Winzergenossenschaften in Österreich

06. Dezember 2019

Im folgenden Beitrag wird die Geschichte, der Förderauftrag von und aktuelle Entwicklungen rund um Winzergenossenschaften in Österreich präsentiert.

Lesezeit: 8-10 Minuten

Entstehungsgeschichte und Funktion von Winzergenossenschaften

In Westeuropa bestehen landwirtschaftliche Genossenschaften seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Wie die Zünfte des Mittelalters wurden sie gegründet, um vor allem die materielle und seelische Not der Bevölkerung, speziell der Bauern, zu verringern. Genossenschaften traten von Beginn an auf als Bereitsteller von Infrastruktur für ihren jeweiligen Bereich, gleich ob in der Landwirtschaft, im Wohnbau, beim Konsum oder im Kreditwesen. Der folgende Beitrag widmet sich den österreichischen Winzergenossenschaften, die die österreichische Weinproduktion seit mehr als einem Jahrhundert entscheidend prägen. Zu den Aufgaben der Genossenschaften in der Weinwirtschaft gehört beispielsweise die gemeinsame Verarbeitung der Trauben, die bestmögliche Verwertung der (Neben-) Erzeugnisse, die gemeinsame Bekämpfung von Schädlingen, die Vermarktung der Weine und die Anschaffung und Bereitstellung der (landwirtschaftlichen) Maschinen zur gemeinschaftlichen Nutzung.

Beispielsweise wurde im Gründungsprotokoll der Kellereigenossenschaft Kaltern in Südtirol (damals Teil von Österreich) vom 12. März 1900 als Zweck des Zusammenschlusses festgehalten: „Zweck der Genossenschaft ist, den Mitgliedern derselben durch gemeinsame Verarbeitung ihres im Genossenschaftsgebiet erzielten Traubenerträgnisses und durch gemeinsamen reellen Verkauf sonstigen Weines, Branntweines und sonstiger Nebenprodukte, sowie auch im Falle der Zweckmäßigkeit, von Trauben eine möglichst hohe Verwertung ihres Produktes zu sichern.“ Aus einer Inventarliste der Genossenschaft aus dem Jahr 1903 ist der für diese Zeit sehr umfangreiche Bestand an Fässern, Bottichen, Pumpen, Schläuchen und anderen Kellergeräten zu entnehmen.

Schon früh erkannten die Weinbautreibenden in Österreich das Bedürfnis, sich zum Schutz und zur Vertretung der Interessen in Vereinigungen zusammenzuschließen. Bis ins 19. Jahrhundert waren die kleinen Weinbauern der Monarchie neben der eigenen Tüchtigkeit aber vor allem auf das Wohlwollen des Weinhandels angewiesen. Alteingesessene Weinhändler nahmen den Bauern die Trauben ab, verarbeiteten sie und belieferten mit ihren Produkten den heimischen Markt und das Ausland. Zusätzlich konnten Weinbauern einen kleinen Teil der Ernte direkt an Wirte verkaufen, die mit Ross und Wagen bei ihnen vorstellig wurden und Ab-Hof einkauften. Bezahlt wurden die so vertriebenen Mengen jedoch erst im folgenden Jahr, nachdem die Weinherren den Wein verkauft hatten. Die vielerorts fehlenden Lagermöglichkeiten – vor allem kleine Winzer besaßen weder einen Keller noch Fässer – zwangen Weinbauern zum direkten Trauben- und Weinverkauf. Dazu kam die ständige Konkurrenz durch ungarische und italienische Weine.

Eine österreichische Hauerinnung als Vorreiter für Winzergenossenschaften in ganz Europa

Die Geschichte der österreichischen Winzergenossenschaften lässt sich über verschiedene Winzerzünfte, die als Vorgänger der heutigen Winzergenossenschaften bezeichnet werden können, bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurückverfolgen: Die älteste Winzerzunft in Westeuropa ist die Hauerinnung Krems und Stein. Eine Urkunde aus 1447 belegt die erste Nennung als Hauerzeche zu Krems. Sie entstand aus der Kremser St. Paulszeche und der Steiner Weinzierlzeche. Die Hauerinnung hatte bereits ihren eigenen Keller, wo die Weine der Innung verarbeitet wurden. In großen Fässern wurden die Weine gemeinsam gekeltert, um einen gleichen Wein zu bekommen. Der Wein wurde an die Mitglieder abgegeben oder auch gemeinsam verkauft und der Erlös zu gleichen Teilen aufgeteilt. Unter Kaiser Ferdinand I. wurde die Hauerinnung Krems und Stein sogar zum Vorbild für alle Weinbauangelegenheiten erhoben. Das Wappen der Hauerinnung stammt aus dem Jahr 1636 und zeigt als religiösen Bezug zu Stammvater Noah einen Ziegenbock, der Trauben nascht. Diese Darstellung der Weinbeergeiß als Symbol der Ernte und Fruchtbarkeit blieb bis heute das Schutzzeichen der österreichischen Winzergenossenschaften.

Die Zunftvorsteher bekamen die Aufgabe, den gesamten Weinbau in Niederösterreich zu verwalten. Sie hatten darüber zu entscheiden, wo Wein stehen durfte und wo nicht, beispielsweise weil die Lage nicht passte. Wer sich den so getroffenen Entscheidungen widersetzte oder schlampig arbeitete, musste in die Kremser Zunftlade Strafe einzahlen. Die Zunftlade war stets prall gefüllt und als zusätzliche Einnahmequelle sehr willkommen. Um dafür zu sorgen, dass jedes Mitglied der Zunft ein Mindestmaß an Verständnis für den Weinbau hatte, wurde in den ersten schriftlichen Aufzeichnungen der Satzung von 1625 in Zusammenarbeit mit dem Stadtsenat in Krems eine dreijährige Lehrzeit für Weinbau beschlossen. Diese Voraussetzung kam in dieser Zeit einer Sensation gleich, wenn man bedenkt, dass die allgemeine Schulpflicht erst 1774 von Maria Theresia eingeführt wurde. Zumal gab es eine derartige Einrichtung in keiner anderen Winzerzunft in ganz Europa. Über die Lehrzeit wurde die kontinuierliche Verbesserung der Qualität des Weins angestrebt. Beispielsweise durfte niemand, der nicht vom Zunftvorsteher freigesprochen wurde, in den Weingarten, sodass solche Personen keinen Schaden anrichten konnten.

Die frühe Blüte der heimischen Winzergenossenschaften

In den 1880er-Jahren begann sich der Gedanke der Selbsthilfe, ausgelöst durch den Beschluss des ersten österreichischen Genossenschaftsgesetzes vom 9. April 1873 und dem Wirken genossenschaftlicher Urväter wie dem deutschen Bürgermeister Friedrich Wilhelm Raiffeisen, noch stärker zu institutionalisieren und zu verbreiten. In Folge dessen entstanden ab 1893 die ersten Kellereigenossenschaften in Südtirol. 1898 erfolgte dann die Gründung der ersten Winzergenossenschaft auf heutigem österreichischem Gebiet in Traismauer (als „Erste niederösterreichische Hauerinnung Traismauer“). Weitere Gründungen von Winzergenossenschaften erfolgten 1899 in Matzen, 1902 in Krems-Stein (Auflösung 1903, Neugründung 1938), 1904 in Bockfließ, 1907 in Gumpoldskirchen, 1918 in Baden bei Wien, 1919 in Bad Vöslau, 1930 in Unterloiben (Dinstlgut Loiben) und 1932 in Wolkersdorf. 1934 gab es vierzehn Winzergenossenschaften in Niederösterreich und eine in der Steiermark.

Winzergenossenschaften in der späten Zwischenkriegszeit und zur Zeit des Nationalsozialismus

Um 1930 begannen sich die Winzergenossenschaften – mit Unterstützung der Weinbauschulen – im größeren Umfang auch an der Erzeugung und Vermarktung von Flaschenweinen zu interessieren. Der damalige Direktor der Niederösterreichischen Landes-Landwirtschaftskammer, Engelbert Dollfuß, rief in der „Neuen Wein-Zeitung“ vom Mai 1930 die Winzergenossenschaften dazu auf, in erster Linie auf die Flaschenweinerzeugung umzustellen, da der Bedarf in Österreich groß sei. Die Kellereigenossenschaft Gumpoldskirchen begann bereits in den 1920er-Jahren mit der Abfüllung von Flaschenweinen. Aufgrund der daraus entstandenen Expertise warb die Zeitschrift „Die Landwirtschaft“ im Jahr 1931 gar mit Fachexkursionen in den südlich von Wien gelegenen Ort.
Unter dem nationalsozialistischen Regime vermehrte sich die Anzahl der Genossenschaften rasch: Allein in Niederösterreich kam es im Jahr 1938 zur Gründung der Genossenschaften Hadres, Haugsdorf, Kirchberg am Wagram, Krems an der Donau (heute Winzer Krems), Langenlois, Retz, Hadersdorf am Kamp und Dürnstein (später „Freie Weingärtner Wachau“, heute „Domäne Wachau“). 1939 gab es in Niederösterreich vierzig, in der Steiermark acht, im Burgenland fünf und in Wien zwei Hauervereinigungen. Die Anzahl der österreichischen Winzergenossenschaften hatte sich in nur fünf Jahren nahezu vervierfacht.
Entsprechend der politischen Wandlung wurden Winzergenossenschaften in dieser Zeit zwei Aufgaben zuteil: Einerseits waren sie für die Stärkung und Erhaltung des Bauerntums verantwortlich, andererseits standen sie für die betriebswirtschaftliche Rationalisierung der bäuerlichen Betriebe. Die Genossenschaften mussten ihre Konkurrenzstellung in der freien Marktwirtschaft aufgeben und sich den Zielsetzungen der nationalsozialistischen Politik unterordnen. Die Leitung des Reichsverbandes der landwirtschaftlichen Genossenschaften lag in den Händen des Reichsnährstands, die einzelnen Genossenschaftsverbände wurden von den nachgeordneten Stellen des Reichsnährstands geführt. In Anlehnung an das Führerprinzip wurden die Vorstände und Aufsichtsräte der Genossenschaften oft auf mit dem Nationalsozialismus sympathisierende Männer reduziert und die Obmänner durch Parteimitglieder ersetzt.

Nach 1945 konnte die Zahl an Genossenschaften trotz der verheerenden Kriegsfolgen gehalten und in den Jahren des Aufbaues vergrößert werden. Die Entwicklung der Winzergenossenschaften kann durch den kollektiven Fassungsraum der Genossenschaftskeller skizziert werden: Dieser betrug im Jahr 1937 25.000 hl und hatte sich bis 1950 mit 80.000 hl mehr als verdreifacht. Bereits 1954 war er auf 190.000 hl angestiegen, hatte 1958 mit 240.000 hl die Viertel-Million-Grenze erreicht. 1960 verfügten die 50 Winzergenossenschaften Österreichs mit 350.000 hl über das Viereinhalbfache des Kellerraums von 1950, was zu dieser Zeit etwa 30 Prozent der durchschnittlichen österreichischen Weinernte pro Jahr entsprach.

Zwei Genossenschaftsprojekte prägten das Bild der jüngeren österreichischen Weingeschichte in besonderem Ausmaß, es waren dies der Niederösterreichische Winzerverband (Winzerhaus) sowie der Burgenländische Winzerverband (Weinkellerei Burgenland):

  • Der Niederösterreichische Winzerverband ging aus dem niederösterreichischen Winzerhaus in Wien-Döbling hervor, das 1898 als niederösterreichische Genossenschaft gegründet wurde, aber bereits 1908 wieder liquidiert werden musste. Das Land Niederösterreich führte den Betrieb als Niederösterreichischen Landesmusterkeller weiter. Gegen Ende der 1930er-Jahre erfüllte die Anlage die Funktion einer Zentralkellerei der donauländischen Winzergenossenschaften. 1949 ging daraus der Verband Niederösterreichischer Winzergenossenschaften hervor, der bis 1955 als Dachverband die Interessen der Mitgliedsverbände wahrnahm. 1955 wurde eine neue Kellerei in Wien-Simmering erworben und der Verband begann das Weingeschäft aufzunehmen, um die Marktstellung der kleinen Genossenschaften zu stärken. Die Einlagerungskapazität war am Beginn mit 400.000 Litern bescheiden. Innerhalb von zehn Jahren wurde die Kapazität auf acht Millionen Liter ausgebaut und 1968 die Anlage in Wolkersdorf/Niederösterreich mit einer Anfangskapazität von sechs Millionen Litern errichtet. Die Kapazitäten wurden schrittweise auf insgesamt 35,5 Millionen Liter erweitert, davon 17,5 Millionen Liter in Wolkersdorf. Gegen Ende der 1970er-Jahre gehörten dem Verband 18 Mitgliedsgenossenschaften mit etwa 10.000 Einzelbetrieben und rund 7.000 Hektar Rebfläche an.

  • Im September 1957 konstituierte sich der Burgenländische Winzerverband als Verein und wurde im April 1959 in eine Genossenschaft umgewandelt. Der Burgenländische Winzerverband war die Dachorganisation von 14 burgenländischen Winzergenossenschaften mit zusammen rund 3.000 Mitgliedern. Auf dem Berg zwischen Rust und St. Margarethen (Ruster Berg) befand sich die Zentralkellerei der Genossenschaft, die mit einem Fassungsraum von 25.000 Hektoliter den genossenschaftlichen Fassungsraum im Burgenland auf 60.000 Hektoliter erhöhen konnte. Die Genossenschaft sah es als Aufgabe, für den Großhandel große Mengen Wein in gleicher Qualität anbieten zu können. Weiters diente die Zentralkellerei dazu, die Weinüberhänge der Einzelgenossenschaften aufzunehmen, die oft zu einem Preisverfall geführt hatten, weil keine Lagerungsmöglichkeiten bestanden. Dadurch sollte eine Preisstabilität gesichert werden.

Ein Weinskandal erschüttert die österreichische Weinindustrie

In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hinterließ vor allem der Weinskandal im Jahr 1985 rund um glykolversetzte Weine in den Winzergenossenschaften seine Spuren. Generell führte der Skandal dazu, dass die Exportmengen einbrachen und das Österreichische Weingesetz verschärft wurde, sodass es heute zu den weltweit restriktivsten zählt. In diese Zeit fiel zudem eine Reihe von Konsolidierungen, Liquidationen und Namensänderungen von Winzergenossenschaften und ihren Verbänden. Keine einzige Winzergenossenschaft Österreichs war in den Weinskandal verwickelt, und dennoch trugen die Genossenschaften schwer an den allgemeinen Folgen.

Die schwierige wirtschaftliche Lage des burgenländischen Winzerverbandes, hervorgerufen durch die Folgen der Ereignisse von 1985 sowie der Weinrekordernten 1982 und 1983, führte im Mai 1986 dazu, dass der Verband mit dem Raiffeisenverband Burgenland fusionierte.

Der niederösterreichische Winzerverband gründete im Sommer 1988 gemeinsam mit der Wachauer Winzergenossenschaft Dinstlgut Loiben die Winzerhaus Weinvertriebsgesellschaft, die der kollektiven Vermarktung der Weine dienen sollte. Die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich/Wien unterstützte die Winzerhaus-Idee von Anfang an und entwickelte 1990 sogar ein eigenes Publikums-Beteiligungsmodell.

1989 erfolgte die gemeinsame Gründung des Austrian Wine Export Center (AWEC) durch den burgenländischen Winzerverband zusammen mit dem niederösterreichischen Winzerverband, um die nach dem Weinskandal dramatisch gesunkenen Weinexporte wieder anzukurbeln.

Im Frühjahr 1990 folgte die Namensänderung des burgenländischen Winzerverbandes in „Weinkellerei Burgenland“. War der Winzerverband bisher eine reine Dachgenossenschaft für die angeschlossenen Kooperativen aus Horitschon, Pöttelsdorf, Apetlon, Andau, Mönchhof und St. Margarethen, wurde der Betrieb zu einer Handelsgesellschaft umgewandelt. Im Jahr 1993 versuchte sich die Weinkellerei Burgenland, mit dem dazumal führenden Weinproduzenten der Steiermark, der Weinkellerei Tscheppe in Graz, in einer Kooperation für die Anforderungen des europäischen Marktes zu rüsten.

Im Sommer 1994 wurde ein weiterer Versuch gestartet, eine große Wein-Allianz zwischen Niederösterreich und Burgenland zu schmieden. Monatelang wurde über die Zusammenlegung von Teilen der Produktion, des Vertriebs und der Logistik verhandelt, herausgekommen ist dabei nichts. Angestrebt wurde ein gemeinsamer Vertrieb auf den EU Märkten, ein gemeinsames Auslieferungslager und eine Abfüllanlage. Der größte Streitpunkt zwischen Niederösterreich und dem Burgenland blieb aber der Standort der zentralen Abfüllanlage. 1996 musste die kränkelnde Weinkellerei Burgenland schlussendlich in Ausgleich gehen, auch diverse Landesförderungen konnten die Genossenschaft nicht mehr retten.

Im Mai 1996 gab es erneut Gespräche zwischen dem niederösterreichischen Winzerhaus und der Nachfolgefirma der insolventen Weinkellerei Burgenland, um neue Möglichkeiten einer Kooperation zu finden. Mit Jänner 1997 wurde die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich/Wien Mehrheitseigentümer im Winzerhaus, bis zum Sommer plante man ein neues Konzept für das Unternehmen. Bereits fixiert wurde die Umbenennung von Winzerhaus Niederösterreich auf Winzerhaus Österreich. Im Winzerhaus Österreich lag die Hoffnung, endgültig mehr Marktbewegung in die österreichische Weinwirtschaft zu bringen, indem die niederösterreichischen und burgenländischen Winzergenossenschaften unter der neuen Dachmarke kooperieren. Doch auch dieser Rettungsversuch missglückte.

Im Frühjahr 1998 kündigte der kontrollierende Eigentümer des Winzerhauses Österreich, die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich/Wien, die stille Liquidation der Firma an. Im September 1998 übernahm die Weinkellerei Lenz Moser sämtliche Marken, Lieferrechte und Lagerräumlichkeiten des niederösterreichischen Winzerhauses. Die Winzerhausgesellschaft selbst wurde liquidiert, gesichert war lediglich der Weiterbestand des Standortes Wolkersdorf als Genossenschaftsweinkellerei.

Die Wogen glätten sich, die Konsolidierung des Marktes verlangsamt sich

Seit der Jahrtausendwende hat sich die Situation in der österreichischen Weinwirtschaft weitestgehend beruhigt. Konstante Mengen von rund 50 Millionen Litern und eine gleichbleibend hohe wertmäßige Zunahme der Exporte zeugen davon, dass der Weinbau in Österreich seit dem Weinskandal seine internationale Reputation wiederhergestellt und sogar verbessert hat.

Die Anzahl an Winzern hat sich in den vergangenen knapp dreißig Jahren dennoch stark reduziert. 45.380, viele davon (Nebenerwerbs-)Betriebe mit weniger als 1 ha Weingarten, wurden 1987 noch von der Statistik Austria erfasst. Im Jahr 2015 waren es nur noch knapp ein Drittel dieser Summe (14.111), da vor allem viele der eben beschriebenen „Kleinstwinzer/innen“ seitdem ihre Tätigkeit eingestellt haben (vgl. Österreich Wein 2019: 46). Während die Anzahl der Winzer/innen stark zurückging, verringerte sich das österreichweit bewirtschaftete Gebiet nur unterproportional. 1987 waren es bei durchschnittlich 1,28 ha Weingarten pro Betrieb 58.188 ha insgesamt, wohingegen die Statistik 2015 (bei durchschnittlich 3,22 ha pro Betrieb) 45.439 ha Gesamtfläche auswies.

Die Konsolidierungstendenzen im Weinbau spiegeln sich auch in der Zahl der Winzergenossenschaften wider: alleine seit der Jahrtausendwende waren es 16 Winzer- und Weinvertriebsgenossenschaften, die Konkurs anmeldeten, liquidiert wurden, oder mit anderen Genossenschaften verschmolzen (Daten: Wirtschafts-Compass (2019)). Nach aktuellem Stand gibt es österreichweit 33 Winzergenossenschaften, die zum Teil noch zusätzliche Vertriebsgenossenschaften unterhalten. Die verbliebenen Genossenschaften sind zudem ausschließlich im Burgenland, in Niederösterreich und in der Steiermark angesiedelt.

Trotz der wirtschaftlichen Verdichtungstendenz leisten diese Winzergenossenschaften weiterhin einen wichtigen Beitrag dazu, dass auch kleinere Betriebe über die Kooperation am stark globalisierten Weinmarkt partizipieren können. Dahingehend ist zumindest anzuzweifeln, ob die Heterogenität der österreichischen Winzer ohne die gemeinschaftliche Anschaffung von Weinpressen, Lesemaschinen und Produktionsstätten, die Vermarktung der (gemeinsamen) Weine und der kollektiv verfügbaren Expertise in ihrer heutigen Form zu erhalten gewesen wäre. Und schließlich ist es mitunter genau diese Vielfalt die heimischen Winzer im In- und Ausland gegenüber der Konkurrenz auszeichnet. In diesem Sinne ist es zum einen sehr wahrscheinlich und im Sinne des Verbrauchers auch erstrebenswert, dass österreichische Winzergenossenschaften trotz oder gerade aufgrund der notwendig gewordenen Konsolidierungen für viele Jahrzehnte fortbestehen werden und ihre (geschichtsträchtige) Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen ist.

Bei Anmerkungen, weiterführenden Informationen zum Thema oder Anfragen zu einer Zusammenarbeit wenden Sie sich bitte an gregor.rabong@wu.ac.at oder ricc@wu.ac.at.

Autoren: Dr. Klaus Postmann und Gregor Rabong, MSc

Literatur- und Quellenverzeichnis

Österreich Wein (2019): Dokumentation Österreich Wein 2018. Veröffentlicht durch die Österreich Wein Marketing, Wien.

URL: https://www.oesterreichwein.at/fileadmin/user_upload/PDF/Doku/_Dokumentation_OEsterreich_Wein_2018__Gesamtdokument_.pdf (abgerufen am 07.11.2019).

Wirtschafts-Compass (2019): Österreichische Unternehmensdatenbank.

URL: https://daten.compass.at/WirtschaftsCompass (abgerufen am 07.11.2019).

Dr. Klaus Postmann
Portraitfoto von Dr. Klaus Postmann

Das Forschungsinstitut für Kooperationen und Genossenschaften freut sich sehr, dass für diesen Beitrag Dr. Klaus Postmann, Weinhistoriker und  Chefredakteur des GENUSS.Magazins, als Gastautor gewonnen werden konnte, auf dessen Ausarbeitungen der größte Teil des Beitrags basiert, und bei dem wir uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken möchten.

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