Marketing

Immer der Nase nach: Der Einfluss von Gerüchen auf das Kaufverhalten

23. November 2023

Beeinflusst der Geruchssinn unsere Kaufentscheidungen? Ja – zumindest bei Personen mit hohem „need for smell“. Eine Studie der WU (Wirtschaftsuniversität Wien) hat jetzt genauer beleuchtet, welche Rolle die Nase beim Shoppen spielt.

Wenn Sie ein neues Buch in Händen halten, vergraben Sie erst einmal die Nase darin, um an den druckfrischen Seiten zu riechen? Wenn Sie Kleidung einkaufen gehen, riechen Sie dann an den Kleidungsstücken, bevor Sie sie anprobieren? Wenn Sie diese beiden Fragen mit Ja beantworten, gehören Sie zu einer Gruppe, die bislang von der Konsument*innenforschung wenig beachtet wurde: den Menschen, die beim Einkaufen auf ihre Nase vertrauen.

„Unser Geruchssinn ist evolutionär gesehen sehr ursprünglich“, erklärt Monika Koller vom WU Institute for Marketing & Consumer Research, „einerseits ist er dazu da, Gefahr zu erkennen, etwa durch verdorbenes Essen. Andererseits hat er eine wichtige emotionale Funktion: Gute Gerüche machen Spaß, wecken Erinnerungen und tragen zum Wohlbefinden bei.“     

Umso verwunderlicher, dass das aktive Riechen in der Forschung bisher so wenig Beachtung fand. Um das zu ändern, haben Monika Koller und ihr internationales Forschungsteam die ENFAS-Skala entwickelt: Die Abkürzung steht für „Evaluation of the Need for Active Smell“ – und wer hier hoch abschneidet, setzt beim Shoppen auf den richtigen Riecher.

Geruch = Gefahr + Genuss

Mit Beobachtungen, Interviews und Befragungen in Österreich, Deutschland, UK und den USA hat das Team genauer untersucht, in welchen Shopping-Szenarien der Geruchssinn entscheidend ist – und warum: „Wenn wir etwa an neuen Büchern riechen, geht es nicht darum, die Qualität des Drucks zu beurteilen, sondern um ein hedonisches Erlebnis. Viele Menschen mögen einfach den Geruch von neuen Büchern“, erklärt die WU-Forscherin. „Im Gegensatz dient das Riechen an Kleidungsstücken dazu, das Material zu beurteilen und zu entscheiden, ob wir es auf unserer Haut tragen wollen.“  

Um herauszufinden, welche Rolle diese beiden Funktionen des Geruchssinns beim Shoppen spielen, haben die Forscher*innen einen Fragebogen entwickelt. Darin sind Aussagen enthalten wie „Wenn ich an einem Produkt rieche, hilft mir das, seine Qualität zu beurteilen“ oder „Der Geruch von Produkten beeinflusst meine Stimmung“. Wer diesen elf Fragen großteils zustimmt, gehört in die Gruppe mit hohem „need for smell“, die ungefähr ein Drittel der Bevölkerung ausmacht. Interessant ist, dass Frauen häufiger zu dieser Gruppe zählen als Männer – vor allem wenn es um die Genusskomponente beim Riechen geht.

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Menschen, denen das Riechen an Produkten wichtig ist, legen beim Shoppen meistens ebenfalls viel Wert auf ihren Tastsinn. Für Monika Koller ergibt das viel Sinn: „Die meisten Menschen nehmen etwa Obst und Gemüse erst in die Hand und führen es dann Richtung Nase.“ Insofern sei es kein Wunder, dass Tast- und Geruchssinn hier zusammenhängen.  

Ein Vorteil für den stationären Handel?

Die Ergebnisse zeigen, dass manche Unternehmen im stationären Handel gut damit beraten wären, den Geruchssinn anzusprechen. Denn Menschen mit hohem „need for smell“ kaufen weniger gern Kleidung oder andere Produkte übers Internet. Und sie bevorzugen es etwa auch, Lebensmittel unverpackt zu kaufen.

„Beim Shopping-Erlebnis den Geruchssinn zu fokussieren, würde gerade für den stationären Einzelhandel neue Möglichkeiten eröffnen“, sagt Monika Koller, „in einem hart umkämpften Markt mit knappen Gewinnspannen könnte das ein entscheidender Vorteil sein.“

Detaillierte Ergebnisse der Studie und weitere Informationen
Koller, M., Salzberger, T., Floh, A., Zauner, A., Sääksjärvi, M., & Schifferstein, H. N. J. (2023). Measuring individual differences in active smelling to evaluate products – The ENFAS-Instrument. Food Quality and Preference, 110.
Link zur Studie

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