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Kein Ende des Hungers? Neues Modell zur Überwachung der Ernährungsunsicherheit

02. September 2021

Knapp 33 Prozent der Weltbevölkerung sind von Ernährungsunsicherheit betroffen. Entgegen bisheriger Annahmen, die von einer Steigerung ausgegangen waren, legt eine neue Studie nahe, dass dieser Anteil bis 2030 um ca. 4 Prozentpunkte fallen wird. Auch dann werden noch etwa 2,5 Milliarden Menschen von Hunger betroffen sein. Eine interaktive Visualisierung der Daten ist unter worldhunger.io verfügbar.

In einer neuen Studie hat Jesús Crespo Cuaresma, Professor für Volkswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien, mit Kollegen der Harvard University, des World Data Lab und des International Institute for Applied Systems Analysis, ein statistisches Modell entwickelt, um die zukünftige weltweite Ernährungsunsicherheit zu prognostizieren.

Nach dem jüngsten Anstieg der Hungerindikatoren gehen aktuelle Schätzungen davon aus, dass zurzeit 32,6 Prozent der Weltbevölkerung von Ernährungsunsicherheit betroffen sind. Die Forscher prognostizieren, dass diese Zahl in den 2020er Jahren vor allem aufgrund des Wirtschaftswachstums in den Entwicklungsländern zurückgehen und bis 2030 28,4 Prozent erreichen wird.

Den Schätzungen der Studie zufolge entkommen derzeit 30 Personen pro Minute der Ernährungsunsicherheit, doch wird sich diese positive Entwicklung bis Mitte dieses Jahrzehnts abschwächen: Die Forscher gehen davon aus, dass die Zahl der Menschen, die der Ernährungsunsicherheit entkommen, kleiner werden wird.

Die erwartete künftige Entwicklung der Bevölkerung, die von mäßiger und schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen ist, weist zwischen den Ländern und subnationalen Regionen der Welt große Unterschiede auf. Während die Gesamtzahl der Menschen mit mäßiger und schwerer Ernährungsunsicherheit auf globaler Ebene zurückgehen dürfte, deuten die Prognosen auf einen Anstieg in Ländern mit niedrigerem Einkommen hin.

Neue Ergebnisse revidieren bisherige Annahmen

Diese neuen Ergebnisse stehen teilweise im Widerspruch zu den Vorhersagen internationaler Organisationen wie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), die eine Zunahme der Unterernährung vorhersagt. Die Methoden der neuen Studie hingegen prognostizieren für denselben Zeitraum einen Rückgang der schweren Ernährungsunsicherheit.

Die in der Studie vorgestellten Projektionen zeigen, dass die erwarteten Trends zwar Anlass zu Optimismus geben, die von Ernährungsunsicherheit betroffene Bevölkerung aber bis 2030 etwa 2,5 Milliarden Menschen umfassen wird und das Ziel, den Hunger weltweit zu beenden, somit nicht erreicht werden wird.

Neue Prognosemethode

Das Prognosemodell basiert auf klimatischen und sozioökonomischen Trends und nutzt Instrumente des maschinellen Lernens, um die Entwicklung der Ernährungsunsicherheit für Länder und Regionen bis zum Jahr 2030 zu vorherzusagen.

Die in der Studie durchgeführte statistische Analyse zeigt, dass Trends bei den Armutsquoten, dem Pro-Kopf-Einkommen, den Raten der Unterversorgung und den Indikatoren für Einkommensungleichheit genutzt werden können, um präzise und zuverlässige Vorhersagen über die zukünftige Ernährungsunsicherheit zu erstellen.

Zur Studie

Matthew Cooper, Benjamin Müller, Carlo Cafiero, Juan Carlos Laso Bayas, Jesús Crespo Cuaresma, Homi Kharas: “Monitoring and projecting global hunger: Are we on track?”, abrufbar unter https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S2211912421000766

Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Global Food Security veröffentlicht.

Pressekontakt:
Alexander Vieß
Forschungskommunikation
Wirtschaftsuniversität Wien
Tel: + 43-1-31336-5478
E-Mail: alexander.viess@wu.ac.at

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