Eine Gruppe von Menschen sitzt im Kreis und redet miteinander

Gerald Reiner

Video Gerald Reiner

Gerald Reiner

Researcher of the Month

Was der Handel gegen Lebensmittelverschwendung tun kann

Weltweit werden jährlich 1,3 Milliarden Tonnen essbarer Lebensmittel verschwendet – rund 35 Prozent der produzierten Lebensmittel entlang der gesamten Supply Chain von der Produktion bis zu den Konsument*innen. WU-Forscher Gerald Reiner (Leiter des Instituts für Produktionsmanagement) forscht mit seinem Team zur Lebensmittelverschwendung und wie diese durch die Handelsebene vermieden werden kann. Für seine Forschung zeichnet die WU Gerald Reiner als Researcher of the Month aus.

In seinen Studien zeigt Reiner, dass Lebensmittelverschwendung mehrere Ursachen haben kann:

  • Überproduktion aufgrund ungenauer Absatzprognosen und Annahmen über das Verhalten der Kund*innen, die häufig die „neuesten“ Produkte mit den am weitesten in der Zukunft liegenden Ablaufdaten auswählen.

  • Ineffiziente Lagerhaltung und Transporte. Diese verursachen weitere Kosten, höhere CO²-Emissionen und mehr Abfälle.

  • Erhöhte Produktanforderungen sowohl von Einzelhandelsunternehmen als auch von Kunden: Die nicht perfekt geformten Karotten in einheitlicher Größe und Farbe bleiben ebenso ein Ladenhüter wie die Bananen mit braunen Stellen.

Die Ursachen und ihre Auswirkungen unterscheiden sich je nach Produktkategorie und Art der Geschäfte – große Supermärkte benötigen etwa andere Prozessinnovationen als ein kleiner Laden.

Projekt APPETITE

Initiativen zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung existieren, sie fokussieren aber selten auf Prävention. Gesellschaftlich stellt dies ein immenses ethisches und ökologisches Problem dar, weil noch verwertbare Lebensmittel verloren gehen und zugleich die Zahl der Menschen, die an Hunger leiden, steigt. Lebensmittelverschwendung muss deshalb durch Prävention und den integrierten Einsatz fortschrittlicher datenbasierter Technologien reduziert werden. Hier setzt das noch bis 2025 laufende Forschungsprojekt APPETITE an.

Die Optimierung der Lieferkette und der verbesserte Abgleich von Angebot und Nachfrage sind die besten Wege, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Präventiv wirken etwa unabhängige Plattformen zur Abstimmung von Angebot und Nachfrage, die die relevanten Lieferketten-Partner*innen koordinieren.
Das Ziel von APPETITE ist es, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 um 10 Prozent zu reduzieren. Durch Künstliche Intelligenz gesteuerte Prognose-, Simulations- und Optimierungsmethoden helfen dabei, Prozesse transparenter zu gestalten und Kosten durch Überbestände und Fehlmengen zu verringern.

Über Gerald Reiner

Gerald Reiner

Gerald Reiner ist ordentlicher Professor für Operations Management am Institut für Produktionsmanagement an der WU Wien und Leiter des Instituts für Produktionsmanagement sowie akademischer Leiter des MSc Supply Chain Management. Er promovierte und habilitierte sich in Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien. Von 2007 bis 2014 war er ordentlicher Professor für Produktionsmanagement und Logistik an der Universität Neuchâtel (Schweiz). Von 2014 bis 2018 war er ordentlicher Professor für Produktionsmanagement und Logistik und Leiter des Instituts für Produktions-, Energie- und Umweltmanagement an der Universität Klagenfurt. Seine Forschungsinteressen umfassen Produktionsmanagement und -planung, Supply Chain Management und -planung, zirkuläre Supply Chains, humanitäre Logistik sowie digitale Produktion (Industrie 5.0).

Gerald Reiner veröffentlichte Artikel in internationalen Fachzeitschriften, darunter Production and Operations Management, International Journal of Production Economics und Journal of Industrial Ecology.

Gerald Reiner wurde u.a. mit dem Emerald Outstanding Paper Award und dem International Society for Inventory Research (ISIR) Service Award ausgezeichnet.