Seitlicher Blick auf das D2 Gebäude.

Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal

Die größte Barriere ist in den Köpfen

Die WU hat unter der neuen Rektorin als Teil ihrer Ausrichtung auf Diversität ihre Aufmerksamkeit verstärkt auf behinderte Menschen gerichtet und sich deren Inklusion zur Aufgabe gemacht. Die Grundlage bildet das „Leitbild für die Inklusion von Arbeitnehmer/inne/n mit Behinderung"

Auch um dieses vorzustellen, lud der Vizerektor für Personal, Michael Lang, am 1. Februar 2017 zu einer Informationsveranstaltung unter dem Motto „WU all inclusive“ ein, die trotz Ferien und Grippewelle reges Interesse fand. Bei der von Sonja Lydtin (Stabstelle Gender & Diversity Policy) moderierten Podiumsdiskussion gaben Betroffene Einblicke in den Alltag mit Behinderung. Sie zeigten eindrucksvoll, wo die wahren Barrieren „lauern“ und wie einfach sie manchmal zu beseitigen wären.

Im Rahmen der zu diesem Thema ergangenen Wortmeldungen wurde deutlich, dass es um mehr geht als nur um das Wegräumen von physischen Barrieren, wie der Ausdruck „Barrierefreiheit“ suggerieren würde. Das Ziel ist möglichst gute Benutzbarkeit von Einrichtungen für alle Menschen. Und mit „Einrichtungen“ sind bei weitem nicht nur Gebäude gemeint. Auch Websites, Lehrveranstaltungen usw. können und sollten nach diesem Prinzip ausgestaltet sein.

Hinsichtlich physischer Barrieren sei der neue WU-Campus, wie Coach und Initiator von „CEOs on Wheels“ Michael Sicher anmerkte, für Rollstuhl-FahrerInnen geradezu „traumhaft“. Dennoch wurde in der Diskussion deutlich, wie unterschiedlich Bedürfnisse sein können. So können die langen Wege von der U-Bahn und zwischen den Campus-Gebäuden auch für Menschen mit Behinderung, die keinen Rollstuhl brauchen, aber dennoch keine weiten Strecken gehen können, zu einem großen Hindernis werden.

Einig waren sich alle in dem Punkt: Die größte Barriere ist die in den Köpfen. Die gilt es abzubauen, auch die Unsicherheiten im alltäglichen Umgang mit behinderten Menschen. Manchmal können simple Dinge zur Hürde werden: Soll ich etwa einem spastisch gelähmten Menschen zur Begrüßung die Hand geben? Spürt der Mensch das, und wird das gewollt? Herr Sicher betonte: Das Beste sei – einfach fragen!

Aber wie ist eigentlich der korrekte Sprachgebrauch bei diesem Thema? Auch hier gibt es Unsicherheiten. „Mensch mit Behinderung“ hat sich eingebürgert. Elmar Fürst, Behindertenvertrauensperson der WU,gibt allerdings zu bedenken, dass ihm „behinderter Mensch“ besser gefällt. Erstens steht der Mensch, und nicht die Behinderung im Vordergrund. Zweitens wird die Sichtweise ermöglicht, dass dieser nicht behindert IST, sondern von der Umwelt behindert WIRD. Auch der Ausdruck (Mensch mit) „Handicap“ hat sich etabliert.

Arbeiten an der WU mit Behinderung

Die Leiterin der Personalabteilung, Frau Anna Jaschek-Langthaler, stellte im Rahmen dieser Veranstaltung das WU-Leitbild für die Inklusion von ArbeitnehmerInnen mit Behinderung vor. Die damit verbundenen konkreten Maßnahmen der Personalabteilung passieren etwa im Bereich „Recruiting und Onboarding“, indem Personen mit Behinderung, die Stellenanforderungen erfüllen, im Bewerbungsprozess jedenfalls zur ersten Gesprächsrunde eingeladen werden. Auch Coachings für Vorgesetzte zur Sensibilisierung für das Thema sowie ein Mentoringsystem, das Arbeitnehmer/inne/n mit Behinderung erleichtern soll, sich in den Arbeitsprozess zu integrieren, sind im Leitbild verankert. Auch besteht die Möglichkeit, für Menschen mit Behinderung zusätzliche Stellen für TutorInnen sowie in der Verwaltung zu schaffen, bei denen die Stellenanforderungen – z.B. im Arbeitszeitausmaß – den konkreten Bedürfnissen angepasst werden können. In Zusammenarbeit mit dem AMS und einer Vermittlungsinstitution für Akademiker/innen mit Behinderung werden außerdem auch aktiv Personen mit Behinderung für eine Tätigkeit an der WU gesucht.

Werden Menschen mit Behinderung an der WU beschäftigt, gelten besondere arbeitsrechtliche Regelungen. Diese stellen wir im Rahmen unserer Reihe „Alles rund ums Arbeitsverhältnis“ hier vor.

Studieren an der WU mit Behinderung

Die Wirtschaftsinformatikstudentin, Frau Kirisits, erzählte als Studierenden-Behindertenbeauftragte eindrucksvoll, was es heißt, mit Behinderung an der WU zu studieren. Sie betonte, „Barrierefreiheit“ bedeute für sie „weg vom Stereotyping“. Die Bedürfnisse seien, ebenso wie bei gesunden Menschen, individuell, und wer schlicht auf die individuellen Bedürfnisse eines Menschen eingeht, kann auch mit kleinen Maßnahmen eine große Unterstützung sein. So ist es eine Erleichterung für Betroffene, wenn am Beginn einer Lehrveranstaltung darauf hingewiesen wird, dass es Möglichkeiten gibt, auf besondere Bedürfnisse einzugehen. Im Fall der Fälle kann es z.B. bei einer chronischen Krankheit schon helfen, wenn eine Abgabefrist verlängert wird oder eine versäumte Lehreinheit mittels lecture cast nachgeholt werden kann. Auch eine Ausnahme von der Anwesenheitspflicht sowie jede in einer LV eingesetzte (technische) Möglichkeit, die ein „home learning“ ermöglichen, hilft enorm. In diese Richtung geht auch die bereits praktizierte Vorab-Anmeldung zu Lehrveranstaltungen (behinderte Studierende können sich bereits vor der allgemeinen Anmeldefrist online anmelden). Gerade bei überlaufenen Lehrveranstaltungen ist das eine wirklicher Nachteilsausgleich und eine große Hilfe.

Die Bedeutung der Achtsamkeit betonte auch der Behindertenbeauftragte für Studierende, Herr Herbert Loicht. Seine Aufgabe ist es, Studierende mit Behinderung, chronischen Erkrankungen, psychischen Erkrankungen oder Lernstörungen, insbesondere im Hinblick auf die Teilnahme an Lehrveranstaltungen und Prüfungen, zu unterstützen. In dieser Funktion steht er selbstverständlich auch Lehrenden gerne mit Rat und Tat zur Seite.

08.03.2017

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