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Langzeitpflege: Mixed-Reality-Anwendungen helfen Pflegebedürftigen und Pflegekräften

03. Oktober 2022

Die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen steht vor großen Herausforderungen. Auf vielen Ebenen müssen Maßnahmen getroffen werden, um Arbeitsplätze in der Langzeitpflege attraktiver zu gestalten und die Versorgung pflegebedürftiger Menschen sicherzustellen. Die WU-Forscherin Birgit Trukeschitz evaluiert mit ihrem Team am WU Forschungsinstitut für Altersökonomie in nationalen und europäischen Projekten die Praxistauglichkeit und Auswirkungen von neuen Technologien, die für ältere Menschen und für die Langzeitpflege- und -betreuung entwickelt wurden. Für Ihre Arbeit zeichnet die WU Birgit Trukeschitz als Researcher of the Month aus.

„Zeig mir einfach, was du siehst“

Im Rahmen des europäischen Projekts „Care about Care“ testen Pflegeassistent*innen und Heimhilfen in Österreich, Luxemburg und Belgien Mixed-Reality-Anwendungen der Fachhochschule Wiener Neustadt. Diese verbinden die reale mit der virtuellen Welt: Die Pflegekraft kann über eine App am Diensthandy oder über ein spezielles Headset Kontakt mit einer Expert*in der Pflegeorganisation aufnehmen, während sie bei Kund*innen zu Hause ist. Der Live-Stream von Ton und Bild ermöglicht der Expert*in, sich ein Bild von der Situation zu machen und gemeinsam mit der Kollegin vor Ort eine Lösung finden. Markierungstools erleichtern der Expert*in auf bestimmte Sachverhalte visuell hinzuweisen – z.B. welches Verbandsmaterial im konkreten Fall genutzt werden soll oder an welcher Stelle die Haut problematische Veränderungen aufweist. Zudem hat die Pflegekraft vor Ort auch ein Live-Bild der Expertin vor sich.

Das Potenzial der Fernunterstützung in der Langzeitpflege

Eine gelungene technologische Gestaltung und organisatorische Einbettung dieser Form der Fernunterstützung leistet einen sinnvollen Beitrag:

  • Erfahrene Pflegekräfte finden im Expert*innen-Center ein neues Betätigungsfeld und können ihr Know-how an Kolleg*innen bedarfsgerecht weitergeben.

  • Neu eingestellte Betreuungs- und Pflegepersonen können virtuell unterstützt und angeleitet werden. Workflow und Training-on-the-job erhalten neue Formen; die Live-Übertragung von Ton und Bild erleichtert die Kommunikation mit Kolleg*innen, die Schwierigkeiten haben sich auf Deutsch auszudrücken; der Austausch im Team zu einer konkreten Situation erfolgt sofort.

  • Auch Kund*innen können profitieren: Pflegebedürftige Personen erhalten selbst in schwierigen Situationen gleich vor Ort kompetente Unterstützung. Dies verbessert die Versorgungsqualität.

  • Die Fernunterstützung kann helfen Fahrzeiten zu reduzieren. Wertvolle Arbeitszeit kann dadurch anders eingesetzt und umweltbelastende Emissionen vermieden werden.

Ein Projektbericht zur Evaluation der Fernunterstützung erscheint Mitte 2023.

Über Birgit Trukeschitz

Birgit Trukeschitz leitet seit 2007 Forschungs- und Entwicklungsprojekte am WU Forschungsinstitut für Altersökonomie. Sie studierte Volkswirtschaft an der WU und promovierte mit Auszeichnung am WU Institut für Sozialpolitik zur ökonomischen Analyse des sozialen Dienstleistungssektors.

Sie war als Gastforscherin an der London School of Economics, an der University of Kent und am Deutschen Zentrum für Altersfragen tätig. Am WU Forschungsinstitut für Altersökonomie baute Birgit Trukeschitz die Forschungslinien „Digitalisierung und ältere Menschen/Langzeitpflege (AAL)" mit dem Schwerpunkt Evaluierung digitaler Technologien und „Ökonomische Analyse in der Langzeitpflege“ mit dem Schwerpunkt Ergebnismessung auf.
Sie ist Mitglied des ASCOT International Advisory Committee und entwickelte mit ihrem Team die deutschsprachige Version von ASCOT (Adult Social Care Outcomes Toolkit).

Birgit Trukeschitz erhielt mehrere Auszeichnungen für ihre Forschung und universitäre Lehre. Sie veröffentlicht Forschungsergebnisse in hochrangigen, zumeist interdisziplinären, Fachzeitschriften, wie Health Economics, Journals of Gerontology und Social Science and Medicine.

Researcher of the Month

Mit dem „Researcher of the Month“ stellt die WU herausragende Arbeiten von Forscher*innen vor, die mit ihrer Forschung maßgeblich zur Lösung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und rechtlicher Fragen beitragen. Das monatliche Video „Researcher of the Month“ präsentiert die Arbeit der Forscher*innen und gewährt einen Blick hinter die Kulissen der vielfältigen WU-Forschung.

Weiterführende Informationen

Birgit Trukeschitz und ihre Forschung im Film
Projekt-Website Care about Care
Zum Projekt bei der WU Wien

Pressekontakt: Alexander Vieß Forschungskommunikation Wirtschaftsuniversität Wien Tel: + 43-1-31336-5478 E-Mail: alexander.viess@wu.ac.at

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