Ausschnitt eines Glasdachs des LC Gebäude

Research Group Meeting: Sustainable Work vs. Post-Work

04. Juli 2018

Abschlussbericht zum WU Research Group Meeting: Sustainable Work vs. Post-Work – Controversies and Common Ground von Dr. Wolfgang Fellner

Die politische Diskussion zur Flexibilisierung der Erwerbsarbeitszeit dauert seit vielen Jahren an. Mit der kürzlich von der Bundesregierung eingebrachten Novelle zum Arbeitszeitgesetz und den Vorschlägen zum 12-Stunden Tag und der 60 Stunden Woche hat sie aber einen neuen Höhepunkt in der öffentlichen Wahrnehmung und Auseinandersetzung erreicht.

In der akademischen Diskussion zum Thema Erwerbsarbeit und Erwerbsarbeitszeit findet sich seit einigen Jahren vermehrt der Begriff „Sustainable Work“ und in letzter Zeit der Begriff „Post-Work“. Einer der Hauptvertreter des Post-Work-Konzepts ist David Frayne, dessen 2015 erschienenes Buch „The Refusal of Work“ schnell zu einer der Standardreferenzen der Debatte um Post-Work wurde. Seit kurzer Zeit gibt es am Department Sozioökonomie auch eine „Sustainable Work Gruppe“ welcher WissenschafterInnen aus fast allen Instituten am Departement angehören. Zudem läuft am Department Sozioökonomie gerade ein Berufungsverfahren für eine Professur mit dem Titel “Socioeconomics of Work".

Vor diesem Hintergrund widmete sich das von Wolfgang Fellner, Stefanie Gerold, Ernest Aigner und Maja Hoffmann organisierte RGM Fragen zu Konzepten von Arbeit, welche den ökologischen und gesellschaftlichen Anforderungen unserer Zeit gerecht werden können. Am 16. Mai, dem ersten Tag des RGM, fand ein ganztägiger interdisziplinärer Workshop statt, bei dem das Verständnis von Arbeit und Erwerbsarbeit aus verschiedenen Perspektiven reflektiert wurde.

Sigrid Stagl sprach über Arbeit aus der Perspektive der Ökologischen Ökonomie. David Frayne, der aus privaten Gründen leider kurzfristig absagen musste, steuerte einen Video-Beitrag bei, in dem er über das Konzept von Post-Work und Zeitpolitik im Kapitalismus sprach. Wolfgang Fellners Beitrag illustrierte die kulturelle Relevanz von Erwerbsarbeit und grenzte sich damit von der Produktionsorientierten Sichtweise der Klassischen Ökonomie und der Nutzentheoretischen Sichtweise der Neoklassik ab. Die Historikerin Andrea Komlosy von der Universität Wien ging in ihrem Beitrag besonders auf Gender-Aspekte und eine Ausweitung des Arbeitsverständnisses ein. Als weiterer internationaler Gast hielt der Politikwissenschafter Laurence Davis vom University College Cork einen Vortrag über „The Craft Utopia of William Morris“. Beate Littig vom IHS brachte zu einer feministischen Perspektive noch weitere soziologische Aspekte in die Diskussion ein.

In den Vorträgen und Diskussionen zeigte sich, wie zentral die Frage nach den Auswirkungen ökologischer, ökonomischer und technologischer Veränderungen auf das Arbeitsleben der Menschen ist. Zentrale Fragen der Auseinandersetzung waren: Können Arbeitszeitverkürzungen ein Instrument zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit sein? Werden die ökologisch erforderlichen Veränderungen und die Abkehr von einer auf Kohlenstoff basierenden Wirtschaft zu einem Mehr an Erwerbsarbeit führen, oder führen Digitalisierung und Automatisierung zu einer starken Verringerung der verfügbaren Erwerbsarbeitszeit? Wie lässt sich Erwerbsarbeit neu verteilen und wie kann es zu einem Ausgleich zwischen Erwerbsarbeit und nicht monetarisierten Leistungen innerhalb einer Gesellschaft kommen? Wie lassen sich soziale Wertestrukturen und gesellschaftliche Partizipation jenseits einer Erwerbsarbeitsgesellschaft herstellen? Welche Veränderungen sind notwendig um Erwerbsarbeit für die gesamte Bevölkerung von einem notwendigen Übel zu einer Ressource der persönlichen Entwicklung zu machen?

Die Diskussionen dazu werden insbesondere im Rahmen der im August stattfindenden Degrowth Konferenz in Malmö weitergeführt. Zwei von den OranisatorInnen und TeilnehmerInnen veranstaltete Special Sessions widmen sich auf der Konferenz dem Thema des RGM.

Den Abschluss des RGM, am Abend des 17. Mai, stellte eine Podiumsdiskussion dar, welche einen Beitrag zur Zusammenführung des akademischen und politischen Diskurses leistete. Aufgrund von über 500 Interessensbekundungen auf der Facebook-Seite der Veranstaltung wurde die Diskussion kurzfristig in einen der großen Hörsaal im TC verlegt. Stefanie Gerold moderierte die unter dem Titel „The Future of No Work? Critiques, Utopias, and Politics“ stehende Podiumsdiskussion. Die Veranstaltung wurde von WU TV aufgezeichnet und kann unter dieser Adresse nachgesehen werden.

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