Wie verändert sich der Arbeitsmarkt nach der Corona Krise?

31. März 2020

Antwort von Thomas Grandner, Leiter des Instituts für Arbeitsmarktheorie und -politik.

Jürgen J.: Wie verändert sich der Arbeitsmarkt nach der Corona Krise?

Antwort von Thomas Grandner, Leiter des Instituts für Arbeitsmarkttheorie und -politik

Antworten auf diese Frage sind, so wie viele Prognosen in diesen Zeiten, sehr spekulativ.
Die enorme Erhöhung der Arbeitslosenzahl in den letzten Wochen ist selbstverständlich alarmierend. Wie sich die Situation weiterentwickeln wird, hängt von vielen Faktoren ab. Wichtig wird sein, wie schnell die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zurückgenommen werden können? Dabei ist nicht nur entscheiden, was in Österreich passiert, sondern auch die Entwicklungen im Ausland müssen berücksichtigt werden. Immerhin exportieren und importieren wir in normalen Zeiten Waren und Dienstleistungen im Wert der halben gesamten österreichischen Produktion von Endprodukten.

Unter der Annahme, dass sich die Situation relativ rasch entspannt, würde ich davon ausgehen, dass sich auch der Arbeitsmarkt relativ rasch erholt. Noch sind die Betriebsanlagen voll einsatzfähig und aus meiner Sicht steht in diesem Fall eine rasche Zunahme der Beschäftigung nichts im Weg. Wenn es doch länger dauert, ergeben sich vermutlich einige Probleme. So könnte es sein, dass im Fall von Betriebsübernahmen weniger Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die bisher in diesen Betrieben gearbeitet haben, dort wieder beschäftigt werden, als wenn die Eigentümer gleich bleiben. Ich denke das ist insbesondere im Bereich der Klein- und Mittelbetriebe wichtig. Auch wissen wir nicht, wie sich die Branchenstruktur auch auf Grund der Pandemie verändern wird. Unter Umständen wird sich die Struktur der Nachfrage verändern. Das kann zu struktureller Arbeitslosigkeit führen und unter Umständen ein mittel- bis längerfristiges Problem darstellen.

Über die Gesamtzahlen lässt sich also nur spekulieren. Im langfristigen Trend sehen wir, dass eine Reduktion des Wirtschaftswachstums von 1% pro Jahr etwa zu einer Erhöhung der durchschnittlichen Arbeitslosenrate von 0.1 bis 0.2 Prozentpunkte führt. Das ist ein Durchschnitt über viele Jahre, wobei die meisten Jahre "normale" Jahre sind.

Aus einer Veränderung der Arbeitslosenrate kann man auch nicht direkt auf die Zahl der Arbeitslosen schließen. So verlassen oft Personen in Zeiten höherer Arbeitslosigkeit den Arbeitsmarkt, zB. durch vorzeitigen Pensionierung. D.h. die Zahl, der am Arbeitsmarkt aktiven Personen, sinkt. Ebenso könnte es aber sein, dass diese Zahl steigt, weil etwa Personen, die bisher nicht am Arbeitsmarkt aktiv waren, mit der Suche nach einem Job beginnen, um etwa den Verdienstausfall der berufstätigen Person auszugleichen. Wie stark solche Effekte auftreten werden, hängt wieder von der Dauer der Krise ab und davon, ob die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, wie etwa die Kurzarbeit, greifen und/oder länger wirksam bleiben.

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