Der „Tag der Genossenschaften“, 17. November 2021

06. Dezember 2021

Am 17. November fand zum zweiten Mal der „Tag der Genossenschaften“ statt. Die COVID-19-Pandemie beeinflusste die Gestalt der Veranstaltung zum wiederholten Male, dennoch war die Neuauflage wieder ein großer Erfolg - Aber lesen Sie selbst!

Lesezeit: 5 Minuten

Zunächst war der „Tag der Genossenschaften“ bereits für den 20. Oktober 2020 geplant. Die damals entworfene Leistungsschau mit über 30 Genossenschaften fiel bereits dem COVID-19-Virus zum Opfer. Den Umständen entsprechend wurde die Veranstaltung in den virtuellen Raum verlegt und schließlich am 29. Juni 2021 aus dem Festsaal 1 der Wirtschaftsuniversität an über 200 interessierte Zuhörer*innen live gestreamt. (siehe „Geno schafft“-Blogbeitrag vom 06. August 2021). Die dabei entstandenen Mühen haben sich gelohnt: Nach der erfolgreichen Veranstaltung im Juli erreichten uns von vielen Seiten Nachfragen für eine wiederholte Veranstaltung. Diesem Wunsch sind wir am 17. November gerne nachgekommen!

Gemäß dem Motto „never change a running system” („ändere nichts, das funktioniert“), wurde die grundsätzliche Struktur der Veranstaltung beibehalten:

Fachvorträge zu den historischen, rechtlichen und organisationstheoretischen Spezifika der Genossenschaft stellten das Grundgerüst – sozusagen den fachlich-theoretischen Input – dar. Präsentationen der drei großen österreichischen Genossenschaftsverbände boten Einblick in die Vielfalt der Genossenschaften in Österreich. Auch kam jeder Verband der Einladung nach, eine Mitgliedsgenossenschaft zu der Veranstaltung sozusagen „mitzubringen“, die aus ihrer genossenschaftlichen Praxis berichtete.

Zehn Vorträge, die in vier kompakte Vortragsblöcke zusammengefasst wurden, konnten viele Fragen zur Gestalt und Funktionsweise der Genossenschaft klären:

Veranstaltungsblock 1:

  • Prof. Michaela Schaffhauser-Linzatti berichtete über die historische Bedeutung der Genossenschaften und wie die Geschichte von Genossenschaften untrennbar mit der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung in vielen Ländern verwoben ist.

  • Mag. Justus Reichl referenzierte auf Friedrich Wilhelm Raiffeisen, einen der Gründerväter der Genossenschaftsidee und schilderte, warum der Gedanke des gemeinsamen „Anpackens“ gerade heute – einer Zeit geprägt von Unsicherheit – eine Renaissance erfährt.

  • Mag. Karl Lehner, Obmann der „Bürgergenossenschaft St. Stefan-Afiesl“, illustrierte den Gedanken des „gemeinsamen Anpackens“ am Beispiel „seiner“ Genossenschaft, die grundlegend zur Lösung von Versorgungsproblemen in der ländlichen Region entgegenwirkt. Gerne möchten wir an dieser Stelle aus seinem Vortrag zitieren und festhalten, dass mit der Bürgergenossenschaft, die ein Restaurant, ein Veranstaltungszentrum und einen Supermarkt umfasst, „die Wertschöpfung zur Gänze in der Region bleibt“. Das „Stefansplatzerl“ trägt zudem maßgeblich zur Entwicklung einer gemeinsamen Identität in den beiden ehemals eigenständigen Gemeinden „St.Stefan“ und „Afiesl“ bei (siehe hierzu auch unser „Geno schafft“-Blogbeitrag vom 06.Mai 2021).

Veranstaltungsblock 2:

  • Prof. Markus Dellinger widmete seinen Vortrag den gesetzlichen Grundlagen der Genossenschaft und dem „naturalen“ Förderprinzip, das Genossenschaften zugrunde liegt: Dieses führt dazu, dass nicht der finanzielle Gewinn der Genossenschaft das Ziel dieser Gesellschaftsform darstellt, sondern dass die Mitglieder der Genossenschaft in der Satzung der Genossenschaft selbst bestimmen können, welche/n Zweck/e die Genossenschaft verfolgen soll.

  • Mag. Alois Feichtinger zeigte auf, dass gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften und andere gemeinnützige Bauvereinigungen zur Bereitstellung von leistbarem und gleichzeitig qualitativ hochwertigem Wohnraum in Österreich beitragen. Gemeinnützige Bauträger errichten in Österreich jährlich 16.000 Wohnungen für ihre Mitglieder, was einer Größe einer Stadt wie Wr. Neustadt entspricht.

  • Als Beispiel für eine gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft stellte sich die Alpenland –
    Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft vor. Mitgebracht hatte die Obfrau, Frau Mag. Isabella Stickler hierzu auch ein Video zum Thema „Wie viele Jobs braucht es für eine Alpenland-Wohnung?“. In der anschließenden Fragen und Antworten-Session stellt Mag. Stickler fest, dass es sich bei der Genossenschaft ihrer Meinung nach um die „zukunftsfitteste“ Rechtsform handelt.

Veranstaltungsblock 3:

  • Prof. Dietmar Rößl griff die Frage auf, warum es überhaupt zum Zusammenschluss von mehreren Personen und Unternehmen im Rahmen einer Genossenschaft kommt: Zentral ist hierbei ein gemeinsames Problem, das man in der demokratisch organisierten Personenvereinigung mit einem gemeinsamen Geschäftsbetrieb zu lösen versucht. Da es sich bei der Genossenschaft um eine sehr flexible Organisationsform handelt, findet man zahlreiche (inter-)nationale Beispiele sowohl im Not-for-Profit- als auch im For-Profit-Bereich.

  • MMag. Barbara Pogacar berichtete über den Genossenschaftsverband nach Hermann Schulze-Delitzsch, der in Österreich neben den Volksbanken etwa 180 Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften betreut und für diese umfassende Beratungs- und Revisionsleistungen bietet. Auch sie unterstrich in ihrem Vortrag, dass zentrale Eckpfeiler einer jeden Genossenschaft der Zusammenhalt und die Unterstützung der Mitglieder untereinander sind.

  • Mag. Thomas Singer stellte im Anschluss „seine“ Genossenschaft aus dem Universum des Österreichischen Genossenschaftsverbandes vor. Der ehrenamtliche Vorstand der „Tischler Rohstoff Genossenschaft“ ging in seinem Vortrag speziell auf die Bedeutung der Genossenschaft für ihre Mitglieder ein: Er unterstrich, dass die Genossenschaft gerade in Zeiten globaler Unsicherheit dafür sorgt, dass die Mitgliedsbetriebe mit Ressourcen versorgt werden. In dieser Funktion ist die „Tischler Rohstoff Genossenschaft“ für viele Tischlereien und Holzhandwerksbetriebe in Vorarlberg ein unverzichtbarer Partner. Genossenschaften sind eine ideale Rechtsform für unterschiedlichste unternehmerische Kooperationen – ob Einkaufs- oder Absatzgenossenschaften!

Veranstaltungsblock 4:

  • Zum Abschluss der Veranstaltung stellten Mag. Gottfried Kögler und Rosanna Steininger, MSc ein Unterrichtspaket für Genossenschaften vor, das eine intensivere Auseinandersetzung mit der Genossenschaft als Organisations- und Rechtsform in Schulen zum Ziel hat. Dazu zählt unter anderem ein „Genossenschaftsspiel“, bei dem die Schüler*innen spielerisch die Vielfalt der österreichischen Genossenschaften und ihre Bedeutung zur Lösung aktueller Fragen unserer Gesellschaft kennenlernen.

Unser Dank gilt allen Vortragenden für die gleichermaßen informativen, wie kurzweiligen Beiträge. Ebenso möchten wir an dieser Stelle die herausragende Arbeit der IT-Mitarbeiter*innen der WU unterstreichen, ohne die wir diesen zweiten (abermals virtuellen) „Tag der Genossenschaften“ nicht hätten durchführen können!

Bei Anmerkungen, weiterführenden Informationen oder Anfragen zu einer Zusammenarbeit wenden Sie sich bitte an gregor.rabong@wu.ac.at oder ricc@wu.ac.at.

Autor: Gregor Rabong

Links

Hier geht's zur Rückschau zum „Tag der Genossenschaft“ in PDF-Format.

Hier geht's zum Unterrichtspaket "Genossenschaften im Aufwind".

Hier geht’s zum Video der Alpenland Genossenschaft „Wie viele Jobs braucht es für eine Alpenland-Wohnung?

Hier geht’s zu einem Kurzzusammenschnitt zum „Tag der Genossenschaften 11/2021“.

Hier geht’s zur Website der Veranstaltung „Tag der Genossenschaften“.

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