Sozioökonomie

Der Einfluss von COVID-19 auf Senior/inn/en

18. Februar 2021

Erfolgreich altern und dabei körperlich aktiv und geistig fit bleiben – ein Ziel für viele. Doch machen die von der Regierung verordneten COVID-19-Lockdowns dem einen Strich durch die Rechnung? Forscher/innen der Wirtschaftsuniversität Wien und der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften haben untersucht, wie alte Menschen mit der Herausforderung des Lockdowns umgehen und welche Implikationen diese für einen aktiven Lebensstil jenseits der 60 haben.

Social Distancing hat einen ambivalenten Effekt auf Menschen über 60. Das ist das Ergebnis einer Studie von Lukas Richter, Projektmitarbeiter am Institut für Soziologie und Empirische Sozialforschung der WU und Theresa Heidinger, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kompetenzzentrum Gerontologie und Gesundheitsforschung der Karl Landsteiner Privatuniversität. Die beiden haben auf Basis der Daten von 500 Personen im Alter von 60 oder älter untersucht, wie sich ihr Verhalten während des ersten Lockdowns verändert hat.

Grundsätzlich halten sich alte Menschen zu einem Großteil an die Vorgaben der Regierung. Der Einfluss des Lockdowns macht sich insbesondere auf die physische Aktivität bemerkbar: 36 Prozent der Befragten trainieren weniger als üblich, 17 Prozent sogar gar nicht mehr. Dahingegen nimmt die geistige Aktivität im Lockdown zu: Senior/inn/en schauen mehr fern, lesen mehr Zeitung und setzen sich somit geistig häufiger mit dem Geschehen auseinander. Alltagsaktivitäten wiederum leiden unter dem Lockdown stark: Die Hälfte der Befragten hat ihr Einkaufverhalten stark eingeschränkt, ein Viertel ging sogar gar nicht mehr einkaufen und insbesondere ehrenamtliche Aktivitäten wurden eingestellt.

Am meisten überraschte die Forscher/innen, dass die Pandemie einen positiven Einfluss auf die Anzahl der sozialen Kontakte älterer Menschen hatte: 81 Prozent der Befragten haben mehrfach in der Woche mit ihren Kindern und Enkelkindern gesprochen. „Es scheint, die Pandemie hat Familien näher zusammengebracht“, sagt Lukas Richter. Aber auch der Kontakt mit Freund/inn/en und Bekannten stieg im Lockdown an.

Was ist „Erfolgreiches Altern“?

Die Forscher/innen bauen auf einem Modell auf, das erfolgreiches Altern wie folgt definiert:

  • geringe Wahrscheinlichkeit an einer Krankheit oder an einer krankheitsbedingten Beeinträchtigung zu leiden

  • hohe kognitive und körperliche Leistungsfähigkeit

  • aktive Gestaltung des Lebens

Die Ergebnisse zeigen, dass erfolgreiches Altern während der COVID-19 Pandemie eine Herausforderung ist. So führt das Befolgen der Maßnahmen um Erkrankungen zu verhindern, häufig zur Reduktion der aktiven Gestaltung des Lebens und zu weniger körperlichen Aktivitäten. Dies wiederum vermindert die Chance zur Vermeidung von Krankheiten. Die Studienautor/innen Richter und Heidinger: „Die Ergebnisse zeigen, dass der Lockdown ganzheitlich betrachtet nicht die einzige Lösung für alte Menschen sein kann. Wir brauchen dringend Konzepte und gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die ein erfolgreiches Altern auch in einer Pandemie ermöglichen.“

Zur Studie

Lukas Richter, Theresa Heidinger: „Caught between two fronts: successful aging in the time of COVID-19.” Abrufbar unter https://doi.org/10.1108/WWOP-06-2020-0031

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