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Wirkungsbasierte Steuerung

Autoren: Christian Grünhaus & Stefan Schöggl (2025)

Die im Sozialbereich erbrachten Aktivitäten und Leistungen sind kein Selbstzweck. Vielmehr ist es das gemeinsame Ziel aller Beteiligten, die Gesellschaft zu verbessern, lebenswerter zu gestalten, resilienter zu machen, Raum für Inklusion zu schaffen und Veränderung zu initiieren – kurz: gesellschaftliche Wirkung zu erzeugen. Gemessen und berichtet wird aktuell jedoch meist nur der Umfang der erbrachten Leistungen in Form von Leistungskennzahlen, beispielsweise die Anzahl an erbrachten Leistungsstunden bei einer gewissen Anzahl an Personen. In welchem Umfang die angestrebten Wirkungen tatsächlich erreicht wurden, bleibt oft ungewiss, zumindest auf organisationaler und organisationenübergreifender Ebene.

Nicht nur die Berichterstattung, sondern auch die Steuerung erfolgt aktuell anhand von Leistungskennzahlen und Effizienz. Wirkungen bleiben dabei außen vor. Diese werden meist einfach angenommen und punktuell in Evaluationen gemessen. Dabei wäre das Wissen über die Wirkungen der erbrachten Leistungen häufig vorhanden oder relativ einfach zu ermitteln – nämlich dort, wo die Mitarbeitenden mit den Betroffenen arbeiten, also an der Basis, unmittelbar bei der Leistungserbringung.

Das Bewusstsein, dass Leistungskennzahlen und finanzielle Prüfungen kaum eine Aussage über die gesellschaftlichen Wirkungen der Aktivitäten im Sozialbereich zulassen, ist durchaus vorhanden. Ein erstrebenswertes Ziel ist ein System, das eine effektive Kommunikation über die Ergebnisse der wertvollen Arbeit in der Sozialwirtschaft ermöglicht und das Lernen, informierte Steuerung sowie strategische Entscheidungen auf dieser Basis zulässt.

Warum wird der Weg von der Erfolgsmessung und Steuerung über Leistungen zu Wirkungen nur selten beschritten? Eine Systemumstellung ist herausfordernd. Es existieren jedoch bereits etliche Bausteine für ein derart verzahntes System, ebenso wie eine konzeptionelle Basis. Um jedoch an der Wirkung steuern zu können, wären ausreichend Informationen zu den Wirkungen der Dienstleistungen nötig. Nachfolgend wird nun erstens die konzeptionelle Basis, die wirkungsbasierte Steuerungsbox, vorgestellt, zweitens beschrieben, wie diese auf organisationenübergreifende Weise eingesetzt werden kann und drittens erläutert welche Schritte der Umsetzung zu gehen sind.

Konzeptionelle Basis: Wirkungsbasierte Steuerungsbox

Die wirkungsbasierte Steuerungsbox beruht auf der Logik, dass jede Leistung einen Output erzeugt, und dieser wiederum zu intendierten und unintendierten Wirkungen führt. Steuerung als bewusster Vorgang fokussiert auf die intendierten Wirkungen. Diese sind in Wirkungszielen verankert und entstehen bei einer Reihe von Stakeholdern und Wirkungsbetroffenen. In Abbildung 1 ist dies durch die nach hinten zum roten Bereich laufende Schicht dargestellt. Stakeholder haben Interesse und Einfluss auf die Organisation und ihre Leistungen. Wirkungsbetroffene haben kein besonderes Interesse an der Organisation und  deren erbrachten Leistungen und auch keinen Einfluss auf diese, sind aber von den Wirkungen ihrer Aktivitäten sehr wohl beeinflusst.

Organisationsinterne wirkungsbasierte Steuerungsbox mit Beispielen für Wirkungsziele und Indikatoren

Abbildung 1: Organisationsinterne wirkungsbasierte Steuerungsbox mit Beispielen für Wirkungsziele und Indikatoren (Grünhaus et al., 2025)

Nicht jede Leistung ruft jede intendierte Wirkung hervor. In der Regel werden allerdings mehrere Leistungen bestimmte Wirkungsziele adressieren und zu deren Erreichung in unterschiedlicher Intensität beitragen. Auf Ebene eines Fachbereichs oder der Gesamtorganisation interessiert dann die Aggregation von Wirkungen über Leistungen hinweg (gelber Bereich in Abbildung 1) sowie oft auch über Stakeholder bzw. Wirkungsbetroffene (roter Bereich in Abbildung 1).

Das Konzept der Steuerungsbox erlaubt die Aggregation nach der Anzahl und dem Anteil der betroffenen Stakeholder bzw. Wirkungsbetroffenen, bei denen die jeweilige Wirkung eintritt. Dies kann gegebenenfalls zusätzlich nach Intensitätsgraden erfolgen. Dadurch ist die Verwendung unterschiedlicher Indikatoren je nach Leistung möglich, was ein angepasstes Erhebungsdesign für die verschiedenen Leistungen erlaubt. So Wirkungsaussagen sowohl für einzelne Leistungen, als auch leistungsübergreifend getroffen werdent. Wie aus Abbildung 1 ersichtlich ist, könnte die verbesserte Gesundheit beispielsweise mittels subjektiver Einschätzung der Klient*innen oder mittels ärztlicher Einschätzung gemessen werden. Der Anteil der Personen mit verbesserter Gesundheit, gewichtet mit der Anzahl der Betroffenen, fließt dann in die Aggregation ein. Gleichzeitig wird sowohl bei der einzelnen Leistung als auch aggregiert ein Soll-Wert gebildet und geprüft, ob die Ist-Werte dem Soll entsprechen. Dies gibt gleichermaßen Orientierung für die einzelnen Einrichtungen, Leistungen und die Gesamtorganisation.

Manchmal besteht auch das Anliegen, die vielfältigen Wirkungen selbst zu aggregieren, um den gesamten gesellschaftlichen Mehrwert einer Leistung darzustellen. Dies deutet der blaue Bereich rechts in Abbildung 1 an. Voraussetzung hierfür ist eine Aggregation unterschiedlicher Wirkungen. Eine Möglichkeit hierfür ist die Monetarisierung der Wirkungen, wie sie in einer SROI-Analyse erfolgt (Grünhaus, 2023). Damit sind Aussagen möglich, wie viel gesellschaftlicher Wert in Geldeinheiten die Summe der intendierten Wirkungen einer Leistung für einen Stakeholder darstellt.

Bei der Steuerungsbox ist konzeptionell nicht festgelegt, ob sie in einer kleinen Organisation, einer komplexen Großorganisation oder über Organisationsgrenzen hinweg eingesetzt wird. Neben der oben skizzierten Vorgehensweise innerhalb einer Organisation ist somit auch ein organisationenübergreifender Einsatz denkbar. Nachfolgend wird nun auf die Implementierung in einer solchen organisationenübergreifenden Struktur eingegangen, bei der im Sinne der Ko-Kreation die verschiedenen im Sozialbereich relevanten Akteure eingebunden werden.

Organisationenübergreifende Steuerung (Systemsteuerung)

Es existieren im Sozialbereich Leistungen, die bei definierten vulnerablen Gruppen und weiteren Wirkungsbetroffenen intendierte Wirkungen hervorrufen (sollen). Die meisten dieser Leistungen werden bei Nonprofit-Organisationen im Sozialbereich (Sozial-NPOs) im Auftrag des Landes und der Gemeinden erbracht. Dies lässt sich in Form einer organisationenübergreifenden Steuerungsbox, wie sie in Abbildung 2 ersichtlich ist, abbilden. Während bei der organisationsinternen Steuerungsbox (Abbildung 1) nur Leistung und Einrichtung erfasst werden, werden hier Themenbereiche (z.B. Pflege, Kinder- und Jugendhilfe), Organisationen (z.B. Caritas, Vorarlberger Kinderdorf) und Leistungen (z.B.: mobile Pflege, Wohngruppen) erfasst. Darüber hinaus wäre durchaus vorstellbar, noch eine vierte Ebene einzubauen, nämlich die unterschiedlichen Einrichtungen der Leistungen je Organisation (z.B. einzelne Sozialberatungsstellen oder Pflegeeinrichtungen). Der Vorteil einer solchen organisationenübergreifenden Lösung besteht darin, dass ein geteiltes Verständnis und eine geteilte Indikatorik anstelle vieler organisationsindividueller, nicht kompatibler Insellösungen entstehen.

Organisationenübergreifende wirkungsbasierte Steuerungsbox mit Beispielen für Wirkungsziele und Indikatoren

Abbildung 2: Organisationenübergreifende wirkungsbasierte Steuerungsbox mit Beispielen für Wirkungsziele und Indikatoren (eigene Darstellung)

Damit organisationenübergreifend gelernt und gesteuert werden kann, braucht es, neben der konzeptionellen Grundlage, ein systemübergreifendes Verständnis hinsichtlich Wirkungszielen, Datenverfügbarkeit und Aggregationsmöglichkeiten. Wie Abbildung 3 zeigt, ist aktuell im Sozialbereich die Datenverfügbarkeit auf Mikroebene überwiegend gut. Hier wird auch am ehesten laufend eine Wirkungsanalyse, im Sinne der Reflexion von Einzelfällen, durchgeführt. Auf Meso- und insbesondere Makroebene ist sowohl die Datenverfügbarkeit zu Wirkungen als auch die Analyse in Richtung Wirkungen deutlich schlechter werdend. Um die Datenlage hinsichtlich Wirkungen zu verbessern, müssen einige Schritte gegangen werden, die ebenfalls in Abbildung 3 dargestellt sind.  

Auf organisationenübergreifender Ebene gilt es zunächst, kollaborativ Wirkungsziele zu erarbeiten, die dann für alle Organisationen gleichermaßen gelten. Auf der Makro-Ebene kann hierbei oft auf gesellschaftlich erwünschte Wirkungsziele und bestehenden Zielformulierungen aufgebaut werden, wie sie z.B. in rechtlichen Rahmenbedingungen bereits vorliegen. So heißt es beispielsweise in §3 Abs. 2 des Vorarlberger Kinder- und Jugendhilfegesetzes: „Die Kinder- und Jugendhilfe ermutigt und unterstützt Kinder und Jugendliche und ihre Bezugspersonen, die eigenen Anlagen und Fähigkeiten zu stärken, zu erweitern und einzusetzen.“. Artikel 27, Absatz 1, Punkt 10 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) formuliert das Ziel, „das Sammeln von Arbeitserfahrung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch Menschen mit Behinderungen zu fördern“. Konkrete Soll-Werte für diese Ziele müssen durch Verhandlungen aller beteiligten Akteure gemeinsam festgelegt werden, um ein hohes Maß an Verständnis für die Sinnhaftigkeit und Wichtigkeit des Vorhabens zu erreichen.  

Die Aktivitäten und Leistungen der Organisationen werden dann an den formulierten Wirkungszielen ausgerichtet. Zudem müssen die auf Makroebene formulierten Wirkungsziele auf Organisations- und Leistungsebene punktuell noch konkretisiert werden.

Ein logischer Entwicklungsschritt hin zu einer wirkungsbasierten Steuerung wäre es, eine höhere Datenverfügbarkeit auf der Meso-Ebene zu erreichen. Auf Mikro-Ebene müssten die Daten einzelner Betroffener stärker, an den formulierten Wirkungszielen orientiert, gesammelt und entsprechend kategorisiert werden. Solcherart wären sie anschließend auf der Meso-Ebene der Organisation leichter kategorisierbar und für die Weiterbearbeitung verfügbar. Diese verbesserte Datenlage auf Organisationsebene würde einerseits eine wirkungsbasierte Steuerung der Organisation und ihrer Leistungen (Meso) ermöglichen und andererseits die Basis für Schritte bilden, die über die jeweilige Organisation hinausgehen. So kann das System für eine Gesamtsteuerung auf organisationenübergreifender Ebene herangezogen werden, sofern man sich zuvor auf die übergreifenden Wirkungsziele sowie mögliche Indikatoren und Erfolgsschwellen geeinigt hat.

Zusammenhang der Ebenen zu Wirkungszielen bei organisationenübergreifender Steuerung

Abbildung 3: Zusammenhang der Ebenen zu Wirkungszielen bei organisationenübergreifender Steuerung (eigene Darstellung)

Prozess zur konkreten Umsetzung

Um ein solches Vorgehen zu ermöglichen, müssen sich die beteiligten Akteure in mehreren Schritten einigen. Erstens müssen die konkreten Wirkungsziele festgelegt und für eine Wirkungserhebung hinreichend präzise ausformuliert werden. Zweitens ist zu klären, welche Leistungen zu betrachten sind. Gegebenenfalls müssen die Wirkungsziele für die ausgewählten Leistungen konkretisiert werden. Drittens muss die Wirkungsmessung erfolgen und hierfür entsprechende Indikatoren und Erhebungsdesigns ausgewählt werden. Viertens muss die Aggregation auf Meso- und, fünftens, ggf. Makroebene implementiert werden. Schließlich muss Klarheit zu Datenanalyse, Berichtswesen und Lernsettings herrschen, um Wirkungsanalyse effektiv einzusetzen.

Schritt 1: Formulieren von Wirkungszielen

Um wirkungsbasiert steuern zu können, muss zunächst klar sein, welche Wirkungen erreicht werden sollen. Es müssen also Wirkungsziele definiert werden. Diese bezeichnen die intendierten positiven Veränderungen, die eine Organisation oder eine Leistung bei einem bestimmten Stakeholder hervorruft. Da sich die im Vordergrund stehenden Wirkungen zwischen den Leistungen bzw. Fachbereichen unterscheiden können, ist ein heterogener Kreis an Beteiligten einzubinden, die entsprechenden inhaltlichen Überblick haben. Wirkungsziele müssen einerseits allgemein genug formuliert sein, damit sich die Organisationen und deren Leistungen in ihrer Heterogenität wiederfinden, und andererseits sprachlich eindeutig genug, um ein einheitliches Verständnis des Wirkungsziels über Leistungs- und Organisationsgrenzen hinweg zu gewährleisten.

Auch im ersten Schritt gut formulierte Wirkungsziele sind nicht unbedingt endgültig. Es empfiehlt sich, offen zu bleiben und Wirkungsziele iterativ zu adaptieren, wenn sich deren Formulierung an folgenden Schritten bricht. So kann sich etwa bei der Adaption von Wirkungszielen in konkreten Leistungen sowie der Entwicklung von Indikatoren herausstellen, dass sich mehrere Wirkungsziele nicht trennscharf voneinander abgrenzen lassen.

Schritt 2: Leistungserbringung bei den Betroffenen, unter Beachtung der Wirkungsziele

In aller Regel wird ein System der wirkungsbasierten Steuerung in eine bereits bestehende Leistungserbringung eingebettet. Es werden also Leistungen (z.B. mobile Pflege, Arbeitsmarktintegration) erbracht, mit entsprechenden Prozessen zur Umsetzung, Dokumentation, Berichtslegung und Abrechnung. Hier gilt es zunächst zu klären, welche Leistungen oder Leistungsbündel in ein System der wirkungsbasierten Steuerung aufgenommen werden. Es werden nicht alle Leistungen sein, wenn beispielsweise Leistungen in absehbarer Zeit auslaufen, Sonderleistungen für sehr spezifische Fälle bestehen oder die wirkungsbasierte Steuerung nur für einen Teil der Leistungen eingeführt werden soll.

Weiters müssen dann die in Schritt 1 erarbeiteten, übergeordneten Wirkungsziele auf die Leistungen angepasst werden. So muss beispielsweise konkretisiert werden, was „Verhinderung sozialer Isolation“ in einer konkreten Leistung bedeutet. Dies wird in einem stationären Pflegesetting anders aussehen als in einer Wohnbetreuungsmaßnahme. Allenfalls können hier auch bereits Soll-Werte im Sinne des gewünschten Ausmaßes der Zielerreichung festgelegt werden. Gilt es also soziale Isolation für alle betreuten Personen zu vermeiden oder nur für einen Anteil? Gegebenenfalls ist ein Wirkungsziel für eine konkrete Leistung nicht relevant. Das sollte dann entsprechend entschieden werden. Erfahrungsgemäß kommt es auch umgekehrt vor, dass manche Leistungen spezifischere Wirkungen intendieren, zu denen dann auch noch das eine oder andere Wirkungsziel formuliert wird. Diese Wirkungsziele dienen dann der wirkungsbasierten Steuerung auf Leistungsebene und fließen nicht in die Aggregation auf Makrobene ein.  

In der Umsetzung empfiehlt sich hier in einem ersten Schritt, seitens der relevanten Systemakteur*innen auf (Fach)Bereichsebene gemeinsam zu klären, welche Leistungen zentral auf die erarbeiteten Wirkungen einzahlen und dies dann für die wirkungsbasierte Steuerung auszuwählen. Allenfalls werden Leistungsbündel definiert, wenn manche Leistungen häufig, oder bei bestimmten Zielgruppen, in Kombination in Anspruch genommen werden.

In einem zweiten Schritt sollten dann Personen, die mit der konkreten Leistungserstellung vertraut sind, prüfen, welche übergeordneten Wirkungsziele durch die Leistungserbringung erreicht werden können. Diese Wirkungsziele gilt es dann durchzugehen und gegebenenfalls Konkretisierungen in der Formulierung vorzunehmen. So könnte die Verhinderung der Isolation in einer Pflegeeinrichtung beispielsweise bedeuten, dass die Bewohner*innen so und so oft an Gruppenaktivitäten teilnehmen oder so und so oft besucht werden. Bei diesem Schritt findet zumeist ein fließender Übergang in Richtung Indikatorenbildung und konkreterer Schritte der Wirkungsmessung statt.

Schritt 3: Wirkungsmessung und standardisierte, kategorisierte Erfassung auf individueller Ebene

Sind konkrete Wirkungsziele definiert und auf die ausgewählten Leistungen angepasst, folgt der erste Schritt in Richtung Messung. Dabei muss Klarheit darüber herrschen, auf welche Weise Informationen darüber erlangt werden können, welche Veränderungen bei den betroffenen Stakeholdern durch die erbrachten Leistungen eintreten. Von zentraler Bedeutung ist ein Verständnis dafür, ob, wann und wie eine Datenerhebung sinnvoll ist. Die meisten Organisationen sammeln bereits eine Vielzahl von Daten, wie beispielsweise Anamnesen, laufende Dokumentationen oder Protokolle. In vielen Fällen enthalten sie wertvolle Hinweise darauf, ob bestimmte Wirkungen eintreten. Daher empfiehlt es sich, die bereits vorhandenen Datenquellen sorgfältig zu prüfen. In vielen Fällen lassen sich diese direkt in Wirkungsindikatoren überführen.

Sofern bestehende Daten nicht direkt zur Wirkungsmessung geeignet sind, empfiehlt sich häufig eine leichte Anpassung der Dokumentationssysteme. Kleine Adaptionen in Richtung Standardisierung können sich in Bezug auf die Effizienz als entscheidend erweisen. Der Gesundheitszustand einer Klient:in oder eines Klienten kann beispielsweise per standardisierter Likert-Skala erfasst werden. So lassen sich Vergleiche im Zeitverlauf anstellen und die gesundheitlichen Wirkungen messen. Dies ermöglicht eine statistische Auswertung und reduziert gleichzeitig den Dokumentationsaufwand. Wenn die bestehenden Quellen ausgeschöpft sind, müssen die Möglichkeiten neuer Datenerhebungen ausgelotet werden. In diesem Fall ist es empfehlenswert, ressourcenschonend zu denken. Zusätzliche Datenerhebungen sollten sich möglichst in bestehende Prozesse integrieren.

Nach Auslotung der Möglichkeiten der Datenerhebung erfolgt die Entwicklung von Wirkungsindikatoren, die Auskunft über die erreichten Wirkungen geben sollen. Diese sollen ohne großen Zusatzaufwand in die laufende Arbeit integriert werden können. Quantitative Wirkungsindikatoren erfassen die Wirkung mit einem standardisierten Messinstrument bei einer großen Anzahl an Personen und geben Aufschluss darüber, bei wie vielen Personen und in welcher Stärke die Wirkung eingetreten ist. Anders ausgedrückt, sie messen die Breite und Intensität der Wirkung. Dabei unterscheiden sie sich beispielsweise von qualitativen Methoden der Wirkungsanalyse: Eine qualitative Befragung umfasst tiefergehende Interviews mit einer ausgewählten Gruppe der beobachteten Stakeholder, um die komplexen Wirkungszusammenhänge zu ergründen.

Eine zentrale Herausforderung besteht darin, eine Balance zwischen wissenschaftlicher Rigidität und Anwendbarkeit zu finden. In wissenschaftlichen Studien wird die Wirksamkeit von Maßnahmen üblicherweise mit wissenschaftlich validierten Fragebatterien und einer Kontrollgruppe gemessen. Dies erhöht die Genauigkeit und minimiert Störfaktoren. Ein solch rigides Vorgehen ist für Organisationen oft nicht erforderlich, um ihre Wirkungen zu erfassen, und zudem im Arbeitsalltag der Mitarbeitenden nur schwer umzusetzen. Entsprechend sollte sich die Wirkungsmessung auf möglichst wenige und schnell zu beantwortende Fragen beschränken, die Auswertung möglichst simpel sein.

In der Umsetzung empfiehlt sich, dass jene Personen, die mit der konkreten Leistungserstellung vertraut sind und die im Wirkungszieladaptionsprozess eingebunden waren, mit der weiteren Konkretisierung in Richtung Erhebungen und Wirkungsindikatoren, gemeinsam mit sozialwissenschaftlich geschulten Personen, die konkreten Erhebungsinstrumente vorbereiten. Hierbei ist darauf zu achten, dass die erhobenen Daten und Informationen letztlich kategorisiert nach Wirkungszielerreichungsgraden (z.B. vollumfänglich erreicht, wenig erreicht oder Anteile der Erreichung) in ein IT-System einfließen, das in weiterer Folge eine Aggregation der Daten zulässt.

Ein größerer organisationenübergreifender Prozess bietet hier eine Reihe von Synergien. So wird die Wirkungserhebung in unterschiedlichen Pflegeeinrichtungen oder unterschiedlichen Beratungseinrichtungen vermutlich gleich oder sehr ähnlich ablaufen können. Entsprechend könnte bei einer Vorarlberg-weiten Umsetzung beispielsweise ein Träger Indikatoren und Erhebungen für Leistungen der Arbeitsmarktinklusion erarbeiteten und ein anderer Träger sich dem Thema Wohnen widmen. Anschließend werden die Ergebnisse ausgetauscht und allenfalls leicht adaptiert. Auch beim Thema IT-Prozesse können die Organisationen voneinander lernen und wechselseitig Good-Practice-Prozesse übernehmen.

Schritte 4 & 5: Aggregation der Daten und Bestimmung der Zielerreichung auf übergeordneter Leistungs- bzw. Organisationsebene sowie auf organisationenübergreifender Ebene (z.B. Bundesland)

Sind die Wirkungsinformationen auf Mikroebene erfasst, gilt es, den ersten Schritt der Aggregation zu gehen, jenen in Richtung Mesoebene der Organisation. Hier interessiert, in welchem Umfang die Wirkungsziele in einem bestimmten Zeitraum erreicht wurden. Am Ende der Beobachtungsperiode, beispielsweise am Jahresende, wird abgefragt, bei wievielen Personen, die eine Leistung, beispielsweise mobile Pflege oder ein Bündel an Arbeitsmarktintegrationsmaßnahmen, in Anspruch genommen haben, die Wirkung eingetreten ist. Wieviele Personen sind beispielsweise sozial weniger isoliert als vor Inanspruchnahme der Leistung? Allenfalls kann hier auch die Intensität der Reduktion von Isolation hinzugenommen werden (z.B.: deutlich weniger isoliert). Diese Informationen fließen dann in den Anteil der Wirkungszielerreichung einer Leistung auf Ebene der Sozial-NPO im Sinne des Konzepts der wirkungsbasierten Steuerungsbox ein und tragen gleichzeitig zu einer leistungsübergreifenen Wirkungszielerreichung bei. Die Sozial-NPO kann somit Aussagen darüber treffen, a) in welchem Ausmaß ein bestimmtes Wirkungsziel durch eine bestimmte Leistung erreicht wurde und b) in welchem Ausmaß sie als Organisation bestimmte Wirkungsziele erreichen konnte. Aggregiert wird dabei anhand des Prozentanteils des jeweiligen Stakeholders, bei dem die Wirkung eintrat – unabhängig von Leistung und Indikator.

In einem zweiten Schritt kann die Wirkungszielerreichung auch auf organisationenübergreifender Ebene dargestellt werden. Hierfür sind die Leistungs- und ggf. Organisationsdaten auf Makroebene zu aggregieren. Konkret müssten die Informationen zur Wirkungszielerreichung über eine IT-Schnittstelle zusammengeführt werden, um eine aggregierte Auswertung zu ermöglichen. Aus diesem Grund empfiehtl es sich, Vertreter*innen der IT in den Prozess einzubinden. Als Ergebnis können dann, sofern alle Organisationen einer bestimmten Leistungsart angebunden sind, für das gesamte Bundesland Wirkungsaussagen getroffen werden. Zu diesem Zeitpunkt werden die Wirkungsziele mit konkreten Ist-Daten unterfüttert und dadurch aggregiert errechnet, bei welchem Prozentanteil der betreuten Personen bzw. weiterer Stakeholdergruppen eine jeweilige Wirkung eintrat. Eine Aussage wie: „Wir haben die soziale Isolation von 85% der betreuten Personen im Bereich der Pflege reduziert“, wird möglich.

Eine gewisse Herausforderung bei der Entwicklung von Indikatoren ist die Heterogenität der Organisationen und Leistungen, die bei einer Aggregation berücksichtigt werden muss. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein und derselbe Indikator für die Messung eines Wirkungsziels bei sämtlichen Leistungen aller Organisationen, also in jedem denkbaren Setting, verwendet werden kann. Um diesen Aspekt zu berücksichtigen, sollten in Abhängigkeit der verschiedenen Fachbereiche, Organisationen und Einrichtungen, mehrere Indikatoren festgelegt werden, die das gleiche Wirkungsziel messen. Das Ziel besteht darin, ein Set an Indikatoren je Wirkungsziel zu entwickeln, aus dem je nach Setting der passende gewählt werden kann. So wird Vergleichbarkeit gewährleistet und es bleibt zugleich Spielraum für settingspezifische Anpassungen. Bei Bedarf besteht die Möglichkeit, dieses Set an Indikatoren zu erweitern. Die Indikatoren müssen dabei in enger Abstimmung ausgearbeitet werden, um die Gültigkeit des Systems sicherzustellen.

In der Umsetzung empfiehlt sich, insgesamt ein hohes Maß an Automatisierung in der Auswertung zu erreichen, sowohl innerhalb einer Organisation als auch organisationenübergreifend. Dabei ist Klarheit über die genauen Abläufe herzustellen. So muss feststehen, wer auf Organisations- sowie auf Landesebene die Zuständigkeit des Datenabrufs bzw. der Datenzusammenführung besitzt; in anderen Worten: es braucht eine klare Rollenverteilung. Ebenso müssen Zeitpunkte der Datenabfrage sowie die Berichtszeiträume klar definiert werden.

Schritt 6: Analyse der Wirkungszielerreichung im Vergleich von Leistungen und Organisationen sowie darauf aufbauendes Lernen voneinander

Liegen Ist-Werte vor, können diese mit vorab festgelegten Soll-Werten verglichen werden. Solcherart lässt sich je Wirkungsziel eine Abweichungsanalyse durchführen: Inwiefern wurde der Soll-Wert erreicht? Wurde er über- oder unterschritten? Wie kam es dazu? Die Ergebnisse einer solchen Abweichungsanalyse sind die Basis für organisationales und sektorales Lernen und Steuern.

Organisationsintern kann eine Sozial-NPO bei entsprechender Größe und Heterogenität der Zielgruppen Vergleiche zwischen Leistungen und Gruppen anstellen. Solcherart können Lerneffekte zu Wirkungen der erbrachten Leistungen auf Organisationsebene angestoßen werden. Noch interessanter wird es, wenn Vergleiche zur Wirkungszielerreichung auf Makroebene zwischen Leistungen und ggf. leistungserbringenden Organisationen gemacht werden. Solcherart könnten Leistungen identifiziert werden, die wirkungsvoller sind. Hier kann dann im Sinne des Lernens genauer hingesehen werden, was den Erfolg ausmacht und inwiefern dies a) in andere Leistungen implementiert werden kann oder b) von anderen Organisationen übernommen werden kann. Systemübergreifendes Lernen wird initiiert.

In der konkreten Umsetzung dieses abschließenden Schritts sind die Rahmenbedingungen dahingehend zu gestalten, dass einerseits ein Gefühl der Kontrolle vermieden wird und andererseits eine destruktive Konkurrenz zwischen den Sozial-NPOs oder innerhalb einer Organisation zwischen unterschiedlichen Leistungserbringern verhindert wird. Das Ziel wirkungsbasierter Steuerung besteht vielmehr in der Förderung konstruktiver Lernprozesse und der Generierung innovativer Lösungen, die zum Wohle der Stakeholder, im Sinne einer besseren, breiteren Wirkungszielerreichung beitragen. Im Mittelpunkt sollte stets die Generierung von gesellschaftlichem Mehrwert stehen, was schließlich das primäre Anliegen aller Beteiligten und der Wirkungsziele ist.

Um dieses Potenzial voll auszuschöpfen, empfiehlt sich in der operativen Umsetzung des Lernprozesses, institutionalisierte Formate zu etablieren, die über reine Berichte hinausgehen. Es gilt, explizit Räume für den Austausch zu schaffen – etwa durch regelmäßige Reflexionsworkshops oder Qualitätszirkel. Besonders für das systemübergreifende Lernen bieten sich praxisnahe Methoden an: Feldbesuche bei anderen Organisationen oder Formate der Peer-Beratung ermöglichen es, theoretische Erkenntnisse vor Ort zu validieren und Good-Practices direkt im Anwendungskontext zu erleben.

Conclusio

Die skizzierte Herangehensweise, wirkungsbasierte Steuerung in einem gesamten Sozialsystem zu etablieren, ist neu und innovativ. Durch ihre Umsetzung findet ein Abgleich statt zwischen gesellschaftlich erwünschten Wirkungszielen und den für die Steuerung verwendeten Informationen. Dies steht im Kontrast zur derzeitigen Steuerung anhand von Leistungsinformationen, die Wirkungen Außen vorlässt und weder adressiert, noch misst.

Das Ziel wirkungsbasierter Steuerung besteht darin, den Umfang und die Intensität der Wirkung bei größeren Gruppen der Klient*innen zu erfassen, daraus Zusammenhänge mit den erbrachten Leistungen abzuleiten und auf dieser Basis eine Optimierung der Leistungen zu erreichen. Dadurch wird es möglich, jene Leistungen zu identifizieren, welche sich als wirkungsvoller erweisen. Dabei wird die Analyse kausaler Zusammenhänge zu bestimmten Teilleistungen ausgeklammert, also die Frage, welche Aspekte einer Leistung weshalb wirksam sind. Der Fokus liegt vielmehr auf der Leistung als Aggregat. Die Präsenz einer erhöhten Anzahl von Wirkungskennzahlen im System begünstigt den Zugriff auf die Erfahrungen anderer Projekte oder Organisationen. Neben der Steuerung ermöglicht dies zudem, das Ergebnis der eigenen Arbeit evidenzbasiert sichtbarer zu machen. Die Abbildung der eingetretenen Wirkungen in ihrer Breite trägt maßgeblich zu Glaubwürdigkeit und Professionalität des Sektors bei.

Referenzen