Fallen die Immobilienpreise durch die Corona-Krise?

07. April 2021

Antwort von Gunther Maier, Professor am Forschungsinstitut für Raum- und Immobilienwirtschaft

Dardan D.: Fallen die Immobilienpreise durch die Corona-Krise?

Auf diese Frage gibt es mehrere Antworten. Die kurzfristige Antwort zumindest für Österreich lautet: „Derzeit nicht“. Mittelfristig müssen wir aber, insbesondere, wenn sich die Krise noch länger hinzieht, doch mit fallenden Immobilienpreisen rechnen. Aber schauen wir ein bisschen genauer hin.

Viele Immobilienpreise

Auch in normalen Zeiten gibt es nicht einen Immobilienpreis, sondern viele Immobilienpreise, die sich nicht immer alle gleich entwickeln. Manche steigen, andere fallen. Immobilienmärkte sind räumlich und nach Klassen begrenzt. Die Situation in Wien ist anders als im Wiener Umland, anders als in Salzburg, anders als in Innsbruck, usw. Wohnimmobilien funktionieren nach ganz anderen Mechanismen als Büros, als Geschäfte und Einkaufszentren, als Hotels etc. Natürlich hängen diese Märkte mehr oder weniger stark zusammen. Aber auch in normalen Zeiten können sie sich deutlich voneinander unterscheiden.
Auch am Immobilienmarkt gelten die Gesetze von Angebot und Nachfrage. Wenn in einem Gebiet die Immobilien einer bestimmten Klasse stark nachgefragt, aber wenige angeboten werden, so werden deren Preise steigen. Im umgekehrten Fall werden die Preise fallen. Nachdem in der Corona-Krise die Immobilienpreise bei uns bisher nicht gefallen sind, stellt sich die Frage, warum die Nachfrage in der Krise nicht zurückgegangen ist.

Flucht in „Betongold“

Die Corona-Krise bedeutet auch Unsicherheit. Heute weiß doch niemand, was in ein, zwei Wochen sein wird. Leute mit Vermögen stehen damit vor dem Problem, ihr Vermögen abzusichern. Im Vergleich zu anderen Anlagemöglichkeiten gelten Immobilien als relativ sicher. Selbst wenn die Wirtschaft komplett zusammenbricht, habe ich als Anleger noch immer die Immobilie. Um ihr Vermögen abzusichern, haben also beim Ausbruch der Corona-Krise viele Anleger mehr Immobilien nachgefragt. Dieser Effekt hat den krisenbedingten Nachfragerückgang anderer überkompensiert, wodurch die Immobilienpreise munter weiter gestiegen sind.

Die längere Sicht

Dieser Effekt kann aber nicht allzu lange anhalten. Wenn die Krise länger andauert und der Aufschwung weiter in die Ferne rückt, werden Unternehmen und Geschäfte zusperren und so mehr und mehr Büros und Geschäftslokale leer stehen. Leerstand drückt aber auf die Preise. Auch die Haushalte werden sich infolge von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit beim Kauf oder beim Anmieten von Häusern und Wohnungen eher zurückhalten. Je länger die Krise also andauert, umso stärker wird auch die Nachfrage nach Immobilien und damit auch der Preis zurückgehen. Auch die Flüchtlinge ins „Betongold“ wollen ihre Immobilien nicht nur besitzen, sondern auch vermieten. Das wird mit andauernder Krise umso schwieriger werden und damit auch die Quelle der Nachfrage langsam austrocknen.

Antwort von Gunther Maier, Forschungsinstitut für Raum- und Immobilienwirtschaft

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