Studierende stehen vor dem LC und blicken lächelnd einer Kollegin mit einer Mappe in der Hand nach.

VfGH hebt e-Voting bei der ÖH-Wahl 2009 auf

18. Jänner 2012

Mit Erkenntnis vom 13.12.2011 hob der Verfassungsgerichtshof Teil 8 der Hochschülerschaftswahlordnung 2005 auf, der das e-Voting regelte. Grund war die mangelnde Bestimmtheit der Verordnung, die damit die Einhaltung der vor allem in §34 HSG normierten Wahlrechtsgrundsätze nicht sicherstellen konnte.

Mit Aufhebung des ensprechenden Teils der Wahlordnung wurde damit auch der e-Votingeinsatz per se bei den ÖH-Wahlen 2009 aufgehoben und den Einsprüchen der Beschwerdeführer (mehrere studentische Fraktionen wie GRAS, VSSTÖ und andere) stattgegeben.

Das e-Votingexperiment zur ÖH-Wahl 2009 ist damit gescheitert.

Mehr Information zu diesem Experiment finden Sie unter:

e-voting.cc (die Selbstevaluierung der Projektbeteiligten)

www.scytl.com

www.brz.gv.at

Einige Kernsätze des Erkenntnisses sind:

1. [...] kommt dem Gesetzgeber in der Frage, in welcher Weise die demokratische Legitimation von Selbstverwaltungsorganen sichergestellt werden kann, ein relativ weiter rechtspolitischer Spielraum zu. So ist es aus verfassungs‐rechtlicher Sicht nicht geboten, Wahlen in Organe der nichtterritorialen Selbst‐verwaltung nach denselben Grundsätzen zu regeln, die bundesverfassungs‐gesetzlich für staatliche und kommunale Wahlen gelten. (S. 13 des Erkenntnisses, zit. S. 38 des Prüfungsbeschlusses vom 30.6.2011)

2. Da es sich beim E‐Voting um eine Distanzwahl [...] handelt, sind die in § 34 Abs. 1 HSG 1998 enthaltenen Wahlgrundsätze zumindest im gleichen Ausmaß zu garantieren, wie dies bei der Briefwahl der Fall ist. (S. 23)

3. Zu bedenken ist aber auch, dass beim E‐Voting im Gegen‐satz zur Papierwahl Fehler oder Manipulationen – Programmierfehler in der Software oder zielgerichtete Wahlfälschung durch Manipulation – einerseits schwerer zu erkennen und andererseits von größerer Tragweite sein können, weshalb die Verordnung das Verwaltungshandeln der Wahlbehörde in einem solchen Maße determinieren muss, dass die Durchführung des E‐Voting sowohl für den Einzelnen nachvollziehbar als auch für die Wahlbehörden überprüfbar ist. (S. 23)

4. Der Verfassungsgerichtshof bleibt daher – nicht zuletzt auch im Lichte der Ergeb‐nisse der mündlichen Verhandlung, in der nicht alle Bedenken ausgeräumt werden konnten (zB im Zusammenhang mit der Anonymisierung des Stimmver‐haltens nach der Stimmabgabe) – bei seiner im Prüfungsbeschluss geäußerten Ansicht, dass die HSWO 2005 das Handeln der zuständigen Wahlkommission bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben (§ 39 HSG 1998) nicht hinreichend vorherbestimmt und nicht regelt, in welcher Weise, mit welchen Mitteln und anhand welcher Kriterien (zB eine Dokumentation besonderer Vorkommnisse) die Wahlkommission ihre Aufgaben erfüllen kann, insbesondere in welcher Weise die Wahlkommission überprüfen kann, ob das eingesetzte System auch fehlerlos funktioniert hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die wesentli‐chen Schritte der Wahlhandlung und der Ergebnisermittlung von der Wahlkommission selbst (ohne Mitwirkung von Sachverständigen) zuverlässig und ohne besondere Sachkenntnis überprüft werden können müssen. (S. 24)

5. Da es an entsprechenden Regelungen in der HSWO 2005 fehlt, ist der ganze 8. Abschnitt der Wahlordnung über das E‐Voting als gesetzwidrig aufzuheben. (S. 25)

 

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