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Erich Vranes

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CETA: Ein Handelsabkommen mit vielen Facetten

Abkommen wie CETA, das Comprehensive Economic and Trade Agreement zwischen der EU und Kanada, oder TTIP, die „Transatlantic Trade and Investment Partnership“, sollen klassische Handelsfragen wie Zölle regeln. Darüber hinaus beinhalten sie auch Regeln für den Handel mit sensiblen Dienstleistungen, für Investitionen, den Schutz geistigen Eigentums und die Sicherheit etwa von Lebensmitteln oder Pharmazeutika. WU-Europarechtsexperte Erich Vranes widmete sich in seinen neuesten Untersuchungen den Wirkungsweisen und Funktionen von CETA.

Rund 1.600 Seiten umfasst das Handelsabkommen CETA. Es hat zum Ziel, das bestehende Welthandelsrecht weiterzuentwickeln und den Handel mit Waren, Dienstleistungen und Investitionen der EU mit Kanada zu fördern sowie die Wirtschaftsbeziehungen zu stärken. Über 5 Jahre dauerten die Verhandlungen, die Ergebnisse sind dafür umso umfassendere. Die Anwendung des Abkommens ist jedoch komplex und eröffnet in der Praxis viele Fragen. Professor Erich Vranes vom Institut für Europarecht und Internationales Recht der WU: „Zahlreiche politische EntscheidungsträgerInnen, Unternehmen, Medien und NGOs haben uns kontaktiert und wollten wissen, wie diese Instrumente funktionieren und welche Auswirkungen sie auf die Tätigkeit der Legislative und Exekutive, auf Unternehmen und BürgerInnen haben können“. Genau dieser Herausforderung stellte sich Erich Vranes und untersuchte gemeinsam mit 15 weiteren ExpertInnen aus acht Ländern die zahlreichen Fragenkreise – Handelsfragen, Investitionsschutz, demokratiepolitische Implikationen usw – vor allem aus rechtlicher Perspektive.

Weniger Diskriminierung trotz Schwachstellen

CETA lässt durchaus positive Entwicklungen erwarten, etwa durch die Klarstellung, dass innerstaatliche Regelungen, die in- und ausländische Investoren gleichermaßen betreffen, also nicht diskriminierend sind, von ausländischen Investoren in der Regel nicht angefochten werden können. Die Untersuchungen machten allerdings auch deutlich, in welchen Bereichen es problematische Entwicklungen gibt: Etwa in der mangelnden Transparenz der Verhandlungen, in der internationalen Handlungsfähigkeit der EU, aber auch in Bereichen wie Investitionsschutz, Umweltschutz und Datenschutz. „Abkommen wie CETA sollen nach Vorstellung der EU ein Modell für weitere Abkommen mit anderen Staaten bilden. Diese Abkommen haben insofern auch hohe wirtschaftliche und geopolitische Bedeutung“, so Vranes.

Mehr Transparenz, bessere Kommunikation, mehr Verbindlichkeit

Weitere Abkommen dieser Art sollten in Zukunft wesentlich transparenter ausverhandelt werden, so Vranes. „Die Verhandlungsmandate der EU-Kommission sollten von Anfang an offen gelegt und die Öffentlichkeit auch regelmäßig über die Gegenstände und Fortschritte der Verhandlungen informiert werden.“ Zudem empfiehlt der WU-Professor, das EU-Parlament und nationale Parlamente eingehend über die Verhandlungen zu informieren und in die allfällige Weiterentwicklung einmal in Kraft getretener Abkommen einzubinden. Zudem sollten Vertragskapitel, die dem Ausgleich zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Interessen wie Umweltschutz gewidmet sind, rechtlich verbindlicher gestaltet werden.

Buch: „Mega-Regional Trade Agreements: CETA, TTIP, TiSA. New Orientations for EU External Economic Relations“, Oxford University Press 2017 (herausgegeben von Stefan Griller, Walter Obwexer and Erich Vranes).