Olivenöl aus Österreich: Die Vision der Eisenstädter "Pannolio" Genossenschaft

06. September 2023

Im April 2023 sprach die „Geno schafft“-Redaktion mit David Schopper von der Pannolio Genossenschaft aus dem Burgenland. Herr Schopper hat es sich zum Ziel gemacht, die Olivenkultur in Österreich stärker zu etablieren. Inhalt des Gesprächs mit der noch jungen Genossenschaft waren bisherige Erfolge und die Tücken der Gründungsphase. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!

Lesezeit: 8 Minuten

„Geno schafft“-Redaktion (GsR): Bitte stellen Sie sich und die Pannolio Genossenschaft vor.

David Schopper (DS): Mein Name ist David Schopper und ich habe die Pannolio, die pannonische Olivenölgenossenschaft, gegründet, um die Etablierung der Olivenkultur in Österreich voranzutreiben und auch deren Erforschung zu fördern. Meine Frau und ich bilden den Vorstand und wir hatten zu Beginn zwei investierende Mitglieder und ein paar Landwirte, die schon vor der offiziellen Gründung Interesse daran gezeigt haben, Mitglieder zu werden. Da das Thema Olivenanbau in Österreich noch ein sehr junges ist, hat es sich bei uns so etabliert, dass man die Aufgaben entsprechend der neu gewonnenen Erkenntnisse anpasst.

(GsR): Was war Ihre Motivation die Genossenschaft zu gründen? Gab es eine Marktlücke, die Sie erkannt haben?

(DS): Die Marktlücke ist riesig. Am Anfang wollten wir nur das fertige Produkt, also das Olivenöl, anbieten. Allerdings haben wir bemerkt, dass die Menschen an den Olivenbäumen an sich und auch an der dahinterliegenden Kultur sehr interessiert sind. Und dieses Interesse ist genau das, worauf wir uns spezialisiert haben. Hierbei geht es vor allem auch darum, welche klimatischen Vorlieben verschiedene Olivenarten haben. Neben den Informationen bieten wir natürlich auch die geeignetsten Sorten zum Kauf an. Durch die industrialisierte Landwirtschaft sind viele dieser Sorten fast verloren gegangen. Im Zuge der aktuellen Nachhaltigkeitsbewegung ist ein kleiner Hype um viele dieser alten Gattungen aufgekommen. Es geht wieder zurück Richtung Bio und der Verwendung von samenfestem Saatgut. Das heißt, ich baue eine Pflanze an, nehme dann den Samen von dieser und pflanze diesen wieder aus. Im Gegenteil dazu steht hybridisiertes Saatgut, welches meiner Meinung nach ein Problem in der modernen Landwirtschaft darstellt. Deswegen versuchen wir die wichtige Aufgabe der Erhaltung von alten Olivensorten zu gewährleisten.

(GsR): Welche Rolle hatten Umwelt- und Klimaschutzaspekte bei der Gründung der Genossenschaft?

(DS): Umweltschutz an sich ist natürlich wichtig. Wir passen sehr auf unsere Böden auf. Wenn man sich zum Beispiel anschaut mit welchen Materialien Weinreben an den Stock gebunden werden, ist das alles reinstes Plastik. Das wird dann jedes Jahr abgeschnitten und fällt üblicherweise auf den Boden. Anschließend kommt ein Mulcher, der zerhäxelt dieses Plastik, welches dann den Boden kontaminiert. Das ist etwas, das ich gar nicht will. Ich passe auf meinen Boden wie auf mein Augenlicht auf, weil ich nicht in 100 Jahren Mikroplastik in meinem Feld haben möchte, auch wenn es mich dann nicht mehr tangiert. Man muss aber natürlich gewisse Kompromisse eingehen. Wenn man einen jungen Olivenbaum hernimmt, ist der Stamm im Verhältnis zur Anzahl der Blätter extrem dünn. Wie gut steht der dann im burgenländischen Wind? Gar nicht! Daher müssen wir die Bäume anbinden. In den ersten 3, 4 Jahren haben wir mit natürlichen Akazienstäben gearbeitet. Nur die Akazien haben den Nachteil, dass sie mit der Zeit verhärten. Wenn man jetzt hergeht und am Feld arbeitet, brechen diese dann oftmals ab. Da haben wir wirklich resigniert. Es ist momentan leider nicht möglich, natürliche Materialien zum Anbinden der Olivenbäume zu verwenden, obwohl uns der Umweltschutz und Plastikvermeidung wichtig sind. Abgesehen von dieser Thematik haben wir einen besonders großen Traktor besorgt, der eine große Aufstandsfläche hat und relativ leicht ist, damit der Boden so wenig wie möglich verdichtet wird. Der fährt zwar mit Diesel, aber es geht bisher nicht anders. Generell machen wir uns viele Gedanken zu diesem Thema und ein Vorteil bei Olivenbäumen ist auch, dass diese nicht viel Pflege brauchen. Sie müssen nicht unbedingt gespritzt werden und deshalb ist es einfach das ganze biologisch zu machen. Solange es für uns auch noch keine Schädlinge gibt, kann man nur mit Kalk oder Kupfer arbeiten. Kalk ist völlig bedenkenlos und Kupfer, im Vergleich zu Glyphosat oder Herbiziden, auch.

(GsR): Wie ist die Gründung der Genossenschaft abgelaufen?

(DS): Grundsätzlich war das Ganze eher ein dynamischer Prozess, weil wir bis kurz vor der Gründung der Genossenschaft noch nicht wussten, dass sie die für uns passende Gesellschaftsform sein könnte. Die Idee hatten wir schon im März letzten Jahres. Das Ausformulieren der Satzung hat dann bis zum Sommer gedauert und dann haben - wie in den Sommermonaten üblich - Urlaube die Umsetzung verzögert. Dadurch hat sich die formelle Gründung bis Anfang dieses Jahres hingezogen. Das hat uns aber an der Arbeit an sich nicht wirklich gehemmt. Darüber hinaus muss ich sagen, dass der Prozess recht angenehm war, weil eine bekannte Steuerberaterin, die Genossenschaften als ihr Hobby bezeichnet, uns unter die Arme gegriffen und uns mit ihrem Rat unterstützt hat. Von ihr kam ursprünglich auch die Idee, eine Genossenschaft zu gründen. Sie hat auch die Satzung geschrieben, weil sie schon mehrere landwirtschaftliche Genossenschaften betreut und aufgrund ihres Hobbies auch Kontakt zu den verschiedenen Revisionsverbänden pflegt. Ich persönlich kenne mich mit dem ganzen Gesellschaftssystem gar nicht so gut aus. Daher habe ich ihr diese Aufgabe übertragen. Der Gründungsprozess an sich war für mich hie und da mal ein Telefongespräch und ein paar an mich gerichtete, abklärende Nachfragen. Aber das war im Grunde genommen keine Arbeit. Erst im Laufe dieses Prozesses wurde mir dann final klar, dass das Modell einer Genossenschaft sehr gut zu meiner Idee passt.

(GsR): Gab es zusätzliche Gründe, die zur Rechtsform der Genossenschaft geführt haben?

(DS): Die Hauptgründe waren einerseits, dass diese Rechtsform in der Landwirtschaft schon gängig ist und andererseits, dass sich die Leute auch besser mit einer Genossenschaft anfreunden und identifizieren können. Die Mitglieder hängen sich freiwillig Banner an ihre Zäune, verteilen unsere Folder und identifizieren sich als Teil dieser Genossenschaft und das ist das Wichtige. Verbunden damit ist die Genossenschaft für uns deshalb so ein Vorteil, weil sie ein durchaus etabliertes Gesellschaftssystem in Österreich ist, dem die Leute vertrauen. Wenn man hergeht und sagt, man ist eine GmbH, weiß jeder das ist irgendwie gewinnorientiert. Natürlich wollen wir auch Geld verdienen, das ist klar, weil wenn wir kein Geld verdienen, können wir kein Geld investieren und dann können wir das ganze Projekt nicht vorantreiben. Also Geldverdienen gehört natürlich dazu. Aber die Genossenschaft ist meiner Meinung nach ein höchst demokratisches Gesellschaftssystem und vor allem mit den Landwirten ist es für mich die beste Gesellschaftsform, weil das jeder von Anfang an versteht. Man hat Einblick in die Satzung, es wird demokratisch abgestimmt, wir setzen uns zusammen. Das bewirkt, dass das Gemeinschaftsgefühl durch die Genossenschaft gut gestärkt wird und daher ist es für dieses Projekt die beste Gesellschaftsform.

(GsR): Dann noch die Gegenfrage. Gibt es Gründe warum Sie sich gegen andere Rechtsformen entschieden haben?

(DS): Meiner Meinung nach ist der Verein ein bisschen zu unverbindlich und nur für nicht-gewinnorientierte Zwecke geeignet, weshalb wir uns auch dagegen entschieden haben.

(GsR): Welche Rolle hatte der Revisionsverband für Sie bei der Gründung? Haben Sie viel Kontakt mit diesem gehabt?

(DS): Wir hatten zwei oder drei Zoom-Gespräche mit unserem Revisionsverband „Rückenwind“. Da haben wir natürlich gewisse Details abgeklärt. Wir mussten, soweit ich weiß, gewisse Parameter für die Gründung der Genossenschaft erfüllen und unser Revisionsverband hat das mit uns abgeklärt. Da ging es darum, dass wir die Gemeinnützigkeit der Etablierung der Olivenkultur fördern und dass wir unser Wissen auch relativ frei zugänglich auf unserer Website machen. Deswegen kommunizieren wir die meisten Dinge ganz offen, damit jeder Einsicht hat.

(GsR): Können Sie die Voraussetzungen nennen, um ein Mitglied bei der Pannolio Genossenschaft zu werden?

(DS): Grundsätzlich kann jeder der möchte Mitglied werden, wobei es natürlich im Privatkundenbereich eher die Leute betrifft, die sich wirklich intensiver mit der Oliventhematik auseinandersetzen wollen. Für die Privatkunden und -kundinnen haben wir auch einen eigenen Telegramkanal, wo die Mitglieder über die Fortschritte und Erkenntnisse, die wir gewinnen, informiert werden. Zu dieser Kategorie zählt man für uns auch noch, wenn man um die 30 oder 40 Bäume kauft. Daneben gibt es dann noch die Landwirtschaftskurie, die dann eher für die Leute ist, die 200 oder 300 Bäume aufwärts nehmen. Da hat man dann in 5 Jahren zumindest eine Vierteltonne Oliven zum Verarbeiten. Heuer haben wir auch schon mit der Vermehrung der Sortenraritäten begonnen. Das ist etwas wofür man einerseits Erfahrung mit der Pflanzenvermehrung braucht und andererseits auch die technischen Voraussetzungen im Betrieb vorhanden sein müssen. Daher haben wir gesagt, dass es erst ab einer gewissen Größe möglich ist an der Landwirtschaftskurie teilzunehmen. Daneben geht es bei dieser Aufteilung auch um die Mitbestimmungsrechte. Jemand, der lediglich 20 Bäume hat, soll eher einen passiven Teil in der Genossenschaft einnehmen.

(GsR): Können Sie Genaueres zu Ihren Mitgliedern erzählen?

(DS): Es dürften jetzt schon um die 12 Mitglieder sein. Was die Verteilung angeht, sind ungefähr gleichviele private wie landwirtschaftliche Mitglieder. Das Alter bei den landwirtschaftlichen Mitgliedern ist recht durchschnittlich. Der Jüngste ist 26, der Älteste 55. Was allerdings alle vereint ist, dass es funktioniert. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Innovationsgeist. Alle wollen etwas Neues schaffen. Es geht aber nicht nur um das Neue des neu-sein-wollens, sondern auch um die Verdienstmöglichkeiten, die man dadurch hat. Hier ist es auch ein langfristiges Denken, dass unsere Mitglieder auszeichnet. Das Anlegen eines Olivenhaines ist nämlich initial gesehen 20-30% teurer als bei einem Weingarten.

(GsR): Haben Sie Pläne bezüglich der Größe der Genossenschaft?

(DS): Das lassen wir einfach auf uns zukommen. Ich denke, dass der Markt für österreichisches Olivenöl sowieso nicht gestillt werden kann. Beim Olivenöl ist die Produktion wegen der Pflanzen sehr langfristig und zeitverzögert, da diese erst nach 5-10 Jahren eine große Ernte bringen. Es ist auch nicht jede Lage geeignet. Speziell in Tälern, wo der Wein wunderbar wächst, würde ich keinen Olivenbaum pflanzen.

(GsR): Läuft die Olivenölproduktion nach der Ernte zentral ab oder ist diese auch dezentralisiert, wie es beim Anbau der Fall ist?

(DS): Die läuft natürlich noch zentral ab. Die kleinste Ölmühle, die am Markt ist, verarbeitet 30-50 Kilo in der Stunde. Und das ist vorerst vollkommen ausreichend. Darüber hinaus findet die Ernte nicht auf einen Schlag statt. Dadurch, dass wir alle unterschiedliche Sorten ausgesetzt haben, wird bei manchen Sorten schon Ende September geerntet, während es bei anderen erst kurz vor dem ersten Frost soweit ist.

(GsR): Wie sah die Finanzierung vor, während und nach der Gründung aus?

(DS): Die Finanzierung war mit dem Kopf durch die Wand. Ich habe mal alles reingebuttert, was ich so habe. Also nicht alles, aber zumindest einen großen Anteil, weil ich eben auch persönlich an das ganze Projekt glaube. Daneben gibt es noch einen Investor, der schaut, dass alles auf Schiene ist.

(GsR): Können Sie den alltäglichen Geschäftsbetrieb der Genossenschaft erläutern?

(DS): Also neben den landwirtschaftlichen Aspekten, wo wir momentan in der finalen Phase sind, unsere letzten Haine anzulegen, haben wir vor kurzem unsere erste Generalversammlung abgehalten. Es war eigentlich mehr ein gemütliches Beisammensein mit gutem Essen und Wein. Alle haben sich verstanden und alle haben sich darauf geeinigt, dass wir dieselben Ideen und Ansichten haben und dass wir das auch so umsetzen. Es war wirklich ein total unkompliziertes Miteinander.

(GsR): Gab es bis jetzt irgendwelche großen Herausforderungen, die Sie gemeistert haben?

(DS): Rückwirkend betrachtet haben sich die vermeintlich großen Herausforderungen immer als bewältigbar herausgestellt. Aber zur gegebenen Zeit hat das mitunter anders gewirkt. Etwas Konkretes fällt mir spontan nicht ein, aber es sind einfach eine Million Handgriffe, die ein riesengroßer Aufwand sind, aber irgendwie war bisher alles machbar.

(GsR): Was waren bisher ihre größten Erfolge mit der Genossenschaft?

(DS): Das Mindset, würde ich sagen, ist der größte Erfolg. Wir sind eine Gruppe von Menschen, die alle dasselbe bewirken wollen und ich glaube, dass das schon ein großer Erfolg ist.

(GsR): In die Zukunft blickend: Was sind im kommenden Jahr die nächsten Schritte beziehungsweise die nächsten Ziele, die Sie erreichen wollen?

(DS): Etwas, das ich gerade vorbereite, hat mit einer kleinen landwirtschaftlichen Revolution zu tun. Jedes von unseren landwirtschaftlichen Mitgliedern betreibt die Landwirtschaft nicht nur als Beruf, sondern auch aus Leidenschaft. Deswegen haben viele auch tolle Produkte abseits dessen, was sie offiziell verkaufen oder in den Handel bringen. Und da kommt jetzt diese neue Bewegung, die sich Farm-to-Table nennt, ins Spiel. Das Ziel ist es, diesen ganzen Zwischenhandel auszuschalten. Um das zu erreichen, möchte ich in Zusammenarbeit mit unserer Genossenschaft und einem Lokal in Eisenstadt ein Projekt ins Leben rufen. Wir wollen dort Pizza servieren, mit Zutaten die ausschließlich von unseren Landwirten angebaut wurden. Das heißt, wir schalten den ganzen Zwischenhandel aus. Dadurch ist im Endeffekt auch die Gewinnmarge auf das Produkt größer. Wir als Genossenschaft verarbeiten dort die Produkte, die am Vortag noch am Feld waren. Und das ist das, was die Leute auch schätzen. Sie wollen regionale Produkte, sie wollen frische Produkte, sie wollen handgemachte Produkte und wenn es dann auch noch lukrativ für den Landwirt ist, ist es natürlich umso schöner.

(GsR): Geno schafft wünscht Ihnen weiterhin viel Erfolg für die Genossenschaft und wir bedanken uns für das Interview!

Impressionen der Pannolio Genossenschaft

Interviewpartner: David Schopper

Portraitfoto David Schopper

© Pannolio Genossenschaft

Das Forschungsinstitut für Kooperationen und Genossenschaften freut sich sehr, dass für diesen Beitrag David Schopper, Gründungs- und Vorstandsmitglied der Pannolio Genossenschaft, als Interviewpartner bereitstand, bei dem wir uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken möchten!

Link zur Website der Pannolio Genossenschaft

Autor und Interviewer: Emil van de Vondervoort

Bei Anmerkungen, weiterführenden Informationen oder Anfragen zu einer Zusammenarbeit wenden Sie sich bitte an gregor.rabong@wu.ac.at oder ricc@wu.ac.at.

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