Mit welchen Konsequenzen auf Aktien- und Immobilienmärkte ist bei einer geldpolitischen Normalisierung zu rechnen?

27. September 2021

Maximilian Böck, Institut für Makroökonomie

Wie sieht ein realistisches Szenario für eine „geldpolitische Normalisierung“ in den USA und EWU aus und mit welchen Konsequenzen ist für Aktien-, Anleihen- und Immobilienmärte darin zu rechnen?

Darauf gibt es keine einfache Antwort. Um die Frage hinreichend zu beantworten, müsste man zuerst eine „geldpolitische Normalisierung“ definieren – diese würde ich hier mit einem Rückgang der unkonventionellen Geldpolitik (v.a., Quantitative Easing) interpretieren. Diese Policymaßnahmen werden vor allem deswegen eingesetzt, weil sich die Leitzinsen der Federal Reserve oder der Europäischen Zentralbank seit längerem bei Null (oder sogar leicht darunter) befinden, an der sogenannten Zero / Effective Lower Bound. Um konventionelle Geldpolitik durchzuführen (das Anbieten des optimalen Leitzinses), benötigt die Zentralbank Spielraum in beide Richtungen. Eine Rückkehr zu einer geldpolitische Normalisierung ist mit einem Anstieg des Zinsniveaus verbunden. Doch warum ist das Zinsniveau anhaltend niedrig und wie beeinflusst das die Märkte?

Rückgang der realen Zinsen

Eines der makroökonomischen Phänomene der letzten Jahrzehnte ist der Rückgang des sicheren realen Zinses in den USA. Hierbei betrachtet man einen sehr kurzfristigen Zinssatz ohne Ausfallswahrscheinlichkeit, der in realen Werten – also bereinigt um die Inflation – abgebildet wird. Ein Beispiel hierfür wäre der Leitzins oder der Interbankenzinssatz (mit diesem Zinssatz borgen sich Banken gegenseitig sehr kurzfristig Geld). Blickt man hingegen auf die Aktien-, Anleihen- und Immobilienmärkte, so blieb der reale Ertrag über die letzten Jahrzehnte gleich – abgebildet zum Beispiel durch die reale Kapitalrendite. Der Unterschied entsteht durch das Risiko – während risikobereite Anleger*innen eine reale Rendite erwirtschaften, ging die Rendite für risikoaverse Anleger*innen zurück. Die Zinsdifferenz zwischen risikoreichen und -armen Anlagemöglichkeiten hat sich daher vergrößert.

Gründe für Divergenz

Für diese Divergenz gibt es mehrere Erklärungsansätze: Einer der bekanntesten kommt von einem Forscher*innenteam rund um den MIT Ökonomen Ricardo Caballero. Dieser sieht mehrere Gründe für diesen Rückgang des realen, sicheren Zinses. Einerseits gibt es eine immer größere globale Nachfrage nach safe assets, das sind eben jene Anlagemöglichkeiten an denen riskoaverse Investor*innen interessiert sind. Des Weiteren gibt es durch den technologischen Fortschritt (z.B. in Automatisierungstechnologien) einen Rückgang des Anteils der Arbeitseinkommen, sowie höhere Renditen durch Monopolisierungstendenzen – der technologische Fortschritt verursacht Markeintrittsbarrieren und Skalierungstendenzen (zum Beispiel im Social Media Bereich herrscht ein starkes the winner takes it all – Prinzip).

Geldpolitische Normalisierung

Wann in naher Zukunft mit einer geldpolitischen Normalisierung und der damit verbundenen Rückkehr zu höheren Zinsen zu rechnen ist, ist fraglich. Die oben angeführten Trends zeigen vorerst keine Trendumkehr, sondern es ist wahrscheinlich, dass wir in einer längeren Periode von niedrigen Zinsen und ungewöhnlichen geldpolitischen Maßnahmen leben.

Maximilian Böck, Institut für Makroökonomie

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