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Suggested actions to improve businesses' liquidity during the Corona crisis

10/04/2020

by Prof. Eva Eberhartinger und Prof. Matthias Petutschnig

Also available as PDF (German).

Die durch das SARS-CoV-2 Virus entstandene Ausnahmesituation in Österreich, Europa und vielen anderen Ländern bringt gesunde Unternehmen und Selbständige in große akute Schwierigkeiten und gefährdet dadurch zahlreiche Arbeitsplätze. Das größte Problem ist die fehlende Liquidität, die durch Umsatzeinbruch bei gleichzeitig weiterlaufenden Zahlungsverpflichtungen (Gehältern, Miete) entsteht. Neben den schon bestehenden Maßnahmen zur Sicherung der kurzfristigen Liquidität sind aber auch mittelfristige Maßnahmen erforderlich.

Viele Unternehmen und Selbständige haben ein sehr erfolgreiches Wirtschaftsjahr 2019 hinter sich. Die Gewinne des Jahres 2019 sind von der Coronakrise noch nicht betroffen (sog. wertbegründendes Ereignis nach dem Bilanzstichtag), ebenso basieren daher die Ertragsteuern auf den erfreulichen Zahlen des Jahres 2019. Die tatsächliche Zahlung der Ertragsteuern für 2019 erfolgt in den meisten Fällen im Laufe des Jahres 2021, dh. genau zu jener Zeit, zu der die heimische Wirtschaft voraussichtlich noch nicht vollständig erholt und der Liquiditätspolster der Unternehmen und Selbständigen noch nicht wieder gefüllt ist. Dadurch kann der nach der Krise so notwendige und erhoffte Nachholeffekt des Wirtschaftswachstums gefährdet werden.

Wir begrüßen die bisherigen kurzfristigen Maßnahmen, insbesondere Stundung von Vorauszahlungen, Notfallfonds, Härtefonds, etc. Zusätzlich sprechen wir uns für drei mittelfristige Maßnahmen aus, mit welchen der Staat die nachhaltige Erholung der Wirtschaft zusätzlich fördern sollte:

  1. die Bildung einer unversteuerten Rücklage für die steuerliche Gewinnermittlung 2019, und / oder

  2. die Zulässigkeit eines zeitlich begrenzten steuerlichen Verlustrücktrags

  3. der Entfall der Mindestbesteuerung von Kapitalgesellschaften

  4.  

1. Unversteuerte Rücklage

  • Der Jahresüberschuss des Jahres 2019 soll einer unversteuerten Rücklage zugeführt werden. Dadurch verbleibt der Jahresgewinn 2019 zunächst, bis zur Auflösung der unversteuerten Rücklage, steuerfrei.

  • Der Verlust des Jahres 2020 sollte vorrangig mit der unversteuerten Rücklage verrechnet werden.

  • Die danach noch bestehende unversteuerte Rücklage sollte ab dem Veranlagungsjahr 2021 über drei Jahre verteilt, oder in Abhängigkeit der Ertragslage über einen kürzeren Zeitraum, gewinn- und damit steuererhöhend aufgelöst werden.

  • Ein danach noch nicht verrechneter Verlust des Jahres 2020 wird auf neue Rechnung vorgetragen, und daher mit Gewinnen der Jahre 2021 und später verrechnet.

  • Es handelt sich daher um eine zinsfreie Stundung der Ertragsteuer 2019.

2. Verlustrücktrag

  • Der Verlust des Jahres 2020 wird auf den Gewinn 2019 oder 2018 rückgetragen. In der Folge erhält das Unternehmen / der Selbständige eine Steuergutschrift, welche die Liquidität unterstützt. Der Verlustrücktrag kürzt den Verlustvortrag.

  • Stattdessen kann vereinfachend auf Basis des letzten verfügbaren Steuerbescheides die gezahlte Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer Jahre 2017 oder 2018 sofort auf formlosen Antrag an den Steuerpflichtigen zurücküberwiesen werden. Diese Liquiditätsversorgung sollte unabhängig von der Größe der betroffenen Unternehmen erfolgen und wird nicht verzinst. Die Steuergutschrift kürzt die Steuerentlastung aus dem Verlustvortrag. Es handelt sich auch beim Verlustrücktrag um eine zinsfreie Stundung der Ertragsteuer 2019.

3. Entfall der Mindestbesteuerung

  • In jeden Fall sollte im Fall eines Verlustvortrags, welcher im Jahr 2020 geltend gemacht wird, oder welcher für den Verlust 2020 in den Folgejahren geltend gemacht wird, die Mindestbesteuerung in Höhe von 25% gem. § 8 Abs 4 Z 2 lit a KStG entfallen.

  • Die Mindestkörperschaftsteuer gem § 24 Abs 4 KStG sollte für das Jahr 2020 ausgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG

  • Die Maßnahmen zur Herstellung der Liquidität müssen so kurzfristig und unbürokratisch erfolgen, dass eine Antragstellung mit Angemessenheitsprüfung im Einzelfall entfällt. Gleichzeitig soll die Liquiditätsversorgung unternehmensspezifisch ausgestaltet sein.

  • Eine Orientierung am Gewinn des Vorjahres stellt kurzfristig und unbürokratisch eine unternehmensspezifische Hilfe sicher.

  • Die Maßnahmen müssen auch die zusätzlichen Belastungen nach Abflauen der Akutphase der Krise berücksichtigen

  • Die vorgeschlagenen Maßnahmen stellen keine Steuersenkung dar, sondern sind eine zeitliche Verschiebung der Steuerbelastung, um unbürokratisch Soforthilfe zu leisten.

  • Die gesetzliche Grundlage sollte umgehend beschlossen werden, um die Bildung der steuerfreien Rücklagen rasch zu ermöglichen.

Kontakt

Fachliche AnsprechpartnerInnen:

a. Univ.Prof. Dr. Matthias Petutschnig (matthias.petutschnig@wu.ac.at)

Univ.Prof. Dr. Eva Eberhartinger (eva.eberhartinger@wu.ac.at)

Abteilung für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre – WU Wien.