Eine Person liest eine spanische Tageszeitung

Geflüchtete Frauen: Wie Integration gelingen kann

01. Oktober 2021

Am 1. Oktober, dem Langen Tag der Flucht, richten das Institut für Sozialpolitik der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) und das Arbeitsmarktservice (AMS) den Blick auf die Situation geflüchteter Frauen. Der „Women’s Integration Survey“ hat untersucht, wie ihre Integration in Österreich gelingt.

Durch Flucht und Familienzusammenführungen gelangen mehr Frauen aus Syrien und Afghanistan nach Österreich. Ihnen kommt eine Schlüsselposition bei der Integration ihrer Communities zu. Der vom AMS beauftragte Women’s Integration Survey (WIN) unter der Leitung von WU-Forscherin Judith Kohlenberger hat nun analysiert, wie diese Frauen besser integriert werden können und welche Rolle ihre Familie dabei spielt.

Beruf und Bildung

Aus den Daten des AMS ist klar ableitbar, dass die Arbeitsmarktintegration von geflüchteten Frauen deutlich herausfordernder ist als jene von geflüchteten Männern. Geflüchtete Frauen haben oft ebenso hohe, teilweise sogar höhere Bildungsabschlüsse als Männer. Mehrsprachigkeit ist weit verbreitet. Dennoch setzt sich der Trend aus ihren Heimatländern fort: Auch in Österreich sind sie wesentlich seltener erwerbstätig. Hürden für den Arbeitsmarkteinstieg sind insbesondere Sorge- und Familienarbeit, fehlende Betreuungsmöglichkeiten, geringe Berufserfahrung und geschlechterspezifische oder rassistisch bedingte Diskriminierung. Zugleich zeigen geflüchtete Frauen aber hohe Bildungsaspirationen, sowohl für sich selbst als auch für ihre Kinder.

Soziale Kontakte und psychische Gesundheit

Auch bei den Sozialkontakten zeigen sich geschlechterspezifische Unterschiede: Geflüchtete Frauen haben weniger Kontakte außerhalb ihrer Familie als Männer. Das liegt vor allem an der stärkeren Eingebundenheit in Familien- und Hausarbeit. Zugleich haben die Kinder aber auch einen positiven Einfluss auf die Integration ihrer Mütter: Schulen, Betreuungsangebote oder Sportvereine, die ihre Kinder besuchen, wirken damit auf die Frauen zurück, ebenso wie Freundschaften mit österreichischen Familien.

Zugleich führt unbezahlte Arbeit aber häufig zu einem Gefühl der Überlastung und chronischem Stress und bindet zeitliche Ressourcen. Tatsächlich gaben 45 Prozent der befragten Frauen an, keine kurzfristige Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder außerhalb der Kernfamilie zu haben, da Großeltern und Verwandte meist im Ausland leben. Der Sorgearbeit kommt somit ein „ambivalenter Effekt“ für die Integration der Mütter zu.

Sprachliche Hürden, gesellschaftliche Ausgrenzung und ein neu zu lernender Alltag verschärfen die Situation geflüchteter Frauen. Treffen diese Barrieren auf fluchtbedingte gesundheitliche Vorbelastungen, führt dies im Schnitt zu geringerer psychischer Gesundheit als bei der österreichischen Durchschnittsbevölkerung. Dennoch empfinden die meisten der befragten Frauen ihr Leben in Österreich als ein Zugewinn an persönlichen Handlungsoptionen. Sie verbuchen mehr Eigenverantwortung und Selbständigkeit sowie größere Entfaltungsmöglichkeiten in ihrer neuen Heimat.

Methode

Im Rahmen der WIN-Studie wurden zwischen November 2019 und Jänner 2020 insgesamt 548 Geflüchtete aus den Herkunftsländern Syrien und Afghanistan der Altersgruppe 20 bis 45 in ihren Erstsprachen telefonisch befragt.

Zur Studie

Judith Kohlenberger, Sophia Heyne, Isabella Buber-Ennser, Bernhard Rengs: „Women’s Integration Survey. Inklusion, Teilhabe und Enablement geflüchteter Frauen in Österreich”. Abrufbar unter https://www.ams-forschungsnetzwerk.at/deutsch/publikationen/BibShow.asp?id=13411.

Pressekontakt:

Alexander Vieß
Forschungskommunikation
Wirtschaftsuniversität Wien
Tel: + 43-1-31336-5478
E-Mail: alexander.viess@wu.ac.at

zurück zur Übersicht