NPO-Institut (Verein)

Vereins- und Steuerrecht

Inhalt dieses Kapitels

Höhne, In der Maur & Partner | Abstimmungen in Vereinsorganen – und wenn man selbst betroffen ist?

Für sämtliche Vereinsorgane gilt, dass ein Organmitglied in eigener Sache kein Stimmrecht hat. (Und das heißt genaugenommen, dass der Betreffende sich nicht einmal der Stimme zu enthalten hat – er hat in diesem Fall ja nicht einmal eine, derer er sich enthalten könnte.) Wer von einem Abstimmungsergebnis unmittelbar betroffen ist, hat schlicht und einfach kein Stimmrecht.

Auch im Recht der GmbH (§ 39 Abs 4 GmbHG) ist vorgesehen, dass der Gesellschafter, der durch die Beschlussfassung von einer Verpflichtung befreit oder dem ein Vorteil zugewendet werden soll, sowohl im eigenen als auch im fremden Namen kein Stimmrecht hat.

Das VereinsG kennt keine derartige Regelung, grundsätzlich liegt daher eine analoge Anwendung nahe. Diese wird aber nur bei individueller Betroffenheit eines Mitglieds zum Tragen kommen. Wo es um kollektive Betroffenheit aller Mitglieder oder ganzer Mitgliedergruppen geht, kann dies nicht gelten – denn wörtlich genommen, sind etwa auch dann, wenn die Mitgliederversammlung über die Festlegung des Mitgliedsbeitrags abstimmt, die Mitglieder davon betroffen und wären folglich vom Stimmrecht ausgeschlossen, was absurd wäre. Auch der Gedanke, dass dieses Stimmverbot abstrakt und von einer potenziellen Gefährdung unabhängig ist, wird aus dem Gesellschaftsrecht zu übernehmen sein. Eine trotz Stimmrechtsausschluss abgegebene Stimme ist nichtig, wird also nicht gezählt. Wurde sie dennoch gezählt und macht dies für das Zustandekommen des Beschlusses einen Unterschied, so ist der Beschluss anfechtbar.

Aber was heißt das eigentlich, „in eigener Sache“,von einem Abstimmungsergebnis unmittelbar betroffen,“? Ein Beispiel: Ein Verein will sein Büro neu einrichten, ein Vorstandsmitglied handelt mit Büroeinrichtung. Da sein Unternehmen als eines der möglichen Anbieter zur Debatte steht, ist dieses Vorstandsmitglied natürlich von der Abstimmung ausgeschlossen. (Und was heißt „sein Unternehmen“? Er muss nicht Alleineigentümer sein, eine wesentliche Beteiligung wird ausreichen, ebenso, wenn er nur Geschäftsführer ist.) Wenn sein Unternehmen gar nicht im Rennen ist, könnte seine Teilnahme an der Abstimmung dennoch heikel sein, beschließt er dann doch mit, welchem seiner Mitbewerber der Vorzug zu geben ist. Da wird es eine Frage des persönlichen Fingerspitzengefühls sein, sich vielleicht aus der Abstimmung herauszuhalten.

Ganz einfach ist die Sache, wenn es um die Entlastung oder Honorierung eines Vorstandsmitglieds geht - da liegt die unmittelbare Betroffenheit ja auf der Hand.

Vorsicht ist allerdings geboten, wenn der Verein dem Vergaberecht unterliegt. Nach § 20 BundesvergabeG (BVergG) sind Vergabeverfahren unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz etc. durchzuführen. Der Auftraggeber hat geeignete Maßnahmen zur wirksamen Verhinderung, Aufdeckung und Behebung von sich bei der Durchführung von Vergabeverfahren ergebenden Interessenkonflikten zu treffen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und eine Gleichbehandlung aller Unternehmer zu gewährleisten (§ 26). Ein Interessenkonflikt liegt jedenfalls dann vor, wenn Mitarbeiter eines Auftraggebers, die Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens nehmen können, direkt oder indirekt ein finanzielles, wirtschaftliches oder sonstiges persönliches Interesse haben, das ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte. In solchen Fällen (als Auftraggeber) also lieber übersensibel sein, um das Vergabeverfahren (etwa durch spätere Anfechtungen) nicht zu gefährden!
 
Achtung:
Ein vom Stimmrechtsausschluss betroffenes Organmitglied kann sich in einem Fall der persönlichen Betroffenheit nicht vertreten lassen, kann aber auch selbst kein anderes Mitglied vertreten (da die Sorge besteht, dass das eigene Interesse bei Wahrnehmung der fremden Stimme durchschlagen könnte).

 
Sofern die Statuten nichts anderes vorsehen, schließt dies grundsätzlich nicht aus, dass das betreffende Mitglied bei diesem Thema aber sehr wohl mitreden darf. Auch hier ist Fingerspitzengefühl gefragt, und natürlich kann das Gremium beschließen, die betreffende Person an der Diskussion nicht teilnehmen zu lassen.

Der Stimmrechtsausschluss bezieht sich nicht nur auf das betroffene Mitglied, sondern selbstverständlich auch auf jeden, der von diesem Mitglied, etwa als Vertreter oder Treuhänder, seine Stimmberechtigung ableitet.

Mag das Mitglied eines Vereinsorgans auch von einer Abstimmung ausgeschlossen sein – anwesend ist es dennoch, ein allfälliges Stimmverbot beeinträchtigt die Beschlussfähigkeit nicht, das vom Stimmverbot betroffene Mitglied ist einem statutarisch geforderten Präsensquorum jedenfalls hinzuzuzählen. Nur Stimme hat er/sie eben keine.

Über den Autor
Dr. Thomas Höhne Bild

© Oliver Bader

Dr. Thomas Höhne studierte Rechts-, Handels-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften in Wien und ist geschäftsführender Gesellschafter der Kanzlei Höhne, In der Maur & Partner.

Dr. Höhne ist seit 1984 als Rechtsanwalt tätig und zählt zu den führenden Experten für Informations-, Medien- und Vereinsrecht in Österreich. Er ist Mitbegründer des Universitätslehrgangs Informationsrecht und Medienrecht an der Universität Wien und engagiert sich in zahlreichen Vorstands- und Beiratsfunktionen, unter anderem im Architekturzentrum Wien und im Wiener Forum für Demokratie und Menschenrechte.
 
Seine Tätigkeit umfasst zudem umfangreiche Publikationen und Vorträge zu Medien-, Vereins- und Wettbewerbsrecht. Für seine herausragende Expertise wurde Dr. Höhne vielfach ausgezeichnet, darunter als „Leading Lawyer“, „Copyright Star“ und scheint regelmäßig in Top-Rankings für Medienrecht auf.

Schmelz Rechtsanwälte OG | Die Haftung der Vorstandsmitglieder eines Vereins

1. Einführung

Im Verein herrscht das sogenannte Trennungsprinzip. Das bedeutet, dass an sich der Verein selbst mit dem Vereinsvermögen für seine Verbindlichkeiten haftet. Dementsprechend haften die Vorstandsmitglieder (genauso wie andere Funktionäre oder Vereinsmitglieder) grundsätzlich nicht mit ihrem Privatvermögen für den Verein. In gewissen Ausnahmefällen kann es jedoch zu einer persönlichen Haftung kommen. Dabei ist die Haftung gegen über dem Verein selbst (sogenannte Innenhaftung) und die Haftung gegenüber Dritten (sogenannte Außenhaftung) zu unterscheiden.
 
 
2. Die Haftung gegenüber dem Verein (Innenhaftung)

Für die Innenhaftung findet sich die maßgebliche gesetzliche Regelung in § 24 Vereinsgesetz. Nach dieser haftet ein Vorstandsmitglied gegenüber dem Verein für einen entstandenen Schaden, wenn es unterMissachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organwalters seine gesetzlichen oder statutarischen Pflichten oder rechtmäßige Beschlüsse eines zuständigen Vereinsorgans verletzt.

Die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organwalters ist einzelfallbezogen in Abhängigkeit vom konkreten Verein zu beurteilen. Zu berücksichtigen sind etwa die Größe und die Art der ausgeübten Tätigkeit; für den Vorstand eines Automobilclubs mit 2,6 Millionen Mitgliedern gilt also ein anderer Sorgfaltsmaßstab als für den lokalen Tennisclub der Gemeinde Gramais. Zum besseren Verständnis der gebührenden Sorgfalt bietet die sogenannte „Bussiness Judgement Rule“ eine gewisse Orientierungshilfe. Der vorgenannten Regel zufolge handelt ein Geschäftsführer im Einklang mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes, wenn er sich bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Information ex ante betrachtet annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Wichtig ist also:

  • Zuerst adäquate Informationen einholen, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können; keine Entscheidung im Blindflug.

  • Danach abwägen, ob auf Basis der sorgsam eingeholten Informationen von vornherein betrachtet eine Entscheidung voraussichtlich zum Vorteil des Vereins gereicht.

  • Dabei keinesfalls von sachfremden Interessen leiten lassen, etwa von persönlichen Vorteilen, die eine Entscheidung für das Vorstandsmitglied mit sich bringt.

Das Vereinsgesetz nennt eine Reihe von Fällen, in denen ein Vorstandsmitglied insbesondere haftet. Dazu zählen unter anderem die zweckwidrige Verwendung des Vereinsvermögen; die Durchführung eines Vereinsvorhaben ohne ausreichende finanzielle Sicherung; die Missachtung der Verpflichtungen betreffend das Finanz- und Rechnungswesen; oder die nicht rechtzeitige Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vereinsvermögen.

Ein Vorstandsmitglied haftet jedenfalls nicht, wenn die Handlung auf einem ordnungsgemäßen Beschluss eines zur Entscheidung statutengemäß zuständigen Vereinsorgans beruht (etwa einem Beschluss der Mitgliederversammlung), es sei denn, das Vorstandsmitglied hat das Vereinsorgan in die Irre geführt.
 
 
3. Die Haftung gegenüber Dritten (Außenhaftung)

In bestimmten Fällen können Vorstandsmitglieder auch gegenüber Dritten (z.B. Behörden oder Vertragspartner des Vereines) haften. Zu einer solchen Haftung kann es nur auf Grund einer persönlichen vertraglichen Verpflichtung oder aufgrund einer besonderen gesetzlichen Vorschrift kommen.

Eine persönliche vertragliche Verpflichtung wäre etwa der Beitritt eines Vorstandsmitgliedes als Bürge in einem Kreditvertrages des Vereines. Beispiele für eine Haftung auf Grund von besonderen gesetzlichen Vorschriften gibt es insbesondere bei der Insolvenz des Vereines oder für Fälle direkter Schädigungen wie Körperverletzungen oder Sachbeschädigungen. Ebenso ist an die Haftung für Steuerschulden, Sozialversicherungsbeiträge, oder Verwaltungsübertretungen zu denken, wobei in diesen Fällen nicht alle Vorstandsmitglieder haften, sondern nur die, welche dazu berechtigt sind, den Verein nach außen zu vertreten.

Die in der Praxis häufigsten Fälle einer Außenhaftung des Vereinsvorstands betreffen – wie auch bei Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften – solche in Zusammenhang mit der Insolvenz eines Vereins, zumal es hier zu einer kritischen Nachprüfung der Gestion des bisherigen Leitungsorgans durch einen Masseverwalter kommen kann. Daher gilt bei jeder Gesellschaftsform die heiße Empfehlung, ehest baldig steuerlichen und anwaltlichen Rat einzuholen, sollte das Damoklesschwert einer Insolvenz über dem Kopf eines Vereinsvorstands pendeln.
 
 
4. Haftungsprivileg für unentgeltlich tätige Vorstandsmitglieder

Vorstandsmitglieder, die im Verein unentgeltlich tätig sind, kommt eine beschränkte Haftung zugute. Sie haften nämlich gegenüber dem Verein nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Dementsprechend trifft sie bei leichter Fahrlässigkeit keine Haftung. Leicht fahrlässig ist eine Handlung, wenn sie auch einem sorgfältigen Menschen gelegentlich passieren kann.

Ebenso kann bei leichter Fahrlässigkeit ein unentgeltlich tätiges Vorstandsmitglied vom Verein die Übernahme der Haftung verlangen, wenn es gegenüber Dritten zum Ersatz eines in Wahrnehmung seiner Pflichten verursachten Schadens verpflichtet wurde. Das Vorstandsmitglied muss hierfür allerdings dem Verein den sogenannten „Streit verkünden“. Hierbei handelt es sich um eine förmliche über das Gericht vorgenommene Mitteilung gegenüber dem Verein, dass zwischen dem Vorstandsmitglied und einem Dritten ein Prozess anhängig ist oder bevorsteht. Unterlässt das Vorstandsmitglied dies, kann es zu einer Schmälerung bis hin zu einem gänzlichen Entfall des Übernahmeanspruches kommen.

Beide Regelungen der Haftungsbeschränkung kommen nur zur Anwendung, solange mit dem Vorstandsmitglied selbst oder in den Statuten nichts anderen vereinbart wurde.
 
 
5. Fazit

Die Vorstandsmitglieder eines Vereines trifft grundsätzliche keine persönliche Haftung dem Verein oder seinen Gläubigern gegenüber. Hiervon bestehen Ausnahmen im Einzelfall: Gegenüber dem Verein können die Vorstandsmitglieder bei einer sorgfaltswidrigen Verletzung von gesetzlichen und statutarischen Pflichten oder ordnungsgemäßen Beschlüssen haften. Ebenso kann es in gewissen Fällen zu einer Haftung gegenüber Dritten kommen. Unentgeltlich tätigen Vorstandsmitgliedern kommt hierbei eine Haftungsbeschränkung zugute.
 
Mehr Informationen zum österreichischen Vereinsrecht finden sie auf unserer Website.
 
 

Über den Autor

Mag. Dorian Schmelz ist Rechtsanwalt mit der Spezialisierung auf Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, IT-Recht, Mietrecht sowie Prozess- und Verhandlungsführung.

Nach siebenjähriger Tätigkeit in einer der führenden österreichischen Wirtschaftskanzleien und rund dreijähriger Praxis in einer mittelständischen Wiener Kanzlei machte sich Dorian Schmelz Beginn des Jahres 2015 selbstständig und ist seither Partner der Schmelz Rechtsanwälte OG. Diese verfolgt den Ansatz, rechtliches und wirtschaftliches Wissen zu bündeln und Unternehmern Lösungen aus einer Hand zu bieten: Pragmatisch, ökonomisch und gerade auch aus dem Blickwinkel eines Unternehmers.

In seiner Freizeit widmet sich Dorian Schmelz seinem Sohn, liest gerne, hört viel Musik, sieht spätabends Arthouse-Filme und lernt mit Vorliebe fremde Städte, Kulturen und Küchen kennen.