Vereins- und Steuerrecht
Inhalt dieses Kapitels
- Höhne, In der Maur & Partner | Anträge zu Tagesordnungspunkten …
- Schmelz Rechtsanwälte | Die richtigen Statuten für Multi-Stakeholder Vereine
Höhne, In der Maur & Partner | Anträge zu Tagesordnungspunkten …
Von Thomas Höhne
Das haben wir doch x-mal schon in Vereinsstatuten gelesen: „Anträge zu Tagesordnungspunkten können bis eine Woche vor der Generalversammlung beim Vorstand eingereicht werden.“ Aber was heißt das eigentlich? Das lässt doch offen, ob nur Anträge zu bereits vom Vorstand in der Einladung zur Generalversammlung bekanntgegebenen Tagesordnungspunkten gemeint sind – oder ob auch ganz neue Tagesordnungspunkte verlangt werden können. Sehr zu empfehlen ist, dass die Statuten hier Klarheit schaffen.
Aber wie bekommt man nun, wenn man nicht gerade das zweifelhafte Glück hat, im Vorstand (und dort auch noch auf der Seite der Mehrheit) zu sitzen, einen neuen Punkt in die Tagesordnung?
Klar, wenn die Generalversammlung deswegen stattfindet, weil sie von der gesetzlich vorgesehenen Minderheit von 10 % der Mitglieder gefordert wurde, dann haben diese Mitglieder wahrscheinlich auch gleich eine Tagesordnung mitgeliefert. Aber wie ist das eigentlich, wenn die Generalversammlung ganz normal vom Vorstand angesetzt wurde – könnte man dann nicht mit einem Größenschluss argumentieren? Also: Wenn eine Minderheit sogar eine ganze Generalversammlung fordern kann, dann kann sie doch erst recht das Geringere, also eine bloße Ergänzung einer schon bestehenden Tagesordnung fordern. Und nicht nur fordern – der Vorstand muss die Tagesordnung in diesem Sinn ergänzen. Das ist nicht nur logisch, sondern dieser Logik ist beispielsweise kürzlich erst das OLG Wien gefolgt.
Kann auch ein einzelnes Mitglied einen Tagesordnungspunkt fordern? Das ist eine offene Frage, auch wenn man aus dem Recht von Mitgliedern, Anträge in der Generalversammlung stellen zu können, schließen könnte, dass jedes Mitglied auch einen Tagesordnungspunkt verlangen kann. Nur: In der Generalversammlung wird es für die gerade stattfindende Versammlung zu spät sein (Tagesordnungspunkte müssen ja mit der Einladung angekündigt werden), das kann sich nur auf die nächste Versammlung beziehen, und die aktuelle Versammlung kann einen Beschluss darüber fassen, dass in der nächsten Versammlung dieser Punkt zu behandeln sein wird.
Idealerweise wird man die Einladung zur Mitgliederversammlung in zwei Phasen teilen:
Der Vorstand sendet zunächst die von ihm für sinnvoll gehaltenen Tagesordnungspunkte mit der Einladung zur Versammlung aus und gibt eine Frist vor, innerhalb der weitere Tagesordnungspunkte verlangt werden können (und auch schon Anträge zu bestehenden Tagesordnungspunkten bestellt werden können)
Im nächsten Schritt sendet der Vorstand nach Ablauf dieser vorgegebenen Frist eine allenfalls ergänzte Tagesordnung aus.
Zu Beginn der Mitgliederversammlung beschließen die Teilnehmer auf Basis dieses Vorschlags die Tagesordnung – wobei sie natürlich auch einzelne Punkte wieder rausschießen können.
Und damit das auch genau so funktioniert, sollte man das entsprechend in den Statuten vorsehen, etwa so:
Zusätzliche Tagesordnungspunkte zur Mitgliederversammlung können nur von stimmberechtigten Mitgliedern bis längstens drei Wochen vor der Mitgliederversammlung (Einlangen) beim Vorstand schriftlich eingereicht werden. Sofern zusätzliche Tagesordnungspunkte fristgerecht beantragt wurden, hat der Vorstand bis spätestens zwei Wochen vor der Mitgliederversammlung allen Vereinsmitgliedern eine endgültige (vorgeschlagene) Tagesordnung zu schicken.
Schmelz Rechtsanwälte | Die richtigen Statuten für Multi-Stakeholder Vereine
So gelingt das erfolgreiche Management von verschiedenen Interessensgruppen im Verein
1. Was sind Multi-Stakeholder Vereine?
Unter Stakeholdern werden grundsätzlich Personen oder Personengruppen verstanden, die an einem bestimmten Projekt oder einer bestimmten Organisation ein Interesse besitzen und darauf Einfluss haben bzw. davon selbst beeinflusst werden. Auch wenn diese multiplen Interessensgruppen ein gemeinsames Ziel vereint, so haben sie doch meist unterschiedliche Ideen, Erwartungen und Vorstellungen, die es unter einem Dach zu vereinen gilt. Diese verschiedenen Stakeholder gibt es nicht nur bei klassischen Unternehmen (Stichwort: Stakeholder-Ansatz) oder alternativen Formen des Wirtschaftens (Stichwort: Multi-Stakeholder Cooperatives), sondern genauso im Nonprofit-Bereich und damit auch bei Vereinen. Wenn man etwa an einen Sportverein denkt, gibt es einerseits die Spielerinnen und Spieler, das Trainerteam und sonstige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, andererseits die Fans. Ergänzt werden diese noch möglicherweise durch Sponsoren oder die örtliche Gemeinde, wo der Sportverein beheimatet ist. Multiple Interessengruppen bringen zwar Herausforderungen mit sich, bieten jedoch die Chance für ein erfolgreiches nachhaltiges Gelingen des jeweiligen Projekts.
2. Welche Anforderungen stellen sich an die Statuten?
Im Verein bilden die Statuten das Fundament für ein erfolgreiches Management der verschiedenen Stakeholder. Sie müssen so gestaltet sein, dass die jeweiligen Gruppen und ihre Interessen ausgewogen beteiligt werden sowie die entsprechende Rechte und Pflichten besitzen.
Zu Beginn stellt sich die Frage, welche Interessengruppen Mitglieder des Vereines werden sollen und welche Mitgliederkategorien für sie geschaffen werden. Das Vereinsgesetz bietet dafür ausreichend Freiraum. Es steht jedem Verein und seinen Mitgliedern frei, unterschiedliche Mitgliederkategorien zu schaffen. Diese müssen nicht der in der Praxis oft vorgefundenen Aufteilung in ordentliche, außerordentliche und Ehrenmitglieder entsprechen. Als nächstes gilt es, den jeweiligen Mitgliedergruppen für sie passende Rechte und Pflichten zu geben. Es ist etwa zu regeln, ob und in welcher Höhe sie einen Mitgliedsbeitrag zu leisten haben und wie sie in den Vereinsorganen (Vorstand, Mitgliederversammlung, mögliche Aufsichts- oder Beiräte) repräsentiert sind. Insbesondere gilt es zu klären, ob die jeweilige Mitgliedergruppe bzw. ihre Vertreter nur ein Teilnahme- und Rederecht oder auch ein Stimmrecht hat und welches Stimmgewicht ihr zukommt. Es ist auch denkbar, bestimmten Mitgliedergruppen für gewisse größere Entscheidungen ein Vetorecht einzuräumen. Nicht zuletzt sollten die Statuten auch entsprechende Regelungen für die Schlichtungseinrichtung vorsehen, um insbesondere mögliche Konflikte zwischen den Interessensgruppen bestmöglich ausgleichen zu können.
Welche Mitgliederkategorien es in den Statuten geben sollte und welche Rechte und Pflichten sie haben sollten, kann nicht pauschal gesagt werden und kommt auf den jeweiligen Verein und seine Mitglieder an. Als erste Annäherung kann sich jedoch an folgender Faustregel orientiert werden: Umso stärker die jeweiligen Stakeholder am Verein interessiert sind, umso stärker sollten sie involviert werden.
3. Fazit
In den allermeisten Vereinen gibt es verschiedenste Gruppen, deren teils unterschiedliche Interessen es unter einem Dach zu vereinen gilt, um den gemeinsamen Vereinszweck zu erreichen. Das Fundament für ein erfolgreiches Management dieser unterschiedlichen Interessensgruppen sind ausgeklügelte Statuten, die speziell für den Verein und seine Stakeholder zugeschnitten sind.
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