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Der gesellschaftliche Mehrwert von 27 sozialintegrativen Unternehmen (SIUs) in Niederösterreich

Investitionen zur Integration benachteiligter Menschen am Arbeitsmarkt zahlen sich aus

Das Kompetenzzentrum für Nonprofit Organisationen und Social Entrepreneurship der WU hat für 27 sozialintegrative Unternehmen in Niederösterreich den gesellschaftlichen und ökonomischen Nutzen mittels einer Social-Return-on-Investment-Analyse (SROI) ermittelt. Dabei zeigte sich, dass jeder in sozialintegrative Unternehmen investierte Euro einen Gegenwert von 2,10 Euro generiert. Am meisten profitieren die intergrierten Personen, aber auch die Auftraggeber/innen bzw. Abnehmer/innen der Unternehmen ziehen hohen Nutzen daraus.

Insgesamt wurden 27 niederösterreichische Unternehmen, die am Arbeitsmarkt benachteiligte Menschen in ihr Unternehmen integrieren, vom WU-Kompetenzzentrum für Nonprofit Organisationen und Social Entrepreneurship (NPO&SE Kompetenzzentrum) mittels SROI-Analyse untersucht. Untersuchungszeitraum war das Jahr 2014.

Die SROI–Analyse versucht, den durch soziale Organisationen oder Projekte geschaffenen gesellschaftlichen Mehrwert möglichst umfassend zu bewerten. SROI misst den Nutzen der (wesentlichen) Stakeholder, bewertet diesen monetär und stellt ihn den Investitionen gegenüber. Im Beisein der Auftraggeber, der Arbeitsgemeinschaft QUASI (Qualitätsmanagement für sozialintegrative Unternehmen), fand am 15. Februar 2016 eine ausführliche Präsentation der Ergebnisse durch die drei Studienautor/inn/en Olivia Rauscher, Christian Schober und Verena Burger an der WU statt.

Auswirkungen sozialintegrativer Unternehmen auf Stakeholder

Die Studie zeigt, welch vielfältige Aufgaben und Tätigkeiten sozialintegrative Unternehmen erfüllen und identifiziert positive und negative Wirkungen der erbrachten Leistungen. Konkret werden die Wirkungen sozialintegrativer Unternehmen auf die unterschiedlichen Stakeholder analysiert. Als solche wurden folgende Gruppen eruiert: Schlüsselarbeitskräfte, Zielgruppe (bestehend aus stundenweise beschäftigten Personen, Personen im Arbeitstraining und Transitarbeitskräften), Lehrlinge, Pensionsantrittskräfte, sonstige Personen (u.a. Klient/inn/en von Neustart, Personen der Produktionsschule und Praktikant/innen), ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen, andere soziale Einrichtungen, Lieferant/innen, Warenbereitsteller, Auftraggeber/innen/Abnehmer/innen, künftige Arbeitgeber/innen, Arbeitsmarktservice Niederösterreich, Sozialministeriumservice, Land Niederösterreich, Bund, Gemeinden, Sozialversicherungsträger und die allgemeine Bevölkerung.

Pro investierten Euro entstehen Wirkungen im Gegenwert von 2,10 Euro

Insgesamt ergeben sich auf Basis der durchgeführten Erhebungen und Berechnungen für das Jahr 2014 monetarisierte Wirkungen in der Höhe von rund 81 Mio. Euro. Demgegenüber stehen Investitionen von hochgerechnet rund 39 Mio. Euro, die insbesondere aus Förderungen des AMS Niederösterreich und Umsatzerlösen der sozialintegrativen Unternehmen bestehen. „Wird der Gesamtprofit auf die Gesamtinvestitionen in die sozialintegrativen Unternehmen bezogen, ergibt dies einen SROI-Wert von 2,10. Dies bedeutet, dass jeder 2014 in die sozialintegrativen Unternehmen investierte Euro Wirkungen im monetarisierten Gegenwert von 2,10 Euro schafft“, so Olivia Rauscher.

Zielgruppe und Auftraggeber/innen bzw. Abnehmer/innen profitieren am meisten

Der größte Profit entsteht für Personen der Zielgruppe, die als zentrale Stakeholdergruppe der sozialintegrativen Unternehmen anzusehen ist. Durch die Beschäftigung erlangen sie arbeitsmarktspezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für eine Integration am ersten Arbeitsmarkt maßgeblich sind. Zudem strukturiert eine Beschäftigung den Alltag und ermöglicht neue Interaktions- und Kommunikationsmöglichkeiten. Neben der Zunahme an sozialen Kontakten profitieren Personen der Zielgruppe insbesondere von der individuellen Betreuung durch Schlüsselarbeitskräfte. Das Eingehen auf persönliche Bedürfnisse und Defizite, aber auch Ermunterung und Hilfestellung seitens der Schlüsselarbeitskräfte, werden von den Personen als große Erleichterung gesehen.

Der zweitgrößte Profit entsteht für die Auftraggeber/innen bzw. Abnehmer/innen. In dieser Gruppe werden sowohl Unternehmen als auch private und sozialorientierte Auftraggeber/innen bzw. Abnehmer/innen zusammengefasst. Durch die sozialintegrativen Unternehmen profitieren diese in erster Linie von einem besseren Preis-Leistungsverhältnis, sowie einer guten Betreuung und individuellen Produkten. Vor allem private Auftraggeber/innen bzw. Abnehmer/innen aber auch einige Unternehmen profitieren durch die Unterstützung eines sozialintegrativen Unternehmens im Zuge ihres Kaufes zusätzlich von einem positiven Gefühl. Den geringsten Profit haben Gemeinden und Lieferant/innen der sozialintegrativen Unternehmen. Einen direkten Verlust hat die allgemeine Bevölkerung hinsichtlich der Verdrängungsmechanismen zu tragen. Gemeint ist hierbei, dass durch die Vermittlung von Personen aus den sozialintegrativen Unternehmen in den ersten Arbeitsmarkt wiederum andere Arbeitskräfte aus diesem verdrängt werden. Zusammengefasst sind die in Niederösterreich analysierten sozialintegrativen Unternehmen sehr wirkungsvoll. Ihre monetarisierten Wirkungen, bezogen auf das Jahr 2014, waren mehr als doppelt so hoch als die getätigten finanziellen Investitionen. „Die Studie zeigt beispielhaft auf, dass Investitionen in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie die sozialintegrativen Unternehmen einen hohen gesellschaftlichen Nutzen bringen“, meint Studienleiterin Olivia Rauscher vom NPO&SE Kompetenzzentrum.

Kontakt
Mag.rer.soc.oec. Olivia Rauscher

Olivia Rauscher

Senior Researcherin
Aufgaben: Social Impact Measurements mit Fokus auf SROI-Analysen, Durchführung von Evaluationen, Soziale Ungleichheit, Armutsbekämpfung, Gesundheitsförderung und Prävention
Mag.Dr.rer.soc.oec. Christian Grünhaus

Christian Grünhaus

(ehm. Schober) Wissenschaftlicher Leiter, Senior Researcher
Aufgaben: Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Evaluation, SROI-Analysen, Finanzierung, Spendenverhalten, Arbeitszufriedenheit und Motivation, Altenpflege und –betreuung, Menschen mit Behinderung bzw. Barrierefreiheit