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Besteuerung digitaler Unternehmen im Verbraucherland wäre für Exportnationen von Nachteil

03. September 2018

Große Internetunternehmen wie Facebook, Google, Amazon und Co. zahlen trotz enormer Umsätze in der EU im Durchschnitt weniger als 10 Prozent Körperschaftsteuer – im Vergleich: „traditionelle“ Unternehmen zahlen mehr als das Doppelte. Dies will die EU jetzt ändern und setzt während der Österreichischen EU Ratspräsidentschaft die Besteuerung von digitalen Unternehmen auf die Tagesordnung. WU-Steuerrechtsexperte Alexander Rust sieht die vorgesehenen rechtlichen Änderungen allerdings kritisch und mit weitreichenden Konsequenzen verbunden.

Die aktuelle Rechtslage sieht vor, dass Unternehmen in jenem Land besteuert werden, in dem sie ihren Sitz haben. Eine Besteuerung in einem anderen Staat ist nur dann möglich, wenn dort Produktionsstätten des Unternehmens liegen. Digitale Dienstleistungsunternehmen wie Facebook und Co verfügen nicht über derartige Produktionsstätten - ihr Sitz befindet sich meist in  Niedrigsteuerländern wie Bermuda, Cayman Islands, Irland oder Zypern, sodass es multinationalen Unternehmen wie Google, Facebook und Amazon gelungen ist, ihre Steuerlast ganz erheblich zu senken. Innerhalb der EU wird nun über eine Art „Digitalsteuer“ nachgedacht, die digitale Unternehmen in jenem Land besteuern soll, in dem sie ihre Geschäfte abwickeln. WU-Steuerrechtsexperte Alexander Rust vom Institut für Österreichisches und Internationales Steuerrecht bewertet eine derartige Steuer als schwer umzusetzen – und langfristig negativ für Österreich. Er untersucht in seiner Forschung, wie gleiche Wettbewerbsbedingungen für digitale und traditionelle, internationale und heimische Unternehmen hergestellt werden können.

Umstellung des gesamten Steuerrechts

In seinen Untersuchungen wurde vor allem deutlich, dass die Definition eines „digitalen Unternehmens“ zur zentralen Herausforderung wird. Die gesetzliche Schlüsselstelle findet sich in Artikel 5 des OECD Musterabkommens, in dem es um die Auslegung des Begriffes „Betriebstätte“, also der physischen Präsenz eines Unternehmens in einem Staat, geht. „Die zentrale Problematik besteht vor allem darin, dass viele Unternehmen sowohl mit digitalen als auch mit physischen Produkten handeln. Alleine bei Amazon können die Kunden sowohl eine CD bestellen als auch die Musik downloaden. Dabei gibt es noch viel komplexere Fälle. Sonderregelungen für elektronische Dienstleistungen würden hier massive Abgrenzungsprobleme nach sich ziehen“, erklärt der Steuerrechtsexperte. Aus Gleichbehandlungsgründen würde eine „Digitalsteuer“ auf lange Sicht dazu führen, auch „traditionelle“ Unternehmen im Staat der VerbraucherInnen zu besteuern, ohne dass die Unternehmen in diesem Staat über eine physische Präsenz verfügen, so Rust. Dies würde eine komplette Umstellung der gesamten Regeln des internationalen Steuerrechts bedeuten.

Exportnationen verlieren

Wenig Berücksichtigung finde laut Rust auch die Tatsache, dass Exportnationen wie Österreich  durch eine solche Änderung massiv an Steueraufkommen verlieren würden. Über 50 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung werden im Ausland verdient. Die Körperschaftsteuer sollte grundsätzlich in dem Staat gezahlt werden, in dem die Wertschöpfung stattfindet. Der Konsum im Staat der Verbraucherin bzw. des Verbrauchers wird bereits durch die Umsatzsteuer besteuert. Die Digitalsteuer weicht von diesen Grundsätzen ab und würde Steueraufkommen vom Staat der Wertschöpfung in den Staat des Verbrauchs verlagern.

Pressekontakt:
Mag. Anna Maria Schwendinger
PR-Referentin
Wirtschaftsuniversität Wien
Tel: + 43-1-31336-5478
E-Mail: anna.schwendinger@wu.ac.at

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