Forschung

Toxisches Selbstbewusstsein verhindert Lernen durch Feedback

27. Juli 2020

Übertriebenes Selbstbewusstsein von CEOs kann rationalen Entscheidungen im Weg stehen.

Unternehmen nutzen zur eigenen Performancemessung und -evaluation unter anderem den internen und externen Vergleich – mit den Geschäftszahlen der Vorjahre sowie jenen der Mitbewerber/innen. Die Persönlichkeit von CEOs spielt bei diesen Evaluationsprozessen eine wesentliche Rolle. Eine aktuell veröffentlichte Studie von WU-​Wissenschaftler Christian Schumacher (Institute for International Business der WU) beschäftigt sich mit diesem Thema: „Es stellt sich die Frage, wie CEOs mit diesem Vergleich, also dem positiven oder negativen Feedback auf ihre aktuelle Finanzlage, umgehen. Genau an diesem Punkt setzt unsere Studie an: Wir wollten wissen, wie sich das Selbstbewusstsein bzw. übertriebenes Selbstbewusstsein der CEOs auf deren Interpretation der Ergebnisse auswirkt. In der wissenschaftlichen Literatur gilt dieses Persönlichkeitsmerkmal als ein entscheidender Faktor bei Führungspersönlichkeiten.“

Späte Reaktion auf finanzielle Schwierigkeiten

In ihrer quantitativen Studie untersuchten die Studienautor/innen alle Unternehmen im S&P1500 Index, welcher die 1.500 größten amerikanischen börsennotierten Unternehmen beinhaltet, in der Zeitperiode von 1992-2014. Dabei zeigte sich, dass übermäßig selbstbewusste CEOs ihre finanzielle Situation optimistischer einschätzen als ihre Kolleg/innen und dadurch viel schwächer auf externes sowie internes Feedback reagieren. „Das heißt: Obwohl die finanzielle Situation im Unternehmen möglicherweise sehr schlecht ist und eine Änderung in der Firmenstrategie verlangen würden, interpretieren diese CEOs die prekäre Situation viel positiver und reagieren erst viel später mit einer Änderung - was selbstverständlich verheerende Folgen für das Unternehmen haben kann“, so Schumacher.

Weibliche CEOs mit weniger verzerrter Wahrnehmung

In einer zusätzlichen Analyse stellte sich zudem heraus, dass weibliche CEOs generell eine weniger verzerrte Wahrnehmung der finanziellen Situation haben und damit stärker auf Feedback reagieren. „Frauen sind seltener übertrieben selbstbewusst was ihre eigenen Fähigkeiten betrifft, das spiegelt sich auch in unserer Studie wider“, so Schumacher, „Diese akkuratere Einschätzung der eigenen Fähigkeiten führt dazu, dass Frauen viel stärker auf Feedback von anderen Unternehmen und eigenes ‚historisches Feedback‘ reagieren.“

Die Studie wurde im Strategic Management Journal veröffentlicht.

Schumacher, C, Keck, S, Tang, W. Biased interpretation of performance feedback: The role of CEO overconfidence. Strategic Management Journal 2020; 41: 1139– 1165. https://doi.org/10.1002/smj.3138
(Open Access)

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