Wirtschaftsinformatik und Gesellschaft

Beitrag Maximilian Fischer

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Herr Fischer betrachtete, wie sich soziale Medien auf die Machtverhältnisse zwischen Unternehmen und Konsumenten ausgewirkt haben:

Die Phrase “GameStop Short Squeeze” hat in den vergangenen Tagen in den Medien global für Aufregung gesorgt. Doch worum handelt es sich dabei?

Zusammengefasst kam es zu einer sogenannten Stock Rallye bei der sich der Aktienkurs von Gamestop, einer Einzelhandelskette für Computerspiele und Unterhaltungssoftware, in wenigen Tagen verzehnfacht hat. Dieser Effekt fand seinen Ursprung in einem Subreddit mit der Bezeichnung „WallStreetBets“, welches für den Meinungsaustausch von hoch spekulativen Handelsstrategien dient und durch den derzeitigen Hype auf eine Mitgliederanzahl von 5,5 Mio (Stand 29.01.2021) gestiegen ist [1]. Dieses Beispiel zeigt eindringlich, dass Customer Empowerment weltweit in der heutigen Zeit enorme Auswirkungen auf Marktereignisse haben kann. In diesem Fall war es eine virtuelle Gemeinschaft, die es mit vereinten Kräften geschafft hat die Finanzwelt kopfzustellen und eine in diesem Ausmaß selten erreichte Macht der Konsumenten zu erlangen. Dass sich die Konsumenten diesen Einfluss nicht mehr nehmen lassen wollen zeigt sich momentan auch an dem großen Widerstand gegen Handelsplattformen und regulatorischen Instanzen, die mittels diverser Einschränkungen nun versuchen dieser Bewegung ein Ende zu setzen. Beispielsweise war Robinhood einer der ersten Online-Broker, der den Wertpapierhandel bestimmter Aktien vorübergehend einstellte, und daraufhin innerhalb weniger Stunden im Appstore von einer 4,7 Sterne Bewertung auf ein 1 Star Rating zurückfielen [2]. Aus Sicht der Kunden ist diese Entwicklung äußerst wünschenswert, da man sich mittlerweile auf Augenhöhe mit Unternehmen befindet und nicht mehr als letztes Glied der Wertschöpfungskette, sondern vielmehr als Geschäftspartner angesehen wird. Dies schafft deutlich erhöhte Markttransparenz, was weiters zu mehr Kontrollbewusstsein seitens des Konsumenten führt. Der digitale Fortschritt eröffnet zahlreiche neue Informationskanäle, die zur Beurteilung und zum Vergleich in Echtzeit dienen. So kann das Angebot, wie Produkt und Preis, in Echtzeit online eingesehen und mit dem ganzen Markt verglichen werden. Dies schafft zusätzlichen Konkurrenzdruck auf Seiten der Hersteller und fördert demzufolge Produktinnovation und niedrigere Preissetzung. Der Kunde ist heutzutage viel mehr in das Marktgeschehen involviert und weiß sich mittlerweile diese Situation, die auch ein gewisses Verantwortungsbewusstsein erfordert, zu Nutze zu machen [3]. Auf der anderen Seite des Spielfelds befinden sich die Unternehmen, die nun ihre Strategie deutlich flexibler und offener anlegen müssen als zuvor. Grund dafür ist insbesondere die Marktdynamik, welche in den vergangenen Jahren enorm an Geschwindigkeit aufgenommen hat. Was heute marketing-technisch noch funktioniert hat, kann morgen schon wieder als veraltet gelten. Diesbezüglich muss die Reaktionsgeschwindigkeit hochzuhalten werden, um optimal auf zukünftige Situationen vorbereitet zu sein. Eine Möglichkeit dies zu schaffen, ist das Customer Engagement zu forcieren. Es wird versucht den Kunden in seinem Denken und Handeln besser zu verstehen und womöglich zukünftige Trends abzuleiten. Denn ultimatives Ziel ist die Steigerung der Kundenzufriedenheit und Markenwahrnehmung, was sich in einer möglichst engen Customer-Relation und weiters einer hohen CLV (Customer Life Value) abzeichnet. In diesem Zusammenhang spielt auch WOM (Word Of Mouth) eine entscheidende Rolle, zumal 20-50% aller Käufe von Empfehlungen angetrieben werden [4]. Dies rechtfertigt den momentanen Hype rund um das Influencer-Marketing. Außerdem stehen auch diverse Tools zur Verfügung, die mittlerweile automatische Datensammlung- und Verarbeitung ermöglichen (z.B.: Textmining, Sentiment Analysis), um Kunden noch effektiver targeten zu können [2, 5]. Zusammenfassend ist zu sagen, dass sich der Kunde mittlerweile nicht mehr am Rande des Spielfelds aufhält, sondern eine führende Rolle am Markt bezüglich Produktentwicklung, Preisgestaltung, Angebot, Nachfrage, etc. einnimmt. Auch Unternehmen machen sich die durch die Digitalisierung entstandenen Marketinginstrumente und Informationen zu Nutze. Fakt ist jedoch, dass sich diese großteils am Kunden zu orientieren haben und nicht umgekehrt. Kunde ist König.

[1] Wikipedia (2021). „Wallstreetbets“. https://en.wikipedia.org/wiki/R/wallstreetbets.
[2] Peters, J. (28. Januar 2021). „Google salvaged Robinhood’s one-star rating by deleting nearly 100,000 negative reviews“.
The Verge. 28.01.2021. https://www.theverge.com/2021/1/28/22255245/google-deleting-bad-robinhood-reviews-playstore.
[3]
Rödl & Partner. „Interview: Kunden sind sich ihrer neuen Macht bewusst“.  Rödl & Partner, 05.04.2016. https://www.roedl.de/themen/die-neue-macht-des-kunden .
[4] Görnemann, E. (2020).
Skript E-Marketing & Commerce 2.
[5] Sayler, P. (2012). „Listening To Social Media Cues Doesn't Mean Ceding Control“.
Forbes Magazine, 04.08.2012. www.forbes.com/sites/ciocentral/2012/08/04/listening-to-social-media-cues-doesnt-mean-ceding-control/.