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Kostenfaktor Arbeitskraft: Wenn Fremdfinanzierung zum Problem wird

01. März 2017

Die effiziente Versorgung der Unternehmen mit Kapital ist der Stützpfeiler jeder Realwirtschaft. Viele Länder, so auch Österreich, fördern indirekt über das Steuersystem das Fremdkapital, da die Zinsen an die Gläubiger die Steuerlast für Unternehmen reduzieren. Eine aktuelle Studie von WU-Professor Josef Zechner verdeutlicht, wie der Staat durch Förderung der Unternehmensverschuldung gleichzeitig das Risiko für ArbeitnehmerInnen erhöht.

Die Unternehmensfinanzierung durch Fremdkapital erscheint in vielen Ländern lukrativ. Auch Österreich schafft für diese Art der Finanzierung Steuervorteile gegenüber der Eigenfinanzierung, insbesondere durch die Absetzbarkeit der Zinsen von der KÖST Bemessungsgrundlage. Die Steuervorteile des Fremdkapitals eines Unternehmens, das sich zu 60 Prozent fremdfinanziert repräsentieren in Österreich ca. 15 Prozent des gesamten Unternehmenswerts. Fremdfinanzierung bringt jedoch auch zahlreiche Nachteile mit sich. Den relevanten Faktoren bei der Wahl der Finanzierungsstruktur widmete sich WU-Professor Josef Zechner von Institut für Finance, Banking and Insurance in mehreren seiner Studien. Seine Untersuchungen zeigen, dass ein wesentlicher Faktor bei der Suche nach der richtigen Finanzierungsstruktur oftmals außer Acht gelassen wird: ArbeitnehmerInnenkosten.

Mehr Schuld, mehr Risiko

Mit der Höhe der Verschuldung steigt auch das Konkursrisiko eines Unternehmens. „Ein hohes Konkursrisiko zieht viele Folgen nach sich: Vor allem in spezialisierten Industrien verlieren KundInnen ihr Vertrauen zum Unternehmen. Auch die Investitionen sinken, wenn KapitalgeberInnen aufgrund des hohen Konkursrisikos kein Geld mehr zuschießen wollen“, erklärt Zechner, „Ein wesentlicher Faktor, der oftmals zu wenig Beachtung findet, sind die Kosten für ArbeitnehmerInnen. Gerade in spezialisierten Industrien müssen auch ArbeitnehmerInnen im Fall eines Unternehmenskonkurses finanzielle Einbußen mit einkalkulieren.“ Um weiterhin gute MitarbeiterInnen einstellen zu können muss ihnen ein hoch verschuldetes Unternehmen dieses Risiko in Form höherer Löhne bereits von vorneherein abgelten. „Modellsimulationen zeigen, dass eine Erhöhung des Verschuldungsgrads von 30 Prozent auf 60 Prozent zu einer Erhöhung der Lohnkosten um ca. 14 Prozent führen würde“, so Zechner.

Falsche Förderungen

Auch die empirischen Studien, die Josef Zechner anhand der Daten internationaler Elektrizitätsproduzenten durchführte, bestätigen die Ergebnisse aus der Theorie. Viele Unternehmen – gerade in spezialisierten Industrien - senken die Wettbewerbsrisiken für die ArbeitnehmerInnen und gehen verstärkt den Weg der Eigenfinanzierung, um Kosten niedrig zu halten. „Es ist schwer nachvollziehbar, warum der Staat nach wie vor die Fremdfinanzierung fördert. Vielfach bringt sie auch für ArbeitnehmerInnen Nachteile wie ein höheres Risiko des Arbeitsplatzverlustes durch Unternehmenskonkurs und potenzielle Einkommensausfälle mit sich. In spezialisierten Industrien bedeutet dies letztendlich höhere Lohnkosten für ArbeitgeberInnen“, so Zechner.

Zur Person

Josef Zechner ist Professor für Finanzwirtschaft und Investments an der Wirtschaftsuniversität. In seiner Forschung widmet er sich vorwiegend den Bereichen Finanz- und Bankwesen sowie dem Assetmanagement. Er war Präsident der German Finance Association, der European Finance Association und der Western Finance Association. Zudem hält er das Ehrendoktorat der Ludwig Maximilians Universität München und ist wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Weiters berät der WU-Professor verschiedene Institutionen und ist Mitglied der wissenschaftlichen Leitung des Asset Managers Spängler IQAM Invest.

Pressekontakt:
Mag. Anna Maria Schwendinger
PR-Referentin
Tel: + 43-1-31336-5478
E-Mail: anna.schwendinger@wu.ac.at

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