NPO-Institut (Verein)

Neues aus der Forschung

NPO Kompetenzzentrum | Studie zum gesellschaftlichen und ökonomischen Nutzen des Zivildienstes in Österreich 2019

Wer Zivildienst leistet, hilft nicht nur seinen Mitmenschen, sondern leistet einen unverzichtbaren Dienst für die gesamte Gesellschaft,“ so die Zivildienstministerin Elisabeth Köstinger bei der Präsentation der Ergebnisse unserer Folgestudie zum „gesellschaftlichen und ökonomischen Nutzen des Zivildienstes in Österreich“ im November 2021. Knapp zehn Jahre nach unserer ersten Studie zum Zivildienst konnte erneut die Sinnhaftigkeit und die Bedeutung für seine zentralen Akteur:innen bestätigt werden.

Am 9. November 2021 präsentierte Christian Grünhaus im Namen des Studienteams die zentralen Ergebnisse der Studie zusammen mit der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger, die mit ihrem Ministerium den Zivildienst verantwortet. Die Pressekonferenz fand in den Räumlichkeiten der Zivildienstagentur ZISA statt. Das Echo in den Medien freute uns sehr, auch auf Twitter haben sich einige angeregte Diskussionen entwickelt. Wir freuen uns über das rege Interesse an der Presse. Mehr über die Studie und die Medienberichte nach der Pressekonferenz findet man auf der Projektseite.

Über 14.000 Zivildienstleistende waren 2019 in über 1.600 bescheidmäßig anerkannte Zivildiensteinrichtungen beschäftigt. Insgesamt haben sie über 15 Mio. Stunden geleistet. Der Großteil dieser Stunden wurde im Bereich Hilfsdienste im Rettungsdienst und Krankentransport getätigt.

Die Berechnungen des Wertes des Zivildienstes erfolgten auch dieses Mal vor dem Hintergrund eines Alternativszenarios, nämlich „kein Zivildienst“ und „kein Ersatz für den Zivildienst“. Es wurde allerdings nicht angenommen, dass es nie einen Zivildienst in der heutigen Form gegeben hat, sondern der Zivildienst im Jahr 2019 ersatzlos gestrichen wurde.

Die sozialen Wirkungen wurden anders als in der Vorgängerstudie 2012 diesmal nicht nur erhoben, sondern auch teilweise monetär bewertet und in die Berechnungen einbezogen. Auch hierfür fand das oben beschriebene Alternativszenario Anwendung. Dies verstärkt die in der alten Studie unterbeleuchtete gesamtgesellschaftliche Relevanz des Zivildienstes. Soziale Wirkungen wurden bei den Stakeholdergruppen der Zivildienstleistenden, aber auch bei deren familiärem und näherem Umfeld sowie bei der allgemeinen Bevölkerung identifiziert. Herausgegriffen wurden hierfür die besonders wesentlichen sozialen Wirkungen, wie das Gefühl der Zivildienstleistenden, einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten, die Steigerung der Resilienz oder die Sensibilisierung der Zivildienstleistenden für benachteiligte Gruppen. Die Wirkungen sind überwiegend positiv, dennoch konnten auch vereinzelte negative Wirkungen beobachtet werden. Daraus haben sich monetär bewertete soziale Wirkungen für Zivildienstleistende, aber auch deren soziales Umfeld und die Gesellschaft in Summe von 134 Mio. Euro ergeben. Im Alternativszenario „kein Zivildienst“ belaufen sich die monetär bewerteten sozialen Wirkungen für alle Stakeholdergruppen insgesamt auf lediglich 19 Mio. Euro.  Dies wiederlegt die häufig zu hörende Meinungen, der Zivildienst bringt jungen Männern nichts außer ein verlorenes Jahr.

Auch die Gesellschaft ist eine Profiteurin des Zivildienstes bzw. der Leistungen, die durch Zivildiener erbracht werden. Eine Reduktion der erbrachten Leistungsstunden bei einem möglichen Wegfall des Zivildienstes bliebe nicht ohne negative Auswirkungen auf die Betreuungsquantität und -qualität und somit auch auf die Leistungsbezieher:innen selbst.

Im Gegensatz zu der ersten Zivildienststudie, würden die Zivildiensteinrichtungen im Rahmen der Aufrechterhaltung der Leistungsstunden im Alternativszenario deutlich mehr auf Mehrarbeit derzeit Beschäftigter setzten und nicht auf die Akquise neuer Hauptamtlicher. Dies hätte eine große Mehrbelastung der Mitarbeiter:innen von Zivildiensteinrichtungen zur Folge sowie einen Bedarf an 3.300 zusätzlichen Arbeitskräften. In den entsprechenden Teilarbeitsmärkten waren 2019 jedoch lediglich 1.801 Personen verfügbar und hätten somit diesen Bedarf nicht gedeckt.

Für die Zivildiensteinrichtungen war und ist der Zivildienst weiterhin ein Türöffner für das Ehrenamt. Immerhin verbleibt jährlich durchschnittlich etwa die Hälfte der Zivildiener nach dem Zivildienst in den Einrichtungen und etwa 18% von ihnen sind dort noch nach 10 Jahren tätig. Wird dieser „Ehrenamtseffekt“ in die Berechnungen mitaufgenommen, steigt der positive Gesamteffekt des österreichischen Zivildienstes um etwa 50 Mio. Euro – dies zeigt die nachfolgende Grafik.

Zusammenfassend zeigt sich gemäß den von uns vorgenommenen Berechnungen, dass der Zivildienst entsprechend seiner Form im Jahr 2019 für die Gesellschaft insgesamt vorteilhaft ist. Eine Abschaffung des Zivildienstes verursacht höhere Kosten bzw. negative Wirkungen bei einer gleichzeitigen Reduktion der Leistungen bzw. positiven Wirkungen. Dies ergibt in Summe eine Gesamtdifferenz von 679 Mio. Euro als positiver Gesamteffekt des Zivildienstes. Von diesen 679 Mio. Euro entfielen 565 Mio. Euro auf ökonomische Effekte und 115 Mio. Euro auf soziale Wirkungen.

Eva More-Hollerweger | im Gespräch mit "365 - Über Medien Reden"

Eva More-Hollerweger ist Senior-Researcherin und Bereichsleiterin der Forschungsschwerpunkte NPOs & Zivilgesellschaft am NPO & SE Kompetenzzentrum; außerdem Obfrau von npoAustria. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit Freiwilligenarbeit und verschiedensten Themen des Nonprofit-Sektors aus betriebs- und volkswirtschaftlicher Perspektive.

Für den Podcast „365 - Über Medien Reden“ sprach Frau More Hollerweger über ihre Arbeit mit NPOs, die damit zusammenhängende Wirkungsmessung und das Faktum, dass im dritten Sektor vor allem die Menschen im Mittelpunkt stehen.

Der Podcast kann hier abgerufen werden.

NPO Kompetenzzentrum | Bericht über die Interreg SIV Policy & Practice Konferenz „Social Impact Vouchers as a Tool for Social Innovation on the Labour Market” am 03. Mai 2022

Interreg

(c) Stefan Schöggl

Welche Rolle können private Geldgeber in der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit spielen? Diese Frage stand im Zentrum der Policy und Practice Konferenz an der WU am 03. Mai 2022 zum Abschluss des Interreg Projekts „Social Impact Vouchers“ (SIV). Im Rahmen des Projekts haben elf Partner aus acht zentraleuropäischen Ländern in den letzten drei Jahren Gutscheinmodelle für verschiedene von Arbeitslosigkeit betroffene vulnerable Gruppen entwickelt und versucht, private Geldgeber zu finden, die sich an der Finanzierung beteiligen. Die Konferenz diente dazu, Ergebnisse und Erfahrungen zu präsentieren und gemeinsam mit verschiedenen Expertinnen und Experten darüber zu reflektieren.

Marta Kahancová, Geschäftsführerin des Central Europe Labour Studies Institutes (CELSI) zeigte in ihrem Vortrag gesellschaftliche Entwicklungen auf, die große Herausforderungen für den europäischen Arbeitsmarkt darstellen, wie etwa die Überalterung, strukturelle Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt durch die Digitalisierung und die Ökologisierung der Wirtschaft, Migration und Integration insbesondere im Zuge der Flüchtlingsbewegungen sowie das Armutsrisiko, das durch Inflation und die steigenden Energiepreise aktuell stark verschärft wird. Vulnerabilität tritt entlang verschiedener soziodemografischer Merkmale (Frauen, ältere Menschen, Jugendliche etc.) auf, wird jedoch auch durch die Art der Anbindung an den Arbeitsmarkt (z.B. Selbständigkeit, Personen mit mehreren Arbeitsverträgen) beeinflusst. Für die Bewältigung der Folgen dieser Entwicklungen braucht es innovative Ansätze, das Zusammenspiel aller beteiligten Stakeholder und klare politische Rahmenbedingungen.

Michael Fembek, Leiter des von der Essl Foundation gegründeten Zero Projects, schilderte in seinem Vortrag Erfahrungen mit der Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung und hinterfragte – durchaus kritisch – die Rolle, die private, gemeinnützige Stiftungen dabei spielen können. Das Zero Project trägt wesentlich dazu bei, das Ökosystem rund um das Thema Beschäftigung von Menschen mit Behinderung international zu stärken, wie er an einer Vielzahl an innovativen Beispielen eindrucksvoll darstellte. Betrachtet man allerdings die Höhe der dahinterstehenden finanziellen Mittel, dann zeigt sich, dass diese im Verhältnis zur öffentlichen Finanzierung sehr gering sind. Entscheidend sei allerdings die Kooperation, weil es nicht darum ginge, öffentliche Maßnahmen zu substituieren, sondern innovative Ansätze zu finden. Stiftungen könnten dort einen wesentlichen Beitrag leisten, wo es darum ginge, Neues auszuprobieren, auch auf die Gefahr hin dabei zu scheitern. Als Beispiel nannte er den in Österreich 2015 erstmals durchgeführten Social Impact Bond zugunsten des Gewaltschutzzentrums Oberösterreich, Frauenhaus Linz.

In der anschließenden Podiumsdiskussion lud Christian Grünhaus, wissenschaftlicher Leiter des NPO-Kompetenzzentrums der WU Wien, die beiden Vortragenden Iva Tsolova, Co-Gründerin des Sozialunternehmens JAMBA und Julian Hiebl, im AMS für internationale Angelegenheiten zuständig, zu einer Vertiefung des Themas ein. Iva Tsolova schilderte, wie COVID-19 dazu beitrug ihr IT-Schulungsprogramm für Menschen mit Behinderung bzw. chronische Krankheiten auf ein Online-Format umzustellen, wodurch das Programm wesentlich skaliert werden konnte und nun viel mehr Betroffenen zur Verfügung steht. Julian Hiebl berichtete über das europäische Netzwerk öffentlicher Arbeitsverwaltungen (PES -European Network of Public Employment Services), welches sich zu einem intensiven Austausch verpflichtet hat, mit dem klaren Ziel, die Qualität der Arbeitsverwaltungen in den einzelnen Ländern zu verbessern. In der Diskussion wurde noch einmal auf die Bedeutung der Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Stakeholdern zur Bewältigung der Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt betont.

Am Nachmittag präsentierten die Partner das SIV Projekt in drei Breakout Sessions. Eine davon beschäftigte sich mit den Gutscheinmodellen in den beteiligten Ländern. Die Leistungen der Gutscheine umfassen Schulungsmaßnahmen, Vermittlungshilfe oder finanzieren die Arbeitskosten für eine bestimmte Periode. In einer zweiten Breakout Session wurden die Fundmodelle vorgestellt. Neben öffentlichen Mitteln adressierten die Partner vor allem philanthropische Geldgeber. Die Modelle sehen keine monetären Renditen für die Geldgeber vor, jedoch sollen Teile der verwendeten Mittel durch Erfolgsprämien in die Fonds zurückfließen. Die dritte Breakout Session befasste sich mit der Wirkungsmessung. Im Zuge des Projekts hat das NPO-Kompetenzzentrum eine Social Return on Investment (SROI) Analyse für einen Projektpartner (Diakonie Württemberg) durchgeführt, wo die Kirche schon seit mehreren Jahren Gutscheine für Langzeitarbeitslose finanziert. Die Herangehensweise der Wirkungsanalyse sowie Ergebnisse wurden präsentiert. Außerdem wurde diskutiert, inwiefern die Ergebnisse der SROI-Analyse verwendet wurden und wo diese hilfreich waren.

Abschließend präsentierten die Projektpartner wichtige Learnings und Handlungsempfehlungen. In den beteiligten Ländern wird die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit sehr stark als Aufgabe des Staates wahrgenommen. Bislang gibt es kaum Geschäftsmodelle, die das Thema für Impact Investoren interessant machen. Erste Schritte diesbezüglich sind Social Impact Bonds. Die Gewinnung philanthropischer Geldgeber erfordert hingegen viel Beziehungsarbeit, die während der COVID-19 Phase aufgrund der vielen Restriktionen sehr schwierig war. Rechtliche Hürden zeigten sich auch bei der Gründung eines transnationalen Fonds, unter anderem weil die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für grenzübergreifende Spenden noch nicht gut geregelt sind. Angesichts der Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und damit einhergehender gesellschaftlicher Herausforderungen ist es notwendig, dass private und öffentliche Stakeholder kooperieren und innovative Lösungen erarbeiten, um auch künftig Armut und Exklusion zu bekämpfen.

Nähere Informationen gibt es unter: https://short.wu.ac.at/interreg-siv-conference-03may22

Interreg

Interreg SIV Project Partners

NPO-Kompetenzzentrum | Evaluierung des Bundesgesetzes zur Förderung von freiwilligem Engagement & partizipativer Prozess

Das NPO-Kompetenzzentrum wurde vom Sozialministerium (BMSGPK) mit der Evaluierung des Österreichischen Freiwilligengesetzes beauftragt. Ziel der Studie war es, eine Bestandsaufnahme und Bewertung der mit dem Freiwilligengesetz erzielten und einhergehenden Wirkungen auf das freiwillige Engagement und dessen Förderungen vorzunehmen. Weiters wurden die im Regierungsprogramm festgehaltenen Ziele zur Förderungen des ehrenamtlichen Engagements sowie der Freiwilligentätigkeit und der Zivilgesellschaft ebenfalls in der vorliegenden Wirkungsanalyse berücksichtigt. Die Studie bezieht sich auf jene Abschnitte des Freiwilligengesetzes, welche die Ziele des Gesetzes, die Förderungsmöglichkeiten sowie die Definition von Freiwilligenorganisationen festhalten. Weiterer Bestandteil der Studie ist die Evaluierung der im Freiwilligengesetz verankerten Instrumente zur Förderung des freiwilligen Engagements, und zwar des Freiwilligenberichtes, des Freiwilligenwebs sowie des Österreichischen Freiwilligenrates und des Anerkennungsfonds. Explizit nicht untersucht wurden die Regelungen zu den Sonderformen des freiwilligen Engagements (z.B. FSJ, FUJ).

Die Evaluierung erfolgte auf Basis von qualitativen Befragungen in Form von Interviews und Fokusgruppengesprächen mit zentralen Stakeholdern aus Tätigkeitsbereichen, die stark von freiwilligem Engagement geprägt sind. Ziel war es zu eruieren, welche Wirkungen das Freiwilligengesetz aus Sicht der befragten Vertreter:innen von Freiwilligen- und Infrastrukturorganisationen hat und wo sie Verbesserungsvorschläge haben. Aufbauend auf den Ergebnissen der qualitativen Befragung wurde ein quantitativer Fragebogen entwickelt und eine Online-Befragung durchgeführt. Diese Umfrage wurde sehr breit angelegt, um mittels einem Snowballing-Verfahren eine möglichst zahlreiche Teilnahme sicherzustellen sowie um die Vielfalt der Freiwilligenorganisationen möglichst gut abzudecken.  An der Befragung beteiligten sich rund 600 Freiwilligenorganisationen, welche sich hinsichtlich ihrer Größe sowie der Tätigkeitsbereiche und der Region der Aktivität wesentlich unterschieden. Daraus wurden die bereits beobachtbaren Wirkungen des Freiwilligengesetzes für zentrale Stakeholder eruiert und in einem Wirkungsmodell zusammengetragen. Zusätzlich wurden Handlungsempfehlungen abgeleitet, um die Wirksamkeit des Gesetzes weiter zu verbessern.

Diese Handlungsempfehlungen werden nun im Rahmen eines partizipativen Prozesses diskutiert und bewertet. Bis 19.05.2022 besteht die Möglichkeit auf der Online-Plattform freiwilligenpolitik.mitgestalten.jetztFeedback zu den Handlungsempfehlungen zu geben bzw. weitere Handlungsempfehlungen zu formulieren. Danach erfolgt ein Ranking der Handlungsempfehlungen sowie eine Abschlussveranstaltung.

Ausführlichere Informationen zur Studie (inklusive Download) gibt es unter:
https://www.wu.ac.at/npocompetence/projekte/2021/evaluierung-freiwilligengesetz