Forschung

Ökonomen warnen: Protektionismus ist langfristig schädlich

01. Februar 2017

Die aktuellen Entwicklungen wie den Ausstieg der USA aus dem Transpazifischen Handelsvertrag, die Ankündigung eines sogenannten „Hard Brexit“ von Theresa May und das Volksbegehren gegen „TTIP-Ceta-und-Tisa“ sehen die WU-Professoren Harald Badinger, Jesus Crespo Cuaresma und Harald Oberhofer äußerst kritisch. Freihandel sei auch eine Grundfreiheit und habe gerade für die österreichische Volkswirtschaft mehr Vorteile als Nachteile gebracht, so die Ökonomen.

Österreich konnte in den vergangenen Jahrzehnten von der Mitgliedschaft bei der Europäischen Freihandelsassoziation, dem Beitritt zur EU und der damit einhergehenden Teilnahme am europäischen Binnenmarkt,  und der EU-Ostöffnung massiv profitieren. Der Handel wuchs, Exporte stiegen stärker als Importe, neue Arbeitsplätze konnten geschaffen werden und das Pro-Kopf-Einkommen der ÖsterreicherInnen stieg an. So ist der Anteil der österreichischen Exporte an der gesamten Wertschöpfung von 1995 bis 2015 von 33,6% auf 53,4% gestiegen. Im selben Zeitraum hat sich die Importquote von 34,8% auf lediglich 48,9% erhöht. Modellrechnungen legen ferner nahe, dass die EU-Mitgliedschaft das Wachstum der österreichischen Volkswirtschaft um 0,5 bis 1 Prozentpunkte pro Jahr erhöht hat. Die zusätzlichen Einkommen können wiederum in inländische Produkte aber auch in die für Österreich aufgrund seiner geringen Größe wichtigen Importe investiert werden. Die begrenzten Ressourcen machen es notwendig, viele Produkte, wie Mobiltelefone, Autos und vieles mehr, zuzukaufen. Die Professoren Harald Badinger, Jesus Crespo Cuaresma und Harald Oberhofer vom Department Volkswirtschaft der WU sind sich einig, dass der Freihandel aus ökonomischer Sicht viele positive Effekte mit sich bringt und warnen vor zu viel Protektionismus für nicht-wettbewerbsfähige Branchen.

KonsumentInnen profitieren am meisten

Gerade für KonsumentInnen ergeben sich durch den freien Handel viele Vorteile: Mehr Wahlmöglichkeit in den Geschäften und günstigere Preise durch steigenden Wettbewerb. „Entscheidend ist, dass KonsumentInnen die Wahl haben: Eine ausgeprägte Kennzeichnungspflicht, muss sicherstellen, dass Menschen nur jene Produkte kaufen, die sie auch wirklich wollen und die ihren Vorstellungen entsprechen. Selbst ohne Regulierung kann es zu niedrigeren Standards nur dann kommen, wenn diese auch nachgefragt werden“, so die WU-Professoren.

Wettbewerbsfähigkeit entscheidend

Halten Unternehmen dem Druck des Freihandels nicht stand, liegt dies meist an ihrer mangelnden Konkurrenzfähigkeit. Crespo Cuaresma, Badinger und Oberhofer identifizieren dabei auch nicht generell die Marktöffnung, sondern die fehlende Wettbewerbsfähigkeit als Ursache. „Natürlich können nicht wettbewerbsfähige Branchen seitens der Politik geschützt und so eine Zeit lang am Leben erhalten werden – wie es aktuell auch in den USA versucht wird. Langfristig wird diese Abschottung von den Märkten Innovationen und Effizienzsteigerungen hemmen, die Folge sind zu hohe Preise für die KonsumentInnen. Auch werden hierdurch die Arbeitsplätze in diesen Sektoren langfristig nicht gesichert“, so die Ökonomen.

Weltweite Armut gesunken

Nicht bestätigen können die WU-Wissenschaftler das Argument, dass die ärmeren Volkswirtschaften auf der Welt durch Freihandel ausgenützt werden und jedenfalls verlieren. Der direkte Zusammenhang zwischen internationalem Handel und pro-Kopf Einkommen macht deutlich, warum das weltweite Handelswachstum zur Reduktion der weltweiten (absoluten) Armut in den letzten Jahrzehnten beigetragen hat. Aktuellen Berechnungen zur Folge führt eine Ausdehnung des Handelsvolumens um einen Prozentpunkt gemessen an der Gesamtwertschöpfung zu einer durchschnittlichen Reduktion der absoluten Armut um 0,17 Prozentpunkte. Eine Senkung der Zollsätze um einen Prozentpunkt reduziert durchschnittlich den Anteil an Personen, die unterhalb der absoluten Armutsgrenze liegen um 0,4 Prozentpunkte.

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