Studierende sitzen auf den Holzinseln vor dem D2

Viel mehr als nur 3 ECTS

Warum ich mich dazu entschieden habe, Lernbuddy zu werden? Wie bei vermutlich einem Großteil aller Studierenden stellt Erfolg ein wesentliches Ziel in meinem Leben dar. Ebenso wichtig ist es mir aber, auf die Menschen in meinem Umfeld zu achten und überall Hilfe anzubieten, wo sie gebraucht wird.

Leider muss ich zugeben, dass soziales Engagement und Zivilcourage, wahrscheinlich wie bei vielen anderen auch, bei mir bisher zu kurz gekommen sind. Umso erfreulicher finde ich es daher, die Chance erhalten zu haben, mit einer Teenagerin eine intensive Beziehung aufbauen zu dürfen und dabei nicht nur das mir zugeteilte Mädchen näher kennenzulernen, sondern gleichzeitig auch unbezahlbare Kenntnisse für das Leben gewinnen zu können und in Folge dessen selbst zu wachsen.

Nachhilfe mal anders

Aufgrund der derzeitigen Situation und den Sicherheitsmaßnahmen im Zuge des Corona-Virus, musste ich zunächst einige Wochen lang warten, bis es mir möglich war, Kontakt zu meinem Buddy aus der Caritas Einrichtung des Mädchenzentrums *peppa aufzunehmen. Schließlich steht nicht jedem Kind die Möglichkeit zu, unbeschränkten Zugang zu einem Smartphone, Computer oder sonstigem zu haben und somit die Nachhilfestunden übers Internet oder via Telefon abzuhalten. Dass mein Lernbuddy kein eigenes Handy besitzt und deswegen das ihrer Mutter bei unserer wöchigen Session verwenden muss, stört nicht weiter. Konkret läuft unser „Treffen“ folgendermaßen ab: Zunächst plaudern wir etwa eine Viertelstunde lang, um einander näher kennenzulernen, danach folgt das tatsächliche Lernen. Da weder sie noch sonst jemand aus ihrer Familie einen Account auf Skype, Zoom oder ähnlichem hat, haben wir uns jetzt auf Video-Telefonate über WhatsApp festgelegt. Natürlich ist es umständlich ständig zwischen Innen- und Außenkamera hin- und herwechseln zu müssen, beispielsweise wenn ich ihr beim Erklären des Mathestoffes etwas vorrechne. Trotzdem bemühen wir uns, einfach das Beste aus der Situation zu machen und uns nicht davon demotivieren zu lassen, obwohl ein persönliches Treffen bei weitem schöner und vorteilhafter wäre.

Wertvolle Erfahrungen aus meiner Lernbuddy-Tätigkeit

Obwohl ich meine Tätigkeit als Lernbuddy noch nicht besonders lange ausübe und gerade einmal mein fünftes Telefonat mit H. hinter mir habe, weiß ich jetzt schon, dass ich aus den noch kommenden Treffen und der sich entwickelnden, Schritt für Schritt vertiefenden Beziehung zu meinem Buddy unheimlich viel fürs Leben mitnehmen werde. Bereits diese wenigen Stunden, in denen ich das Mädchen ein bisschen besser kennenlernen durfte, haben mich sowohl gelehrt, dass nicht jede/r das Privileg hat, ein eigenes Zimmer zu besitzen und somit zu Hause ungestört lernen zu können, ohne dem ständigen Ein- und Ausgehen von Familienmitgliedern im Zimmer. Darüber hinaus wurde mir vor Augen geführt, wie nahe das Sprachniveau mit der psychischen Komponente des Selbstvertrauens zusammenhängt und damit verbunden fehlende Deutschkenntnisse nicht nur den Alltag erschweren, sondern zusätzlich in Unsicherheit resultieren können.

Lernbuddy Lena auf Wiese

Autorin: Lena Wang, studiert Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der WU