Seitlicher Blick auf das D2 Gebäude.

Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal

Arbeitsbedingungen für WissenschafterInnen

Ankara Üniversitesi

Verschärfte Bedingungen für ausländische KollegInnen

Das veränderte politische Klima hat sich in den letzten Monaten in mehreren Ländern in Repressionen gegen WissenschafterInnen wie auch Beschränkungen von deren Mobilität niedergeschlagen. Besonders markant ist die Repression derzeit in der Türkei. Ein besonders krasses Beispiel für Beschränkungen der Mobilität, die auch WissenschafterInnen betreffen, ist das Einreiseverbot, das die US-Regierung gegen Staatsangehörige von sieben Ländern des Nahen Ostens verhängte. Beide Arten derartiger Regierungspolitik tangieren die Wissenschaftsfreiheit.

Im Herbst 2016 haben wir von den Arbeitsbedingungen türkischer KollegInnen berichtet und auch auf Solidaritätsbekundungen und –initiativen verwiesen. Für diese KollegInnen haben sich in den vergangenen Wochen und Monaten die Bedingungen leider nicht verändert – ganz im Gegenteil! Im Februar hat eine weitere Kündigungswelle mit der Entlassung von weiteren 330 WissenschafterInnen stattgefunden. Damit sind durch Gesetzesdekrete der türkischen Regierung insgesamt 4811 WissenschafterInnen entlassen worden. Sie verlieren nicht nur ihre Stelle, sondern auch ihren Pass. Damit geht die türkische Regierung, wie der renommierte Ökonom Korkut Boratav, hervorhebt, noch schärfer gegen WissenschafterInnen vor als die Militärdiktatur zu Beginn der 1980er Jahre. Auf Proteste, speziell an der besonders stark von den Entlassungen betroffenen Ankara Üniversitesi, reagierte die Polizei mit Tränengaseinsatz.

Insgesamt ist die Zahl der durch den Druck der Regierung betroffenen KollegInnen noch größer als 4811. Eine nicht geringe Zahl von KollegInnen ist in die vorzeitige Pension gezwungen worden. Weiters sind schon vor und auch außerhalb der Gesetzesdekrete Kündigungen aus politischen Gründen erfolgt. Diese KollegInnen haben zumindest die Möglichkeit, das Land zu verlassen. Ein Teil von ihnen hat Stellen bzw. Stipendien im Ausland erlangen können.

US-Einreise-Verbote

Diese Verschärfung von Arbeitsbedingungen, die Einschränkung von Bewegungsfreiheiten finden sich aber auch noch in weiteren Teilen der Welt. Im Jänner hat Präsident Trump mit dem Einreiseverbot für BürgerInnen aus sieben „muslimischen“ Ländern des Nahen Ostens einen massiven Schlag gegen Grundrechte, insbesondere gegen die Ausübung wissenschaftlicher Kerntätigkeiten gesetzt. Die Maßnahme wurde von Gerichten zwar vorerst als rechtswidrig aufgehoben, es bleibt jedoch ein schaler Nachgeschmack. Die Bewegungsfreiheit von WissenschafterInnen wird aufgrund ihrer Staatszugehörigkeit massivst beschnitten. KollegInnen werden wegen Ihrer ethnischen Zugehörigkeit bzw. Herkunft von einem offenen und freien wissenschaftlichen Diskurs ausgeschlossen. Es ist dies ein möglicher Beginn einer politisch bestimmten Abschottung der Wissenschaftsnation USA, die auch für die verschiedenen an der WU repräsentierten Fächer als wichtiger Dreh- und Angelpunkt angesehen wird.

Interessant sind die sehr unterschiedlichen Reaktionen auf diesen politischen Akt: Es gibt viele wissenschaftliche bzw. wissenschaftsnahe Institutionen, welche die US-Regierung unmittelbar nach Bekanntwerden zu einer Aufhebung dieser Maßnahme aufgefordert haben. Darunter sind die Dachgesellschaft der führenden Universitäten der USA (AAU), unzählige Berufsverbände als auch die American Association for Advancement of Studies (AAAS). Auch Institutionen wie z.B. die Association to Advance Collegiate Schools of Business (AACSB) haben sich in einer Aussendung gegen dieses Einreiseverbot gewandt und gemahnt, dass die WissenschafterInnen-Community im Business Administration Bereich solidarisch auftreten soll und sich gegen solche Beschränkungen verwehren soll.

Bemerkenswert ist, dass es aber auch RepräsentantInnen, wie das Präsidium der Academy of Management (AOM) gibt, die sich davor scheuen, politisch, eindeutige Standpunkte zu beziehen. KollegInnen, die Mitglieder der AOM sind, können hier von den lebendigen Diskussionen auf den jeweiligen Listen berichten.

Die beiden Beispiele verdeutlichen, dass Grundrechte wie Meinungs- und Bewegungsfreiheit in kurzer Zeit massiv, teilweise sogar über Nacht, eingeschränkt werden können und damit auch massive Existenzbedrohungen einhergehen können.

In einigen Ländern sind Fonds entstanden, die von politischer Repression betroffene KollegInnen mit Stipendien unterstützen. Schritte in eine solche Richtung wären auch in Österreich wünschenswert. Wichtig ist auch, dass Universitäten sich eindeutig gegen politisch begründete oder aufgrund der Staatsbürgerschaft verhängte Reiseverbote für WissenschafterInnen positionieren. Denn auch hier geht es um eine Facette von Wissenschaftsfreiheit.

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