Wie schnell wird sich die österreichische Wirtschaft von der Corona Pandemie erholen?

26. März 2021

Christoph Badelt, Professor am Department für Sozioökonomie und Leiter des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO)

Syeda K.: Wie schnell wird sich die österreichische Wirtschaft von der Corona Pandemie erholen?

Schwerste Wirtschaftskrise seit dem vorigen Jahrhundert

Die Covid-Pandemie hat die schwerste Wirtschaftskrise seit dem vorigen Jahrhundert ausgelöst. So ist im Jahr 2020 die Wirtschaftsleistung (gemessen am Bruttoinlandsprodukt) um rund 6,6 % zurückgegangen. Nach langen Jahren des Beschäftigungszuwaches kam es 2020 zu einem Rückgang von etwa 2%, die Arbeitslosenrate stieg im Jahresdurchschnitt auf etwa 9,9%, die Zahl der Arbeitslosen ging phasenweise über die 500.000 Grenze hinaus, dazu kamen noch zeitweise mehr als 1 Mio. Menschen, die Kurzarbeit in Anspruch nahmen.

Besonders betroffen: Tourismus, Gastronomie, Kultur

Die wirtschaftliche Entwicklung ist durch die Pandemie, vor allem durch die gesundheitspolitisch begründeten Regulierungen bestimmt, die dazu führen, dass Teile der Wirtschaft zeitweise völlig geschlossen werden oder aber nur unter sehr restriktiven Bedingungen produzieren können. Das gilt vor allem für die Dienstleistungen, und hier besonders für den Tourismus, die Gastronomie, die Kultur, das Veranstaltungswesen und auch die Verkehrsdienstleistungen.

Eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung wird es erst geben, wenn es gelingt, die Pandemie in den Griff zu bekommen, sei es durch Impfungen, durch Testungen und damit durch eine verlässliche Reduktion der Erkrankungen. Erst dann können die „geschlossenen Bereiche“ der Wirtschaft wieder produzieren.

Erstellung einer Wirtschaftsprognose wäre nicht seriös

Deshalb wäre es auch nicht seriös, eine Wirtschaftsprognose zu erstellen, die Sicherheit vortäuscht, wo es sie nicht gibt. Vielmehr hat das WIFO die wirtschaftliche Entwicklung in zwei alternativen Szenarien durchgerechnet.

Zwei alternative Szenarien „Öffnungsszenario“ und „Lockdownszenario“
  • Das „Öffnungsszenario“ unterstellt die Aufhebung der aktuellen behördlichen Maßnahmen im Frühjahr. Dadurch würde etwa die Gastronomie Mitte April wieder öffnen, und die Reisewarnungen würden zwischen Ende April und Ende Juni schrittweise aufgehoben.

  • Das „Lockdownszenario“ geht von einer neuerlichen (insgesamt vierwöchigen) Schließung des Handels und personennaher Dienstleistungen im April aus. Die Beherbergungsbetriebe könnten dann erst Ende Mai wieder öffnen, der Veranstaltungs- und Kulturbetrieb normalisiert sich erst ab Herbst 2021.

Verzögerte Erholung bei erneutem Lockdown

Um die Bandbreite der künftigen Wirtschaftsentwicklung einzugrenzen, entwirft die vorliegende Prognose zwei Szenarien. Im Öffnungsszenario kommt die Wirtschaft bereits im Frühjahr wieder in Schwung, das BIP dürfte 2021 um 2,3% und 2022 um 4,3% wachsen. Im Lockdownszenario verzögert sich die Erholung, der Zuwachs beträgt 2021 1,5% und 2022 4,7%.

Das BIP nimmt im ersten Szenario 2021 um 2,3% und 2022 um 4,3% zu. Im zweiten Szenario wächst es um 1,5% bzw. 4,7%. Der Warenaußenhandel, die Industrie und die Bauwirtschaft sind kaum von den COVID-19-Maßnahmen im Inland betroffen. Der private Konsum und Reiseverkehr liegen auch 2022 noch unter dem Vorkrisenniveau.

Das Produktionsniveau der Vorkrisenzeit wird um die Jahreswende 2022/2023

Die wirtschaftliche Entwicklung stellt sich wie folgt dar: Der Wirtschaftseinbruch vor einem Jahr (2. Quartal 2020) wurde von einem „Zwischenhoch“ im letzten Sommer abgelöst. Darauf folgte ein neuerlicher Einbruch infolge des „dritten Lockdowns“ vor Jahresende. Auch im 1. Quartal 2021 geht die Wirtschaftsentwicklung noch bergab, erst im zweiten Quartal beginnt sie sich zu erholen. Das Produktionsniveau der Vorkrisenzeit wird um die Jahreswende 2022/2023 erreicht werden.

Prognose 2022: Arbeitslosenrate von 8,4% und Budgetdefizit von 3,7%

Leider gilt dieser „Zeitplan“ für die Erholung nicht für alle ökonomisch wichtigen Variablen. So rechnet das WIFO auch für das Jahr 2022 noch mit einer Arbeitslosenrate von 8,4% und mit einem Budgetdefizit von 3,7% - und dies, obwohl das Land mit einem leichten Budgetüberschuss in die Krise gegangen ist.

em.o.Univ.Prof. Dr. Christoph Badelt, Department für Sozioökonomie und Leiter des WIFO (Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung)

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