Zwei Studierende stehen vor dem D4 und reden miteinander

Neue Modelle verbessern Bewertung von Kreditwürdigkeit

05. Dezember 2019

Onlinebewertungen finden sich heute nahezu überall, besonders im Tourismus und in der Gastronomie wird gerne verglichen. Auch im Finanzsektor ist dies längst nicht unbekannt, Bonitätsbewertungen sind für Kreditvergabe uvm. unumgänglich. Doch der Dschungel an unterschiedlichen Bewertungsschemata ist dicht. WU Professor Kurt Hornik, Leiter des Instituts für Statistik und Mathematik, erforscht, wie sich viele unterschiedliche Bewertungen konsensual zu einem Ergebnis zusammenfügen lassen. Ein aus dieser Forschung heraus entwickeltes Modell liefert seit Jahren die Grundlage für eine der zentralen geldpolitischen Maßnahmen im Eurosystem.

Die statistische Modellierung von Präferenzen, die auf einer Ordinalskala gemessen werden, stellt die Wissenschaft immer wieder vor Herausforderungen. „Der Einfachheit halber denke man an die Ratings, die man auf Plattformen wie tripadvisor für ‚Objekte‘ wie Hotels oder Restaurants bekommt. Wir bewerten, ob wir ein Hotel gut oder schlecht finden“, erklärt WU Professor Kurt Hornik, „Solche Bewertungen finden wir auch im Bankenwesen, wo sie besonders relevant sind.“ Hornik untersucht in seiner wissenschaftlichen Arbeit, wie sich unterschiedliche Bewertungen und Bewertungsschemata zu einem „Consensual Rating“ zusammenfassen lassen. „Außerdem interessiert uns gerade beim Bankenbereich auch, wie durch bestehende Bewertungen zukünftige Ratings prognostiziert werden können“. Gerade für große Banken ist es wichtig, die Kreditwürdigkeit von Firmen gut modellieren zu können. Dafür können einerseits die vorhandenen Informationen über Ausfälle, wo SchuldnerInnen ihren Kreditverpflichtungen nicht mehr vollständig nachkommen konnten, herangezogen werden. Andererseits gibt es für manche Firmen auch schon Ratings, zum Beispiel von den drei großen Ratingagenturen, die Ordinalskalen mit Stufen wie 'AAA' oder 'B" verwenden. Kurt Hornik und seine Kollegen widmeten sich der Frage, ob man durch Kombination dieser Informationen noch bessere Modelle für die Kreditwürdigkeit bauen kann.

Kreditwürdigkeit besser bewertbar

Die Herausforderung in ihrer wissenschaftlichen Arbeit bestand darin, die Modelle an vorhandene Daten zu kalibrieren, das heißt die Parameter der Modelle so zu wählen, dass diese (möglichst) gut zu den Daten passen. Hierfür erwies sich die sogenannte "Composite Likelihood" Methode als sehr erfolgreich. „Das ist ein Trick, bei dem man sich nicht die komplette Wahrscheinlichkeit zusammenhängender Beobachtungen anschaut, sondern nur die Teilmengen davon. In unserem Fall reicht es, einzelne Beobachtungen und Paare davon zu verwenden“, erklärt Hornik. Der Wissenschaftler konzipierte gemeinsam mit seinen Kollegen daher eine sehr flexible Modellklasse. Die neuen Modelle ermöglichen heute eine bessere Bewertung der Kreditwürdigkeit von Firmen. 

Modell unterstützt bei einem der größten Kreditportfolios der Welt

Eine Variante dieser Modelle entwickelte Hornik gemeinsam mit Kollegen der Oesterreichischen Nationalbank. Sie liefert mittlerweile die Grundlage für eine der zentralen geldpolitischen Maßnahmen im Eurosystem: Das Bereitstellen von frisches Kapital für die Banken, wobei hinreichend hochwertige Kredite der Banken an Firmen als Sicherheit dienen. „Diese Maßnahmen bilden eines der größten Kreditportfolien auf der Welt, für dessen erfolgreiches Management unsere Methoden einen wesentlichen Beitrag liefern“, so Hornik.

Als Mitentwickler der weltweit renommierten Programmiersprache R stellt Kurt Hornik die neuen Modelle als Open Source Software zur Verfügung, sodass sie effizient kalibriert und kostenlos verwendet werden können. Nicht nur Bankenratings, sondern auch andere ordinal-skalierten Bewertungen können damit zusammengeführt werden.


 

Über Kurt Hornik

Kurt Hornik studierte Technische Mathematik an der Technischen Universität Wien und promovierte 1987. Ab 1988 war er erst als Assistenzprofessor sowie ab 1990 als assoziierter Professor an der TU tätig. 2004 folgte Hornik dem Ruf an die WU und übernahm die Professur für Statistik und Mathematik. Zudem leitet der Wissenschaftler seither das gleichnamige Institut sowie das Forschungsinstitut für Rechenintensive Methoden. In seiner Forschung widmet sich der gebürtige Wiener insbesondere der Statistischen Datenverarbeitung, Statistical Learning und Machine Learning sowie Quantitativem Risikomanagement. Eine seiner wissenschaftlichen Spitzenleistungen ist unter anderem die Mitentwicklung der weltweit bekanntesten und modernsten Programmiersprache R, für die mittlerweile über 15.000 Erweiterungspakete zur Verfügung stehen. Der zentrale Server von R steht bis heute an der WU. Der Mathematiker publiziert in international renommierten Journalen wie dem Journal of Statistical Software, dem Journal of Computational and Graphical Statistics sowie Annals of Applied Statistics. Für seine herausragenden Forschungsleistungen erhielt Kurt Hornik bereits 2007 das Goldene Verdienstzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

Pressekontakt:
Mag. Anna Maria Schwendinger
PR-Referentin
Tel: + 43-1-31336-5478
E-Mail: anna.schwendinger@wu.ac.at

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