Brauereigenossenschaften

06. April 2020

Der Frühling ist da und mit sommerlichen Temperaturen lädt das Wetter zum Verweilen auf der Terrasse, dem Balkon oder im Garten ein. Viele Österreicher/innen eröffnen in diesen Tagen (den COVID-19-Maßnahmen zum Trotz und im dementsprechend familiären Kreis #stayhomesafelives) die Grillsaison. Für viele Menschen mit dem Grillen untrennbar verbunden: kühles Bier. Dass nicht wenige Produzenten des Getränks genossenschaftlich organisiert sind, ist dabei den wenigsten Österreicher/inne/n bekannt. Diese Wissenslücke soll in diesem Beitrag „Schluck für Schluck“ gefüllt werden. In diesem Sinne: Prost!

Lesezeit: 5 Minuten

Bier ist das beliebteste alkoholhaltige Getränk Österreichs: Der Pro-Kopf-Verbrauch von Herrn und Frau Österreicher liegt bei 106 Litern pro Jahr, damit werden wir im europaweiten Vergleich nur von unseren tschechischen Nachbarn übertroffen (Kelch und Hohmann 2018). Grund genug also, einen Blick auf die vier Genossenschaften zu werfen, die in der österreichischen Brauereienlandschaft vertreten sind. Zusätzlich stellen wir Ihnen in diesem Beitrag noch eine, im Hinblick auf ihre Rechtsform weltweit einzigartige, „Braucommune“ vor.

Brauerei Frastanz

Die Frastanzer Brauerei wurde 1902 gegründet, um großen Brauereien, welche maßgeblichen Einfluss auf die damalige Preisgestaltung hatten, entgegentreten zu können. Bis heute ist der Hauptzweck der Genossenschaft laut Satzung die „Belieferung der Mitglieder mit den Brauereiprodukten und zusätzlichen Handelswaren aller Art sowie die Förderung der Bierkultur“. Letzterem wird man unter anderem durch das jährliche Bockbierfest gerecht, welches sich mittlerweile zu einer der größten Veranstaltungen Vorarlbergs gemausert hat. So besuchten 2018 20.000 Gäste das fünftägige Event (frastanzer.at o. J.).

Eine weitere Besonderheit, durch welche sich die Frastanzer Brauerei auszeichnet, ist die Öffnung der Genossenschaft für die (Vorarlberger) Allgemeinheit. Im Jahr 2016 wurden rund 1.000 Anteile zum Verkauf für Vorarlberger/innen freigegeben, binnen eines Monats waren alle Mitgliedschaften zu einem Preis von 500 Euro an den Mann/die Frau gebracht worden (Brauwelt 2016). Durch den Erwerb eines Anteils können die Genossenschafter/innen bei der Entwicklung der Biersorten mitwirken. Der stv. Brauerei Obmann Martin Koch stellte hierzu fest: „Ziel der Öffnung ist es, nachhaltig gutes und regionales Bier zu fördern. Deshalb haben wir uns ganz bewusst für die Ausrichtung der Genossenschaft auf Freunde und Sympathisanten entschieden.“ (frastanz.at o.J.). Seither versteht sich die Brauerei als „Volksbrauerei“, für weitere Interessent/inn/en, welche einen Genossenschaftsanteil erwerben möchten, führt man eine Warteliste.

Das große Interesse an der Genossenschaft ist verständlich, ist sie doch äußerst erfolgreich. Derzeit werden 40 Mitarbeiter beschäftigt, der Vertrieb mit einem Marktanteil von 12 Prozent fokussiert fast ausschließlich auf Vorarlberg. In den vergangenen fünf Jahren konnte der Bierausstoß um 25 Prozent auf 4 Millionen Liter gesteigert werden. Außerdem wurde das Unternehmen 2018 auch mit dem KMU-Preis in der Kategorie „Handel“ ausgezeichnet (frastanzer.at o.J.).

Brauerei Murau

Gegründet wurde die Murauer Brauerei bereits 1495, seit 1910 ist sie eine Genossenschaft. Als Zweck der Genossenschaft ist wie bei der Brauerei Frastanz die Belieferung der Brauerei mit den notwendigen Rohstoffen und Produkten zur Produkterzeugung in der Satzung festgehalten, wobei in diesem Fall nicht nur Bier gebraut wird, sondern auch „Murelli“ Limonaden produziert werden.

Besonderes Augenmerk legt die Murauer Brauerei auch auf Nachhaltigkeit in der Produktion und nimmt hier eine Vorreiterrolle ein. Die Genossenschaft ist der erste EMAS-zertifizierte Betrieb Österreichs (EMAS steht für „Eco-Management and Audit Scheme“, ein von der EU erdachtes Zertifizierungssystem, welches die Performance von Unternehmen im Hinblick auf ihre Umweltauswirkungen evaluiert sowie zur kontinuierlichen Verbesserung dieser verpflichtet). Seit 2014 wird CO2- neutral produziert und ausschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen eingesetzt (murauerbier.at o.J.). Damit setzt die Murauer Brauerei ein starkes Zeichen für nachhaltiges Wirtschaften und ist auch im europaweiten Vergleich eine Ausnahmeerscheinung. Des Weiteren werden einige der Biere aus Zutaten in Bio-Qualität hergestellt. Zahlreiche Preise bestätigen „die grüne Gesinnung“ des Unternehmens, wie beispielsweise der TRIGOS Preis, der FOOD TEC Award, auch das Hundertwasser-Umweltzeichen darf die Murauer Brauerei als einzige in Österreich führen (ibidem).

Brauerei Ried

Die erste Erwähnung der Brauerei führt zurück ins Jahr 1536 (bierregion.at o.J.). Damals war das Innviertel noch Teil Bayerns, dessen Einfluss in der Weißbierproduktion noch heute bemerkbar ist.

Zur Vergesellschafttung in Form einer Genossenschaft als Rechtsform kam es im Jahr 1908: Da viele Gastwirte des Innviertels mit den sie beliefernden Brauereien unzufrieden waren, kam der Gedanke zur Gründung eines eigenen, genossenschaftlich organisierten Brauereiunternehmens auf (rieder-bier.at o.J.). Zu diesem Zeitpunkt befand sich die „Bürgerliche Brauerei-Aktiengesellschaft in Ried“ gerade in finanziellen Schwierigkeiten und wurde von der neu gegründeten Genossenschaft kurzerhand aufgekauft und umbenannt in den bis heute verwendeten Namen „Brauerei Ried e.Gen.“ (bierregion.at o.J.). „Von da an ging es – abgesehen von schwierigen Jahren während der Weltkriege und in den 20er-Jahren – zügig bergauf. Bis heute wird laufend in den Betrieb investiert: in Sudhaus, Keller, Füll- und Waschanlagen, Lagerräume, Tanks, Labor, Büros und Verkaufsräume“ (ibidem). Zweck der Genossenschaft ist gemäß ihrer Satzung nicht nur die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder durch das Bierbrauen, sondern auch die Herstellung und der Verkauf von alkoholfreien sowie gebrannten Getränken, Obstkonserven und Marmeladen. Des Weiteren werden Kurse zur Ausbildung zum Biersommelier/zur Biersommelière angeboten.

Volksbrauerei Schladming

Seit ihrer Gründung im Jahr 1909 liegt der Zweck der Genossenschaft laut Satzung einzig und allein in der „Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft ihrer Mitglieder durch Betrieb einer Brauerei“. Dank der hervorragenden Wasserqualität des Schladminger Wassers, welches sich durch Keimfreiheit und niedrige Härtegrade auszeichnet, können 120.000 Hektoliter Wasser pro Jahr unaufbereitet zur Bierherstellung verwendet werden (Brauindustrie 1999; schladmingerbier.at o.J.). Ähnlich wie die Murauer Brauerei legt auch die Volksbrauerei Schladming viel Wert auf nachhaltige Energiebereitstellung: 2018 wurde die Brauerei an das Schladminger Fernwärmenetz angeschlossen, 2019 wurde eine eigene Pellets-Heizanlage installiert, welche die Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen unterstützt. Dem Umweltschutzgedanken ebenfalls besonders gerecht werden einige Biersorten, welche aus Bio-Zutaten hergestellt werden (schladmingerbier.at o.J.).

Braucommune Freistadt

Die Braucommune Freistadt ist zwar keine Genossenschaft, soll an dieser Stelle jedoch trotzdem erwähnt werden, kommt der Gedanke der Rechtsform „Commune“ den der Genossenschaft doch sehr nah. Die Braucommune Freistadt ist die letzte ihrer Art in ganz Europa und das letzte verbliebene Unternehmen des Typus „Commune“ weltweit.

Die Geschichte der Commune geht zurück ins Jahr 1363, damals wurde den Freistädter Bürger/inne/n von Herzog Rudolf IV das Recht verliehen, in den eigenen Häuern Bier zu brauen und auszuschenken. Als Bürger/in galt man damals jedoch nur, wenn man ein Haus innerhalb der Stadtmauern besaß. Im Anschluss „braute jede/r sein/ihr eigenes Bier“ – eine doch etwas mühselige Tätigkeit, die sich zusammen besser bewältigen ließe. Man beschloss also, sich zusammenzutun, um fortan gemeinsam Bier zu brauen. „1770 wurde zwischen der Gemeinde und der Bürgerschaft von Freistadt der Kaufvertrag für die ‚Stadtschreibergärten‘ außerhalb der Stadtmauern unterzeichnet“ (freistaedter-bier.at o.J.). Zehn Jahre später war der Bau des Brauhauses abgeschlossen und wurde von 149 „Freistädter Braucommunisten“ eröffnet. „Die damals von den ‚Freistädter Braucommunisten‘ erworbenen Rechte und Pflichten blieben bis heute unangetastet. Diese besagen, dass auf jedem Haus innerhalb der Stadtmauern Freistadts 15 Eimer (1 Eimer = 56 Liter Bier) grundbürgerlich sichergestellt sind, maximal dürfen weitere Anteile bis zu einem Ausmaß von 140 Eimern pro Haus dazugekauft werden“ (ibidem). Dieser Umstand hat sich bis heute nicht verändert.

Resümee

Es ist kein Zufall, dass drei der 5 vorgestellten Organisationen auf eine knapp 500-jährige Geschichte zurückblicken und die beiden anderen Unternehmen ebenfalls bereits seit mehr als 100 Jahren bestehen. Dort wo kleine Brauereien früher Schwierigkeiten hatten, Ressourcen günstig einzukaufen, zu verarbeiten und zu vermarkten, waren die Zusammenschlüsse maßgeblich dafür, dass auch ökonomisch schwierige Zeiten gemeinsam durchgestanden werden konnten. In den vergangenen Jahren hat sich der genossenschaftliche Zusammenschluss vor allem auch deshalb bewährt, weil es unter Einbezug der regionalen Bevölkerung gelang, am Puls der Zeit zu bleiben und Chancen und Risiken frühzeitig zu erkennen. Zum Teil wurden hier richtungsweisende Vorreiterrollen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz eingenommen, an welchen sich Brauereien aus ganz Europa orientieren können. Durch diese Zukunftsorientierung legen die Biergenossenschaften Österreichs die Basis für ihr zukünftiges Fortbestehen und den Biergenuss von morgen.

Bei Anmerkungen, weiterführenden Informationen zum Thema oder Anfragen zu einer Zusammenarbeit wenden Sie sich bitte an jana.stefan@wu.ac.at, gregor.rabong@wu.ac.at oder ricc@wu.ac.at.

Autor/inn/en: Jana Stefan & Gregor Rabong

Literatur

Brauerei Ried. o. J. „Gründung der Brauereigenossenschaft Ried“. Rieder Bier. Abgerufen am 6. April 2020. URL: www.rieder-bier.at/de/brauerei/geschichte/diegruendungderbrauerei/deu797/.

Brauerei Schladming. o. J. „Brauerei“. Schladmingerbier. Abgerufen am 6. April 2020. URL: www.schladmingerbier.at/brauerei/.

Brauindustrie. 1999. „Reisefieber: Weitere Gasthausbrauereien, die einen Abstecher lohnen“. Brauindustrie 1.

Brauwelt. 2016. „Mit 1000 neuen Eigentümern zur ersten ‚Volksbrauerei‘“. Brauwelt 41: 1189.

frastanzer.at. o. J. „Geschichte | Frastanzer Brauerei Genossenschaft“. frastanzer. Abgerufen am 2. April 2020. URL: frastanzer.at/brauerei/geschichte.

Freistädter Bier. o. J. „Freistädter Braukunst“. Freistädter Bier. Abgerufen am 6. April 2020. URL: www.freistaedter-bier.at/brauerei/.

Kelch, Kai, und Christiane Hohmann. 2018. „Die österreichische Brauwirtschaft 2017“. Brauwelt 29: 808–9.

Murauer Brauerei. o. J. „Brauerei“. Murauer Bier. Abgerufen am 6. April 2020. URL: www.murauerbier.at/unsere-brauerei/.

Weiterführende Links:

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