierte Handelswissenschaften an der WU, die sie 1988 mit dem Magister rer. soc. oec. abschloss.
Lessing war an den Verhandlungen zum Entschädigungsabkommen von Washington im Jänner 2001 beteiligt. Sie leitet seit 2001 den Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus und seit 2010 den Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich. Seit 2011 ist sie Repräsentantin für Österreich im Internationalen Komitee der Auschwitz-Stiftung und Vorstandsmitglied im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW). Lessing zeichnet eine umfangreiche Vortragstätigkeit im Rahmen des Nationalfonds und des Entschädigungsfonds sowie im Bereich des internationalen Holocaust-Gedenkens aus.

Oskar Deutsch wuchs in Wien auf, wo er die American International School besuchte. Nach einem Studium an der WU trat er in das Familienunternehmen Alvorada, eine Kaffeehandelsgesellschaft, ein. Nach verschiedenen Funktionen im Betrieb fungierte er zuletzt als dessen Geschäftsführer. 2015 trennte sich die Familie von dem Unternehmen und konzentriert sich seither auf Immobilienbeteiligung und -verwaltung. Deutsch engagiert sich ab 1993 im Kultusrat der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG). Nach dem Rücktritt von Ariel Muzicant wurde er im Februar 2012 zum Präsidenten der jüdischen Gemeinde Wiens bestellt und Ende 2017 im Amt bestätigt. Neben der Sanierung des Stadttempels in der Seitenstettengasse im 1. Wiener Bezirk setzte er sich auch für eine Modernisierung der Verwaltung und der Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde ein. Mit dem 2021 in Kraft getretenen Österreichisch-Jüdischen Kulturerbegesetzes, an dem Deutsch maßgeblich beteiligt war, wurde eine langfristige Absicherung jüdischen Lebens durch eine fixe finanzielle Zuwendung der Republik Österreich ins Leben gerufen. Deutsch meldet sich in gesellschaftspolitischen Fragen immer wieder zu Wort, etwa bei antisemitischen Äußerungen oder Handlungen. 2017 gab er den Sammelband „Die Zukunft Europas und das Judentum“ heraus.

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