NPO-Institut (Verein)

Vereins und Steuerrecht

Inhalt dieses Kapitels

Höhne, In der Maur & Partner | Die Qual der Wahl

§ 3 Abs 2 Vereinsgesetz legt den Mindestinhalt von Vereinsstatuten fest, wobei Ziffer 8 vorsieht, dass die Statuten eine Regelung zur „Art der Bestellung der Vereinsorgane“ enthalten müssen. Da das Gesetz bei der Frage der Art der Bestellung des Leitungsorgans einen sehr großen Spielraum lässt, begnügen sich die meisten Vereine mit der fast puristischen Bestimmung: „Der Vorstand wird von der Generalversammlung bestellt.“ (Dazu gleich eine Anmerkung: Das Vereinsgesetz spricht von „Leitungsorgan“, die meisten Vereine halten sich einen Vorstand, der die Funktion des Leitungsorgans hat – wie man dieses Organ nennt, ist gleichgültig, wichtig ist nur, dass aus den Statuten klar hervorgeht, dass man damit das Leitungsorgan meint.)

Verzichtet der Verein auf jegliche weitere Regelung des Wahlvorgangs durch Statuten und/oder Wahlordnung, so sind jedenfalls bei größeren Vereinen Konflikte programmiert. Für die Wahl eines aus mehreren Mitgliedern bestehenden Organs (etwa eines sechsköpfigen Leitungsorgans – wobei die 6 Köpfe nicht zwingend sind, das Gesetz gibt als Mindestzahl 2 vor) bieten sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Die Wahlwerber können verhalten werden, sich zu Listen zusammenzuschließen, sodass die Wähler sich nur zwischen verschiedenen Listen zu entscheiden haben. Auch hier gibt es wieder eine Alternative: Muss in der Liste schon angegeben werden, welcher Kandidat für welche Funktion vorgesehen ist oder sollen sich die Listenmitglieder nach ihrer Wahl die Funktionen untereinander „ausschnapsen"? Die grundsätzlich andere Möglichkeit ist die Wahl von einzelnen Personen, wobei auch hier wieder die Frage ist, ob diese schon für eine bestimmte Funktion kandidieren müssen oder nur für die Mitgliedschaft im Kollegialorgan an sich.

Werden Listen gewählt, so darf jeder Wahlberechtigte seine Stimme nur für eine einzige Liste abgeben. Dennoch kann es geschehen, dass zwei Listen stimmengleich ab-schneiden. Dann ist die Wahl so oft zu wiederholen, bis sich eine Mehrheit bildet. Werden Einzelpersonen jeweils für eine bestimmte Funktion gewählt, so ist getrennt nach Funktionen abzustimmen. Werden die Mitglieder des Kollegialorgans zwar einzeln, aber ohne Funktionszuweisung gewählt, dann gelten in der Reihenfolge der erzielten Stimmen so viele Kandidaten als gewählt, wie das Kollegialorgan Mitglieder haben soll. Auch hier gilt jeweils, dass dann, wenn eine Stimmengleichheit zu einem „Unentschieden" führt, die Wahl entsprechend oft zu wiederholen ist.

Der Ausdruck „Wahl“ impliziert ja, dass man wählen kann, dass es also eine Auswahlmöglichkeit gibt. Stehen einander also mindestens 2 Kandidaten (mögen dies nun Einzelpersonen oder Listen sein) gegenüber, so haben die Wähler die Möglichkeit, entweder A oder B zu wählen oder sich der Stimme zu enthalten. Gewonnen hat, so der Verein das in Statuten/Geschäftsordnung nicht anders regelt, der Kandidat mit der relativen Mehrheit. Mehr als einen Kandidaten zu wählen, geht grundsätzlich nicht, das würde die Stimme ungültig machen.

Was aber, wenn es nur einen einzigen Kandidaten (nur eine einzige Liste) gibt? Dann erschöpft sich das Wählen in der Möglichkeit, Ja oder Nein zu sagen (oder sich der Stimme zu enthalten). ‚Wer mehr Ja-Stimmen hat als Nein-Stimmen, hat gewonnen. Dass es auch die Möglichkeit geben muss, mit Nein zu stimmen, ist wesentlich – schließlich soll das Ergebnis der Wahl ja ein Abbild der Stimmung im Verein sein. Blöd nur, wenn die im Nein-Stimmen überwiegen – dann wird man sich einen neuen Kandidaten bzw. eine neue Kandidatin suchen müssen.

Um bei einer größeren Zahl Wahlberechtigter eine unzulässige mehrfache Stimmabgabe zu verhindern, empfiehlt sich die Vorbereitung von Stimmzetteln - was auch dann zu empfehlen ist, wenn sich abzeichnet, dass es zu einer geheimen Wahl kommen wird. Natürlich können die Statuten/Wahlordnung schon von Anfang an vorschreiben, dass immer geheim gewählt wird. Es ist aber das Recht jedes Mitglieds, unmittelbar vor der Wahl den Antrag auf geheime Abhaltung der Wahl zu stellen, und wenn dieser Antrag die Mehrheit findet, dann muss die Versammlungsleitung improvisieren. Glücklich die Wahlleitung, die für so einen Fall Wahlzettel vorbereitet hat.

Ist ein „Wählen durch Streichen“ möglich? Wenn die Statuten vorsehen, dass die Mitglieder eines Organs so gewählt werden, dass aus einer Liste Namen zu streichen sind und eine bestimmte Anzahl von Kandidaten mit den wenigsten Streichungen als gewählt gilt, so kann dies zulässig sein. Eine derartige Vorgangsweise kann jedoch aus dem Blickwinkel der Vereinsdemokratie bedenklich sein: Die Frage ist, wer diese Liste erstellt, aus der Kandidaten hinausgestrichen werden, und wie man in diese Liste hineinkommt. Grundsätzlich gilt, dass Streichen kein Wahlvorgang im eigentlichen Sinn ist, weshalb man nur dann von einer Wahl sprechen kann, wenn dabei die wesentlichen Elemente einer Wahl in gleicher Weise zum Tragen kommen, wenn also insbesondere all jene Personen gewählt werden können, die das passive Wahlrecht haben.

Zu regeln ist auch, wo überhaupt die Wahlvorschläge herkommen: Wer kann einen Wahlvorschlag einbringen? (Im Sinne der Vereinsdemokratie muss dies prinzipiell allen Mitgliedern offenstehen; eine Mindestunterstützungszahl für eine Liste oder einen bestimmten Wahlvorschlag kann aber vorgesehen werden.)

Wann, wo und bis zu welchem Zeitpunkt muss ein Wahlvorschlag eingebracht werden? Dies kann auch erst in der Mitgliederversammlung geschehen, und wenn die Statuten nichts anderes vorsehen, dann ist das auch so. Es kann allerdings sinnvoll sein, den Mitgliedern schon vor der Versammlung zu ermöglichen, sich Gedanken über die Wahl zu machen. Will man das, dann sollten die Statuten vorsehen, dass Wahlvorschläge bis zu einem gewissen Termin vorliegen müssen; diese sollten dann aber auch publiziert werden. Wahlen sind keine Anträge - die Vorschrift, dass Anträge bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorzuliegen haben, betrifft daher nicht Wahlvorschläge und Kandidaturen!.

Müssen Kandidaten bestimmte Voraussetzungen (Mindestalter, Mindestzugehörigkeit zum Verein, bestimmte Qualifikationen) erfüllen? Das zu regeln, ist Sache der Statuten, da dies ja möglicherweise eine Einschränkung des passiven Wahlrechts sein kann.

Die Wahl bedarf der Annahme durch die Gewählten. Eine derartige Annahmeerklärung kann für den Fall der Wahl schon vor dieser abgegeben werden. Niemand kann gegen seinen Willen zu einem Vereinsorgan bzw. zum Mitglied eines Vereinsorgans gemacht werden.

Schmelz Rechtsanwälte | Fair trial: Zur Befangenheit von Schlichtern in der vereinsinternen Schlichtungseinrichtung

Wenn Menschen zusammenkommen, um gemeinsam etwas zu schaffen, kann Großartiges entstehen. Die Vielfalt an Ideen und Gedanken im Vereinsleben birgt jedoch Potential für Konflikte und Streitigkeiten. Der Umgang mit diesen und deren Schlichtung ist ein Thema, das gerne mal beiseitegeschoben wird, obwohl ein vernünftiges Konzept zur Streitschlichtung im Fall des Falles eine wesentliche Erleichterung bietet.

Ganz in diesem Sinne bestimmt § 8 VereinsG, dass Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis zunächst vor einer Schlichtungseinrichtung auszutragen sind. Dies kann eine vereinsinterne Schlichtungseinrichtung sein, aber auch eine externe Stelle zur Konfliktbewältigung. Sofern das Verfahren vor der Schlichtungseinrichtung nicht schon früher beendet ist, steht nach Ablauf von sechs Monaten ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung der ordentliche Rechtsweg, also die Anrufung eines staatlichen Gerichts, offen.

„Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis“ sind jedoch nicht bloß Meinungsverschiedenheiten über vereinsinterne oder administrative Angelegenheiten. Der OGH sprach wiederholt aus, dass zwar nicht sämtliche privatrechtliche Angelegenheiten zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern erfasst sind, wohl aber Ansprüche aus einem Vertrag, der nur mit einem Vereinsmitglied zustande kommen kann.

Die Statuten haben die Zusammensetzung und die Art der Bestellung der Mitglieder der Schlichtungseinrichtung zu regeln, dies unter Bedachtnahme auf deren Unbefangenheit. Das kann in kleineren Vereinen leicht zum nächsten Streitpunkt werden, wenn die Mitglieder einander kennen und von den Tätigkeiten des Vereins selbst unmittelbar betroffen sind. Die Befangenheit, also ob ein unangebrachtes Naheverhältnis vorliegt, ist hier zwar weniger streng zu beurteilen als im ordentlichen Gerichtsverfahren, dennoch gilt auch bei der vereinsinternen Schlichtungseinrichtung der Grundsatz des fair trial nach Artikel 6 EMRK.

Eine Auseinandersetzung der Parteien über die Befangenheit von nominierten Schlichtern hemmt die Sechsmonatsfrist nicht, sondern ist Teil des Schlichtungsverfahrens. Wenn bereits von vorherein absehbar ist, dass ein Schlichtungsverfahren wegen absolut ungeeigneter Schlichter (zB Ehegatte, keine paritätische Besetzung) nichtig sein wird, muss man sich gar nicht erst in dieses einlassen. Ein staatliches Gericht hat sich dann mit der Beurteilung der Ausgeschlossenheit zu befassen. Bejahendenfalls geht die Sache zurück an die vereinsinterne Schlichtungseinrichtung mit neuer Zusammensetzung.

Für Vereinsmitglieder gilt – bei kleineren Vereinen noch mehr als mehr größeren – auf die faktische Eignung der Schlichtungseinrichtung zur Streitschlichtung zu achten und in Vereinsstatuten praktisch geeignete Konfliktlösungsmechanismen vorzusehen.

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