Eine Gruppe von Menschen sitzt im Kreis und redet miteinander

Miya Komori-Glatz

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Miya Komori-Glatz

Researcher of the Month

Englisch als Arbeitssprache im Unternehmen: Von der Teeküche bis zum Meetingraum

Mit der zunehmenden Internationalisierung von Unternehmen im deutschsprachigen Raum steht auch die Diskussion rund um Englisch als Arbeitssprache immer wieder im Raum. ManagerInnen, die hier unbedacht vorgehen, können kläglich scheitern, weiß WU-Wissenschaftlerin Miya Komori-Glatz vom Institut für Englische Wirtschaftskommunikation. In ihrer Forschung widmet sie sich der Frage, wie sich Englisch als Arbeitssprache in Teams entwickelt, die Englisch nichts als Muttersprache beherrschen und welche Auswirkungen die Etablierung der Fremdsprache am Arbeitsplatz mit sich zieht. Dabei zeigte sich: die Umstellung auf eine neue Arbeitssprache ist nicht einfach, aber es bringt auch Vorteile für die Firma und ihre Angestellten.

In internationalen Teams arbeiten, reisen, mehrere Sprachen sprechen – für viele Menschen ist dies heute der gelebte Arbeitsalltag. Doch nicht jedem fällt der Umgang mit einer Fremdsprache wie Englisch als Arbeitssprache leicht. „Gerade die Umstellung innerhalb eines Unternehmens von Deutsch als gelebte Sprache auf Englisch, stellt einen großen Einschnitt dar und fällt vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schwer“, so Miya Komori-Glatz, Wissenschaftlerin am WU-Institut für Englische Wirtschaftskommunikation. „Wer möchte, dass sich in seinem oder ihrem Unternehmen Englisch als Arbeitssprache ganzheitlich durchsetzt, braucht ein professionelles Konzept. Denn kaum ein Unternehmen möchte sich langfristig Verständigungsprobleme zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern leisten.“

Die Entwicklung einer gemeinsamen Sprache als Weg zum Ziel

In ihrer Forschung widmete sich Komori-Glatz einer Synthese wirtschaftlicher und sprachwissenschaftlicher Publikationen und entwickelte daraus ein Framework, das die relevanten Fragestellungen und Bereiche im Unternehmen bei der Etablierung von Englisch offenlegt. „Im Zentrum steht immer die Frage, wie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sprachlich erreicht und Informationsbarrieren vermieden werden können“, so die Wissenschaftlerin. Deutlich wurde dabei, dass die sprachliche und kommunikative Kompetenz in Englisch ein entscheidender Machtfaktor im Unternehmen sein kann, wodurch den MitarbeiterInnen – je nachdem – Vorteile bzw. Nachteile entstehen können. „Gleichzeitig sehen wir aber in einer weiteren, eigenen Studie, dass sich sprachlichen Kompetenzen auch im Team gemeinsam entwickeln können.“ Für diese Erkenntnis beobachtete und interviewte Komori-Glatz englischsprachige Arbeitsgruppen von Studierenden. Dabei zeigt sich, dass die Gruppen im Laufe der Zusammenarbeit eigene Begrifflichkeiten, ein eigenes Vokabular, und eigene kommunikative Praktiken entwickelten. „Die Studierenden haben sich sozial wie auch fachlich gemeinsam entwickelt. Mit dem Verständigungsprozess ging auch ein gemeinsames Vokabular einher. Nicht nur die Inhalte, sondern auch die Art, etwas zu sagen, haben sie einander angepasst“, so Komori-Glatz, „Dies deutet darauf hin, dass – sofern sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewusst dafür einsetzen – ein gemeinsamer, inkludierender Entwicklungs- und Lernprozess entstehen kann. Dadurch kommt man erfolgreich ans Ziel.“

Von der Teeküche bis zum Besprechungsraum

Um tatsächlich alle Kommunikationskanäle zwischen den MitarbeiterInnen, sowohl untereinander als auch zu den Führungskräften und der Unternehmenszentrale, offen zu halten, sind die Anforderungen jedoch hoch. Besonders entscheidend ist hier die Flexibilität, zu reagieren, wenn Informationen nicht alle erreichen oder Barrieren entstehen. „Nicht immer ist es sinnvoll, alle Informationen nur auf Englisch anzubieten – gerade wenn noch kein einheitliches Sprachniveau im Unternehmen herrscht. Möchten Führungskräfte Kommunikation unter multikulturellen MitarbeiterInnen von der Teeküche bis hin zum Besprechungsraum ermöglichen, erfordert es die Flexibilität, auch Informationen zusätzlich noch in der überwiegenden Muttersprache anzubieten, um Wissensklüfte und schwankende Machtverhältnisse zur Informationsvor- und -nachteile zu vermeiden“, so Komori-Glatz. „Dabei ist es gleichzeitig wichtig, dass neue MitarbeiterInnen sich auch in der Firma wohl fühlen und nicht durch die Landessprache ausgeschlossen werden.“

Sprache als Herausforderung und Chance

Eine offizielle Firmensprache zu etablieren braucht ein durchdachtes Konzept: wo, mit wem, und warum soll Englisch bzw. andere Sprache gesprochen werden? Die Umstellung ist extrem ressourcenintensiv. Oftmals werden auch mehrsprachige MitarbeiterInnen eingesetzt, um Kommunikation zwischen Sprachgruppen zu ermöglichen – dies birgt die Gefahr der Entwicklung von Schattenhierarchien oder übermäßigen Abhängigkeiten ders Unternehmens von diesen MitarbeiterInnen. Allerdings bietet eine gemeinsame Sprache auch viele Möglichkeiten, neue Einblicke zu holen und diverse Ressourcen zu erschließen. Mehrsprachige MitarbeiterInnen kommen auch zu mehr Informationen durch formelle und informelle Kanäle, und haben oft einen starken Wettbewerbsvorteil. Die Anpassungsfähigkeit ist dabei entscheidend. „Von unseren AbsolventInnen wird es bereits in dem Bewerbungsprozess erwartet, dass sie flexibel und kontextbewusst mit Sprache(n) umgehen – und je besser sie das können, desto besser ihre Berufschancen. Als Universität vermitteln wir ihnen die dafür notwendigen kommunikativen Kompetenzen“, so Komori-Glatz.

Zu den Studien:

 

Komori-Glatz, Miya und Schmidt-Unterberger,  Barbara. (2018) English-medium business education: creating the international managers of tomorrow, today? In: Sherman, Tamah & Jiří Nekvapil (Eds.), English in Business and Commerce: Interactions and Policies. Berlin: Mouton de Gruyter, 310-334.

Komori-Glatz, Miya (2018) Conceptualising English as a business lingua franca (BELF). European Journal of International Management 12(1/2), 46-61.

Komori-Glatz, Miya (2017): (B)ELF in multicultural student teamwork. Journal of English as a Lingua Franca 6(1), 83-109.