NPO-Institut (Verein)

VEREINS- UND STEUERRECHT

Ein Beitrag von Höhne und Lummerstorfer...wir sagen DANKE! ...mehr Informationen unter www.vereinsrecht.at

...mit besonderer Unterstützung unseres fördernden Mitglieds Höhne In der Maur & Partner. Herzlichen Dank!

Sind diskriminierende Klauseln in Vereinsstatuten zulässig?

… wenn etwa die Mitgliedschaft oder der Zugang zu Vereinsfunktionen auf ein bestimmtes Geschlecht beschränkt wäre?

Das Gleichbehandlungsgesetz ist hier nur in Ausnahmefällen anwendbar, nämlich wenn Vereinsmitgliedschaft und Dienstverhältnis aneinandergekoppelt sind und eine Person nur deshalb nicht angestellt wird, weil ihr die Mitgliedschaft verweigert wird.

Allerdings verbrieft Art. 7 Abs. 1 B-VG (= Bundesverfassung) ganz generell das Recht auf Gleichbehandlung und verbietet Vorrechte ua. Aufgrund des Geschlechts oder des Bekenntnisses – was sich grundsätzlich auch auf privatrechtliche Verhältnisse, also auch auf die Mitgliedschaft zu Vereinen, auswirken kann. Zu prüfen ist aber, ob eine Kollision mit einem anderen Grundrecht, insbesondere mit der Privatautonomie bzw der Verbandsautonomie vorliegt.

Das deutsche Bundesverfassungsgericht verleiht der Vereinsautonomie gegenüber dem Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 Grundgesetz (GG) allerdings hohes Gewicht: „Im Bereich der Satzungsautonomie eines Vereins kommt GG Art. 3 Abs. 2 keineswegs unbedingt der Vorrang vor GG Art. 9 Abs. 1 (Anmerkung: Vereinsfreiheit) zu; die Vereinsautonomie, die in den vereinsrechtlichen Vorschriften des BGB ihren Ausdruck findet, kann vielmehr umso ungehinderter zur Geltung kommen, je stärker die Vereinigung im privaten Bereich angesiedelt ist, sie muss umso mehr hinter Gleichheitsanforderungen zurücktreten, je stärker sie im öffentlichen Bereich wirkt und sich einem Interessenverband oder einer Berufsvereinigung mit für ihre Mitglieder wesentlicher Bedeutung annähert und dabei eine Monopolstellung einnimmt“. Diese Gedanken werden auch für das österreichische Recht anzuwenden sein.

Relativ einfach ist die Lösung, wo man von Kontrahierungszwang, also der Pflicht zum Abschluss eines Rechtsgeschäfts (hier: Aufnahme in den Verein) ausgehen kann: eine solche wird überall dort angenommen, wo die faktische Übermacht eines Beteiligten bei bloß formaler Parität diesem die Möglichkeit der „Fremdbestimmung" über andere gibt. Ein Verein mit besonderer Macht- oder gar Monopolstellung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich darf die Aufnahme nicht verweigern, wenn der Aufnahmewerber auf die Mitgliedschaft in besonderem Maße angewiesen ist – also wenn die ökonomische oder berufliche Existenz des Aufnahmewerbers von der Aufnahme in den Verein abhängt oder doch durch die Ablehnung der Aufnahme zumindest unzumutbar beeinträchtigt würde. Um einen solcherart argumentierten Kontrahierungszwang zu durchbrechen, bedarf es eines sachlichen, objektiv rechtfertigenden Grundes. Vor dem Hintergrund eines solchen sachlichen Grundes werden die Interessen des Vereins gegen jene des Aufnahmewerbers abzuwägen sein. Diese Grundsätze gelten auch, wenn ein Verein im öffentlichen Interesse liegende Ziele verfolgt, für die der Staat – gäbe es den jeweiligen Verein nicht – selbst institutionell Vorsorge treffen müsste (zB Sportverbände als primäre Förderungsnehmer im Rahmen der Sportförderung).

Thema des Diskriminierungsverbots ist die bloße Unterscheidung nach von der Rechtsordnung verpönten Merkmalen (wie etwa Geschlecht, geschlechtliche Orientierung, ethnische oder religiöse Zugehörigkeit etc), die nur dann einen sachlichen und damit zu tolerierenden Grund für die Abweisung des Bewerbers darstellen wird, wenn ein Merkmal, das mit der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, dem Alter oder der sexuellen Ausrichtung zusammenhängt, eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt. Ein Männergesangsverein darf daher weiterhin nur Männer aufnehmen (da geht es auch um das Grundrecht der Kunstfreiheit) und die katholische Jungschar nur junge Katholiken. Aber darf ein Kegelclub Ausländer ausschließen oder ein Jagdverein Frauen?

Orientierung bieten zwei Kriterien: Zum einen, ob eine strukturelle Übergewichtigkeit eines Vertragspartners vorliegt, die die Gewährleistungsfunktion der Privatautonomie (die ja idealtypisch von Gleichgewichtigkeit der Vertragspartner ausgeht) aushebelt, und zum anderen, ob es sich um einen besonders intensiven Eingriff in grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrechte (wie Menschenwürde oder Gewissensfreiheit) handelt. Wendet sich daher ein Verein an die breite Allgemeinheit und organisiert allgemeine Interessen einer größeren Gruppe von Personen (oder, wie das BVerfG dies treffend formuliert, je stärker er im öffentlichen Bereich wirkt), und gibt es dazu noch nur wenige (nicht notwendigerweise keine) Ausweichmöglichkeiten, so wird eine Drittwirkung des grundrechtlichen Diskriminierungsverbots eher zu bejahen sein als beim zitierten lokalen Kegelverein, der lediglich ganz spezifische Interessen in überschaubarem Rahmen organisiert.

Und wie sieht es mit dem Zugang zu Vereinsfunktionen aus? Wenn die Aufnahme diskriminierungsfrei gestaltet werden muss, dann natürlich auch der Zugang zu Funktionen im Verein. Beschränkungen müssen sachlich argumentierbar sein (wie zB Altersklauseln). Aber auch dort, wo man sich über den Zugang zum Verein keine großen Gedanken gemacht hat (und man vielleicht sogar hätte diskriminieren können), wird der Zugang zu Vereinsfunktionen diskriminierungsfrei zu gestalten sein – dies folgt schon aus dem etablierten Grundsatz der Gleichbehandlung der Vereinsmitglieder (der wiederum bei sachlich gerechtfertigter Differenzierung in verschiedene Mitgliederkategorien durchbrochen werden kann). Die Entwicklung des Gleichbehandlungsrechts ist allerdings dynamisch und geht dahin, dass gewisse verfassungsrechtlich verpönte Diskriminierungsgründe immer stärkere Durchschlagskraft entfalten (va des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung, auch des Alters).