BFG-Verwaltungspraktikum

Vanessa Aichstill, LL.B. (WU) und Melina Still, LL.B. (WU)
Erfahrungsberichte
Erfahrungsbericht Jakob Popper, LL.B. (WU)
Dank der Kooperation zwischen dem Institut für Österreichisches und Internationales Steuerrecht und dem Bundesfinanzgericht, welche es Studenten jedes Jahr ermöglicht neben dem Studium auch Praxisluft zu schnuppern, hatte ich das große Privileg im August 2021 für einen Monat Teil der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu sein. Mein Weg führte mich dabei in die Hintere Zollamtstraße in die Hallen des BFG.
Nach einem herzlichen Willkommen und einer Tour durch die Räumlichkeiten wurde ich meiner erfahrenen und herzlichen Richterin zugeteilt, die mich fortan unter ihre Fittiche nahm und mich die gesamte Zeit über gut betreute. Auch ein Büro, das keine Wünsche offenließ, durfte ich beziehen. Sodann ging es an die Arbeit. Da meine Richterin eine Koryphäe auf dem Fachgebiet Gebührenrecht war, welches im Studium in seiner Breite nur marginal behandelt wird, bekam ich zunächst eine ausführliche Einschulung in die Materie, um mich in der folgenden, materiell rechtlichen Tätigkeit besser zurechtzufinden. Dadurch bekam ich die Möglichkeit eine für mich völlig neue und spannende Facette des Steuerrechts kennenzulernen und mein juristisches Wissen zu vertiefen.
Gewappnet mit den neu erworbenen Kenntnissen stand dann der Arbeit an diversen Akten bis hin zum selbstständigen Verfassen eines Entscheidungsentwurfs nichts mehr im Wege. Dabei durfte ich mich zunächst im Rahmen einer Entscheidung über Glücksspielabgaben mit der Europarechts- und Verfassungskonformität des österreichischen Glücksspielmonopols beschäftigen. Dies führte mir vor Augen wie verwoben und verknüpft das Steuerrecht mit anderen Rechtsgebieten ist und welche weitreichenden Konsequenzen eine vermeintlich einfache Entscheidung nach sich ziehen kann. Ähnlich ging es mir bei meinem nächsten Akt, der sich um die Bestandsvertragsgebühr drehte und einen engen Bezug zum Zivilrecht aufwies. Das absolute „Highlight“ meines Praktikums drehte sich dann aber um das Thema GrESt. Hier war es mir möglich nach eingehendem und gründlichem Studium des Aktes selbstständig einen Entscheidungsentwurf zum Thema der aufschiebend bedingten Gegenleistung zu verfassen. Dabei bekam ich die volle Wechselwirkung zwischen dem Steuerrecht und dem bürgerlichen Recht zu spüren.
Trotz der Tatsache, dass es im August als klassischem Urlaubsmonat auch bei Gericht ruhiger zuging, hatte ich dennoch die Möglichkeit den Arbeitsalltag mit dem Beiwohnen von Verhandlungen noch einmal spannender zu gestalten. Dabei überraschte mich vor allem die Emotionalität, mit der die Verfahren geführt wurden und beeindruckte mich die Souveränität und Gelassenheit mit der die Richter*innen diese Situationen zu regeln wussten.
Mein Praktikum bot mir also die Möglichkeit ein für mich bis dato unbekanntes Rechtsgebiet kennenzulernen, dieses auch gleich auf praktische Fälle anzuwenden und einen kleinen Einblick in die überaus spannende und verantwortungsvolle Tätigkeit unserer Richter*innen zu erlangen. Dabei hatte ich die Chance selbstständig und verantwortungsbewusst zu arbeiten sowie zu Lernen mich in einen Akt oder eine juristische Problemstellung vertieft einzuarbeiten und am Ende eine fundierte Entscheidung zu treffen. Diese Erfahrungen zu machen kann ich nur allen Kolleg*innen ans Herz legen.
Erfahrungsbericht von Vanessa Aichstill, LL.B. (WU) und Melina Still, LL.B. (WU)
Im September 2020 führte uns die Praktikumsstelle des Instituts für Österreichisches und Internationales Steuerrecht in die Hintere Zollstraße zum Bundesfinanzgericht. Dort verbrachten wir einen Monat im imposanten Gebäude des Bundesministeriums für Finanzen.
Unsere Erwartungen waren klar: Das Leben einer Richterin sollte erkundet und als zukünftiger Berufswunsch abgewogen werden. Jede erhielt ihr eigenes Büro und wurde einer erfahrenen Richterin zugeteilt. Nach einigen Vorträgen zu den Kammern Gebühren, Zoll und Finanzstrafrecht konnte sich jede von uns in ihren Tätigkeitsbereich stürzen. Dabei verfassten wir sogar die ersten eigenen Entscheidungen und konnten das Richterinnendasein hautnah testen. Für Abwechslung sorgten auch zahlreiche Verhandlungen, bei denen wir im großen Quantschnigg-Saal teilnehmen konnten. Angefangen von einfachen Parkometerfällen bis hin zu finanzstrafrechtliche Belangen großer Unternehmen beobachteten wir hitzige Befragungen und schlussendlich interessante Entscheidungen.
Melina kann sich nach diesem Praktikum wohl offiziell als „Gebührenexpertin“ bezeichnen. In den ersten zwei Wochen standen tägliche Besprechungen und Vorträge zu wirklich jeder Art von Gebühren mit ihrer betreuenden Richterin am Programm. Die Begeisterung der Richterin für dieses Thema war mehr als ansteckend. Nie hätte frau geahnt, welche interessanten rechtlichen Fragestellungen sich in diesem Bereich ergeben können. Melina beschäftigte sich in ihren Entscheidungen unter anderem intensiver mit der Bemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer und der Qualifikation einer Vereinsobfrau als offene Stellvertreterin bei Eingaben iSd Gebührengesetzes.
Vanessa hingegen fokussierte sich auf die Einkommenssteuer. Ihre Richterin nahm sich dabei den verschiedensten ArbeitnehmerInnenveranlagungen an. Dabei konnte sie sich tiefergehend mit den Sachbezugswerten sowie Kinderabsetzbeträgen beschäftigen. Zuletzt wurde noch recherchiert, ob nun die Vergütungen von dritter Seite in die Veranlagung führen oder nicht. Die Erfahrung und Professionalität der betreuenden Richterin war beeindruckend und eine solche Expertise in steuerlichen Angelegenheiten zu erlangen, wirklich erstrebenswert.
Die Erfahrung bei Gericht gab uns die Möglichkeit, das gelernte Wissen der WU zu vertiefen und in echten Entscheidungen anzuwenden. Jeder Beweis kann das Ruder noch einmal herumreißen. Für die Zukunft wissen wir nun, wie das Leben am Gericht abläuft und nehmen wertvolle Erfahrungen sowie Kontakte für die spätere berufliche Laufbahn mit. Am spannendsten war es doch, sich in einen Fall tiefgehend einzuarbeiten und diesen unabhängig entscheiden zu dürfen – natürlich schlussendlich in Zusammenarbeit mit der Richterin. Es ist auf jeden Fall ein besonderes Gefühl, wenn die „erste eigene“ Entscheidung approbiert wird. Der Beruf der Richterin bringt aber auch große Verantwortung mit sich. Hinter jedem Beschwerdeführer/jeder Beschwerdeführerin steckt letzten Endes ein Mensch mit einer individuellen, oft auch berührenden Lebensgeschichte.
Erfahrungsbericht von Harald Walch, LL.B. (WU)
Um neben dem im Laufe des Wirtschaftsrechtsstudiums erlangten theoretischen Wissen auch Praxiserfahrung zu sammeln, bewarb ich mich beim Institut für Österreichisches und Internationales Steuerrecht für ein Praktikum beim Bundesfinanzgericht (BFG). Im Juli 2021 war es dann so weit: Ich durfte mein Praktikum beim Bundesfinanzgericht in der Hinteren Zollamtsstraße 2b antreten.
Die Anwendung des Rechts in der Praxis sowie der Gang eines Verfahrens in Steuersachen und die Tätigkeit eines Richters sollten erkundet werden. Zu Beginn des Praktikums wurde mir ein geräumiges Büro und eine erfahrene Richterin zugeteilt, deren Tätigkeitsbereich vor allem in der Einkommensteuer liegt. Nach einer anfänglichen Besprechung mit einer kurzen Einführung in das Verfahrensrecht wurde mir gleich ein Gerichtsakt mit dem Auftrag einen Entscheidungsentwurf zu verfassen ausgehändigt. In diesem Zusammenhang durfte ich mich mit den wohl in der Praxis am häufigsten vorkommenden Streitpunkten beschäftigen, nämlich mit der Abzugsfähigkeit von Werbungskosten und der Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen. Des Weiteren behandelte ich während meiner Tätigkeit Fälle zum Verfahrensrecht sowie zur Thematik der Reisekostenentschädigungen.
Um neben dem Einkommensteuerbereich noch weitere Rechtsbereiche kennenzulernen, fanden Vorträge zum Gebühren-, Zoll- sowie Finanzstrafrecht statt. Die jeweiligen vortragenden Richter zeichneten sich durch ein großes Fachwissen und eine enorme Begeisterung für das Steuerrecht aus. Als Auflockerung zum theoretischen Vortrag erzählten die Richter auch die eine oder andere spannende und lustige Anekdote aus ihrer bisherigen beruflichen Laufbahn.
Für Abwechslung sorgten auch zahlreiche Verhandlungen, bei denen ich teilnehmen durfte. Angefangen von Fällen betreffend die Wiederaufnahme von Verfahren, über Fragen zur Zulässigkeit des Vorsteuerabzugs bis hin zu durchaus emotional geführten Verhandlungen betreffend Wiener Landes- und Gemeindeabgaben durfte ich spannende Verfahren und interessante Entscheidungen quer durch das Abgabenrecht beobachten.
Die Tätigkeit beim Bundesfinanzgericht gab mir die Möglichkeit spannende Einblicke in den Gerichtsalltag zu erhalten sowie mein erlerntes theoretisches Wissen in der Praxis anzuwenden. Am interessantesten war jedoch einen Entscheidungsentwurf mit Unterstützung der Richterin zu verfassen, was eine genaue Prüfung der Gerichtsakten, eine Wiedergabe des Verfahrensganges, eine Würdigung der Beweise, eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts sowie eine abschließende rechtliche Beurteilung erforderte. Alles in allem war es ein wirklich spannendes Praktikum. Eine solche Erfahrung kann ich nur jedem empfehlen.