Blick auf die Fahrradabstellplätze vor dem LC Gebäude.

Martin Schreier

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Martin Schreier

Forscher des Monats März

Martin Schreier, Leiter des Instituts für Marketing-Management, und seine internationalen Kolleg/inn/en beschäftigen sich schon lange mit der Frage, woher die besten Ideen für neue Produkte am Markt kommen und wo es ungenützte Potenziale zur Umsatzsteigerung gibt. Ihre Forschungsergebnisse zeigen deutlich: Konsument/inn/en sind die besseren Ideengeber/innen für neue Produkte.

Nicht nur, dass ihre Ideen oft innovativer und benutzerfreundlicher sind, ihre Produktideen steigern auch die Verkaufszahlen massiv: Über 10 Millionen Euro Umsatzsteigerung verzeichnete eine japanische Firma binnen drei Jahren mit den neuen Produkten auf Basis von User/innen-Ideen. Einen zusätzlichen Verkaufsanstieg stellten Schreier und seine Kolleg/inn/en außerdem bei jenen Produkten fest, die auch als „von Konsument/inn/en entwickelt“ gekennzeichnet waren. 

Unternehmen investieren oft hohe Summen in die Entwicklung neuer Produktideen. Eine aktuelle Studie zeigt allerdings, dass in einigen Produkt-Segmenten die besten Ideen nicht aus der Entwicklungsabteilung, sondern von den Konsument/inn/en selbst kommen. Eine Quelle des Innovationspotenzials, die erst wenige Unternehmen nutzen. Martin Schreier, Leiter des Instituts für Marketing-Management, untersuchte gemeinsam mit einem internationalen Forscher/innen-Team die Verkaufszahlen eines großen japanischen Unternehmens, das Produkte im Bereich Haushaltswaren, Bekleidung und Lebensmittel verkauft. Die Firma greift bereits seit vielen Jahren auf das Know-how ihrer Kund/inn/en zurück und bietet in ihrem umfassenden Sortiment mit über 7.000 Produkten sowohl jene von Konsument/inn/en also auch jene von Produkt-Designer/innen an.

3x höhere Umsätze mit Kund/inn/en-Produkten

Insgesamt untersuchte Martin Schreier die Verkaufszahlen im Zeitraum von drei Jahren. Das Ergebnis war eindeutig: Die Produkte, die es mithilfe der innovativen Ideen der Konsument/inn/en ins Verkaufsregal schafften, brachten dreimal höheren Umsatz, die Bruttomargen waren vier Mal höher als bei jenen Produkten, die von Designer/inne/n entwickelt wurden. Nach drei Jahren waren die Umsätze bei den „user-ideated new products“ um rund 10 Millionen Euro höher als bei den Designer/innen-Produkten. Zudem hielten sich diese Produkte der Konsument/inn/en aufgrund der hohen Verkaufszahlen im dreijährigen Beobachtungszeitraum auch wesentlich besser am Markt. Ähnliche Ergebnisse zeigten auch schon vorangehende Studien von Martin Schreier auf dem österreichischen Markt. Bei einem Hersteller von Babyprodukten in Österreich konnten Konsument/inn/en ihre Produktideen einreichen. Eine Fachjury bewertete die Artikel. „Interessant war besonders die Tatsache, dass die eingereichten Produktideen nicht einfach nur gut und innovativ waren, sondern laut Jury zu den absoluten Top-Produkten des Segments zählten“, erklärt Schreier. Einzig in Bezug auf die Realisierbarkeit erzielten die Designer/innen höhere Punktezahlen.

Aktivierung der „Social Identity“ lässt Verkaufszahlen steigen

Im Rahmen der Studien in Zusammenarbeit mit dem japanischen Unternehmen machten Martin Schreier und seine Kolleg/inn/en eine weitere interessante Feststellung: Bereits bekannt war, dass „user-ideated new products“ besser verkauft wurden. Neu ist allerdings, dass die Produkte noch beliebter im Handel sind, wenn sie auch tatsächlich als von Konsument/inn/en entworfene Produkte im Regal gekennzeichnet sind. Für diese Untersuchung wurden zwei Tests durchgeführt: Zwei verschiedene Geschmacksrichtungen Knabbergebäck, einmal von Produktdesigner/innen (A) und einmal mithilfe der Ideen von Konsument/inn/en (B) entwickelt, wurden nebeneinander in japanischen Supermarktregalen platziert und verkauft - im ersten Test ohne Beschriftung, die darauf hinweist, wer die „Erfinder/innen“ der Produkte waren. Schon hier war schnell ersichtlich, dass die Produkte B besser von den Kund/inn/en angenommen wurden. Die Verkaufszahlen stiegen allerdings im zweiten Test noch einmal erheblich an, als erkennbar gemacht wurde, wer die jeweiligen Ideengeber/innen der Geschmacksrichtung des Knabbergebäcks waren. Immerhin verzeichnete der japanische Konzern weitere elf Prozent Verkaufssteigerung bei den gekennzeichneten Produkten. „Artikel, die als „von Konsument/inn/en entwickelt“ gekennzeichnet sind, werden subjektiv anders wahrgenommen. Kundinnen und Kunden identifizieren sich mit jenen Konsument/inn/en, die Ideengeber/innen dieser Geschmacksrichtungen sind und fühlen sich besser verstanden“, erklärt Martin Schreier diesen Effekt.

Potenziale aktivieren und nutzen

„Gerade bei großen Online-Communities ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sich unter den User/innen auch viele kreative Köpfe und Lead User/innen befinden. Es ist die Herausforderung für Unternehmen, mit verschiedenen Anreizsystemen, diese User/innen zu motivieren, aktiv an Produktentwicklungen mitzuwirken und ihre Ideen zu kommunizieren“, so der WU-Professor. Einige amerikanische Unternehmen nutzen die Potenziale ihrer Community bereits sehr erfolgreich, in Österreich versucht man ebenfalls, neue Geschäftsmodelle unter Einbeziehung der Kund/inn/en zu entwickeln. Die Ergebnisse neuester Studien zeigen allerdings auch, dass derartige Strategien nicht in allen Marktsegmenten funktionieren. Gerade im Luxus-Bereich legen Kund/inn/en besonders auf Designer/innen-Produkte wert.“

Martin Schreier ist Leiter des WU-Instituts für Marketing-Management am Department Marketing. Seine Forschung umfasst die Bereiche Marketing, Produkt- und Markenmanagement, Produktentwicklung und Konsument/inn/enverhalten.

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